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Die Pellinor Saga Bd. 3 - Die Krähe

Die Pellinor Saga Bd. 3 - Die Krähe

Titel: Die Pellinor Saga Bd. 3 - Die Krähe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alison Croggon
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starrte zu Boden, verbarg die Augen.
    Soron, der aufmerksam gelauscht hatte, rührte sich, schwieg jedoch.
    Vor Hems innerem Auge lief eine Abfolge von Bildern ab, flüchtig, aber unerträglich lebendig: Lodernde Schiffe, die sich durch Regenschleier über die Weiten schwarzen Wassers bewegten; verheerte Leichname, die aufgeweicht zwischen Wrackteilen trieben; verzweifelt ums nackte Überleben kämpfende Ertrinkende; entsetzliche Gefechte auf den Decks der TrIrc?en und an den Kais. Dunkelheit, Wasser, Feuer und Tod. Ihn schauderte.
    »Verrat?«, stieß Zelika scharf hervor und holte ihn damit in die Gegenwart zurück. »Wer würde Turbansk derart verraten?«
    »Ich weiß es nicht«, erwiderte Saliman knapp und wollte nicht mehr dazu sagen. In Hems Gedanken jedoch blitze ein Bild von Alimbar auf. Er hatte dem Mann nie vertraut; wann immer es notwendig gewesen war, mit ihm zu reden, hatte sich etwas in seiner Magengrube geregt. Er hatte es seinem unglücklichen Abenteuer in Alimbars Garten zugeschrieben, doch in jenem Augenblick wusste Hem tief in seinem Innersten, dass Saliman denselben Verdacht hegte.
    »Warum würde jemand so etwas tun?«, flüsterte Hemund starrte Saliman an. Die Vorstellung, dass ein Turbansker, selbst ein Turbansker, dem er misstraute, auch nur mit der Schwarzen Armee sprechen könnte, bestürzte ihn zutiefst.
    »Vielleicht aus Angst«, meinte Saliman schulterzuckend. »Zweifellos aus Gier. Schließlich waren auch die Untoten einst allesamt Barden. Manche Menschen begehren nur Macht und würden alles dafür tun. Mir sind die Gründe einerlei. Sollte ich dem Verräter je begegnen, werde ich Rache nehmen. Gleichgewicht hin, Gleichgewicht her.«
    Hem hatte noch nie zuvor solch unversöhnlichen Hass in Salimans Stimme gehört. Was ihn selbst in Anbetracht all dessen, was geschehen war, überraschte. Irgendwie war Saliman ihm stets zu edel für derlei Gefühlsregungen erschienen. Nachdenklich schweigend stellte er Salimans Verband fertig.
    Dabei wurde ihm plötzlich bewusst, dass alles um sie herum still geworden war. Er war sicher, dass er zuvor Vogelgezwitscher vernommen hatte, doch nun hörte er nur noch den Wind, der durch die Blätter säuselte. Die Luft um sie herum wirkte zäh vor verheißungsvoller, gespannter Stille. Er sah Saliman an und öffnete den Mund, um eine Frage zu stellen, die jedoch nie seine Lippen verließ. In jenem Augenblick durchliefein Ruck die Erde, und Hem, der davon überrascht wurde, stürzte auf das Gesicht. Er rappelte sich auf und sah sich wirr um, als ein Schauer aus kleinen Kieseln und Erde von den Felsen über ihnen auf seinen Kopf herabprasselte. Zelika schnellte mit vor Schreck geweiteten Augen hoch, und Soron streckte mit kalkweißem Antlitz die Arme aus, um das Gleichgewicht zu halten. Saliman rief nach den anderen und rannte in die Mitte der Schlucht zwischen die schwankenden Bäume; vor Panik stolpernd folgten sie ihm, beseelt von der Furcht, die Felswände ringsum könnten auf sie einstürzen. Eine Lawine aus Felsblöcken ging auf die Stelle nieder, an der sie noch wenige Augenblicke zuvor gesessen hatten, und Steine polterten die Steilwände herab und landeten rings um sie. Vor Hem schien sich ein mächtiger Baum wie ein lebendiges Wesen aus der Erde zu erheben, kippte um und riss mehrere kleinere Bäume mit. Es gab nirgends Schutz; kehrten sie in die Höhle zurück, könnte sie über ihnen einstürzen.
    Scheinbar eine Ewigkeit schauderte die Erde wie ein riesiges Tier. Verängstigt fragte Hem sich, ob die Wände der Schlucht in sich zusammenfallen und sie alle unter sich begraben würden. Als es schließlichendete, schauten alle vier vorsichtig auf. Es folgte eine weitere, lange Stille, dann setzte völlig unverhofft ein Chor von Vogelschreien ein, und aus einiger Entfernung vernahm Hem das entrüstete Gekreisch eines Affenrudels. Irc, der nachgerade wahnsinnig vor Angst schien, schnellte aus den Bäumen hervor, landete auf Hems Schulter und krächzte klagend.
    »Was war das«, fragte Hem erschüttert.
    »Ein Erdbeben«, gab Zelika zurück. »So etwas kommt manchmal vor.« »Es war in der Tat ein Erdbeben.«
    Saliman stand auf, und Hem erkannte, dass sein vor Anspannung und Erschöpfung bereits abgehärmtes Antlitz nun zudem von schrecklichem Kummer gezeichnet schien. »Juriken hat getan, was er gelobt hat«, fügte Saliman hinzu. »Kein Barde in all den Zeitaltern von Edil-Amarandh hat je etwas Größeres vollbracht als Juriken an diesem Tag.«
    Hem

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