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Die Pellinor Saga Bd. 4 - Das Baumlied

Die Pellinor Saga Bd. 4 - Das Baumlied

Titel: Die Pellinor Saga Bd. 4 - Das Baumlied Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alison Croggon
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anhielten, um das Abendessen zuzubereiten - und um zu proben. Darauf bestand Karim jeden Abend, ganz gleich, wie müde sie sein mochten. Die Dorfbewohner, denen sie begegneten, ermutigten sie ohnehin in keiner Weise, länger zu verweilen. Überall in Lauchomon herrschte ein nachgerade greifbares Gefühl der Angst vor, das von Gerüchten über Krieg zu allen Seiten geschürt wurde, und wenngleich Kinder mit leuchtenden Augen herbeigerannt kamen, um den goldenen Wagen zu sehen, begrüßten die Bauern und Hirten, die in der Gegend lebten, sie mit knappen Worten und argwöhnischen Blicken. Die blanke Furcht begrub selbst ihre eherne Tradition der Höflichkeit unter sich.
    Als sie die Weststraße erreichten und ostwärts Richtung Inneil schwenkten, beharrte Karim darauf, dass sie auftreten sollten. Die Dörfer entlang der Straße waren größer als die Weiler von Lauchomon und würden sich vielleicht den Schauspielern gegenüber als zugänglicher erweisen. Da sie sich nun wieder auf einer richtigen Straße befanden, kamen sie zügig voran; doch Saliman fiel auf, wie seltsam verlassen sie war, und er blieb auf der Hut. Nachts hielten sie Wache, und Saliman und Hem woben Trugbanne für ihr Lager, damit der Wagen von Vorbeiziehenden nicht gesehen würde.
    Die Dörfer in dieser Gegend waren ummauert, und manche erlangten eine Maut an den Toren, bevor sie die Reisenden einließen, die von ihnen meist noch argwöhnischer als von den Menschen in Lauchomon betrachtet wurden. Man erzählte ihnen beschichten über Gesetzlosigkeit auf den Straßen und über Krieg im Westen und Osten, doch bisher schien dieser Teil Annars von den Unruhen verschont geblieben zu sein.
    Trotz des Misstrauens, das ihnen entgegengebracht wurde, gelang es Karim, durch beharrliche Liebenswürdigkeit ein Publikum für ihre Stücke zu begeistern. Er stellte den Wagen stets auf dem Platz in der Mitte des jeweiligen Dorfes ab und klopfte an die Türen aller wichtig aussehenden Häuser, bis sich der Platz vor dem Wagen mit Neugierigen füllte. Sobald er befand, dass sich genug Leute zusammengeschart hatten, begannen sie zu spielen.
    Sie führten ein Stück auf, das Hekibel verächtlich als alten Kram bezeichnete, aber sie meinte, es sei zumindest kurz und einfach, und es spiele keine Rolle, wenn man sich im Text irrte. Karim verstand keinen Spaß, wenn es um die Schauspielerei ging, und er tadelte sie scharf. Aus Trotz änderte sie beim Proben einer Szene vorsätzlich den gesamten Text, um zu sehen, ob er es überhaupt bemerken würde. Wie sie Hem später berichtete, ertappte er sie nur bei einem Satz.
    Hem wollte am liebsten nie mehr an seinen ersten Auftritt zurückdenken. Es war jener gewesen, bei dem er von der Bühne gefallen war. Sein Unfall hatte einen Sturm gutmütigen Gelächters ausgelöst, und die Zuschauer hatten den Rest des Stückes mit größter Aufmerksamkeit verfolgt, besonders, als Hem die Bühne erneut betrat. Wenngleich Karim - vermutlich beschwichtigt durch die großzügige Anerkennung seitens der Dörfler nach der Aufführung - und der Rest der Schauspieler durchweg freundlich zu ihm gewesen waren, trieb die bloße Erinnerung daran Hem die Schamesröte ins Gesicht. Sein nächster Auftritt war kaum besser verlaufen, und selbst nun, bei seinem dritten, konnte er sich seinen Text nicht merken…
    Trübsinnig lauschte er Karims letzter Rede - Karim spielte den Schurken, der am Ende starb und seine bösen Taten bereute, und seine letzte Ansprache war sehr lang -, dann dem zu einem Höhepunkt anschwellenden Trommelwirbel, und schließlich war das Stück zu Ende. Vereinzelt wurde geklatscht, sogar ein wenig gepfiffen und gejubelt. Nun musste Hem erneut auf die Bühne, doch diesmal war es nicht schlimm. Er schob sich durch den Vorhang, blinzelte ob des Lichts, verneigte sich mit den anderen Schauspielern und ließ den Blick über die Zuseher wandern. An die vierzig Leute saßen auf einer Ansammlung von Kissen, Bänken, Schemeln und Decken vor dem Wagen, vermutlich ein Großteil der Bevölkerung des Dorfes, von Kleinkindern in Wickeln bis zu greisen Männern und Frauen, die auf Bahren herbeigetragen worden waren. Die meisten lächelten, und als Hem ihre Gesichter musterte, begann sein Herz sich zu heben. Vielleicht war es doch nicht so übel, ein Schauspieler zu sein. Uber ihnen verdunkelte sich der Himmel; es sah so aus, als würde letztlich Regen einsetzen. Gemäß ihrer Gewohnheit packten die Schauspieler nach der Aufführung zusammen und

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