Die Pelzhändlerin (1. Teil)
wahr, nicht die Leute, die die Gasse entlangeilten.
«Ich werde das Kind als das Meinige annehmen, nach der Geburt wirst du seine Kinderfrau sein. So kommt dein Kind in den Besitz eines ehrlichen Geburtsscheines, und du kannst es ohne Sorgen großziehen. Natürlich wirst du mir auch weiterhin in der Einrichterei zur Hand gehen. Du wirst ein Zuhause haben, wirst dich nicht mehr um Holz und Essen kümmern müssen.»
«Gott preise Euch, Herrin. Er preise Euch für Eure Güte. Ich weiß nicht, wie ich das verdient habe.»
«Rede nicht. Wir müssen überlegen, wie wir weiter vorgehen. Bis man deinen Bauch sieht, wirst du als Gehilfin für mich arbeiten. Im Sommer dann werden wir dich unter einem Vorwand hinaus aufs Land geben. Zur gleichen Zeit werde ich dafür sorgen, dass man mich für schwanger hält, und kurz vor der Entbindung mit einer Hebamme zu dir aufs Land kommen. Ist das Kind da, kehren wir gemeinsam hierher zurück. Und zu niemandem ein Wort. Wenn du nicht schweigst, so werde ich dich fortschicken müssen. Du weißt, dass ich den Bastard meines Mannes nicht im eigenen Haus dulden kann?»
«Ja, Herrin, ich mache alles, was Ihr wollt.»
Voller Dankbarkeit kniete Maria vor Sibylla nieder und küsste ihr erneut die Hand.
«Hör auf damit», forderte Sibylla wieder. «Du brauchst mir nicht dankbar zu sein.»
In der Tat war Sibylla froh über diese Gelegenheit, ein Kind zu bekommen. Schließlich wollte sie ihre Werkstatt nicht an Schierens Bälger vererben. Maria kam ihr da wie gerufen. Und wenn sie dabei noch Gutes tun konnte, umso besser.
Maria lebte sich schnell in der Krämergasse ein. Sie war hübsch, freundlich und schüchtern. Gegen niemanden erhob sie das Wort, war stets von einer stillen Heiterkeit, die es leicht machte, sie zu mögen. Schon bald hatte sie in Barbara eine Freundin gefunden, die ihr hin und wieder die besten Bissen vom Tisch zusteckte, und in Heinrich einen Beschützer, der ihr die anderen Gesellen und die Lehrbuben vom Hals hielt. Auch Sibylla war mit Maria zufrieden. Sie arbeitete gut und mit großem Geschick. Doch ihr Leib veränderte sich von Tag zu Tag mehr, und bald würde es an der Zeit sein, sie aufs Land zu schicken. Noch schrieb Barbara die Veränderungen an Marias Figur ihrer guten Küche zu, doch sie würde sich nicht mehr lange täuschen lassen. Und auch Sibylla musste bald anfangen, an Umfang zuzunehmen, wenn man ihr eine Schwangerschaft abnehmen sollte.
Doch sie wollte erst noch die Hochzeit Isaak Koppers abwarten. Um keinen Preis wollte sie der Trauungszeremonie im Bartholomäusstift mit gewölbtem Leib beiwohnen.
Sibylla war zwar auch zur anschließenden Feier mit Festschmaus geladen, doch sie hatte sich entschuldigt. Niemand konnte von ihr verlangen, zu feiern, wenn der Mann, den sie liebte, einer anderen die Treue schwor, ihr den Ring ansteckte und mit ihr tanzte.
Noch immer schmerzte jeder Gedanke an Isaak, und sie wusste, dass er sich tiefer in ihr Herz und in ihre Seele gebrannt hatte als je ein Mensch zuvor.
Doch zur Zeremonie in die Kirche musste sie. Da half alles nichts. Jedes Fernbleiben wäre einer Brüskierung Isaak Koppers und seiner jungen Frau gleichgekommen.
Und da sie schon dabei sein musste, beschloss sie, die Gelegenheit für ihre Zwecke zu nutzen. Schieren war nun weg, doch Thomas lief immer noch frei durch die Stadt. Sie hatte eine Idee, wie sie sich an ihm rächen konnte.
Die Kirche war bis auf den letzten Platz gefüllt. Ganz Frankfurt schien Isaak und Isabell Ehre erweisen zu wollen. Viele waren jedoch aus reiner Neugier gekommen. Man wollte doch zu gern sehen, wen der geheimnisvolle Arzt in sein verwunschenes Haus holte.
Isabell wirkte im weißen Hochzeitskleid noch reiner und unschuldiger als sonst. Das Kleid war über und über mit glitzernden Steinen verziert und lenkte die Aufmerksamkeit vom durchschnittlichen Gesicht der Braut auf den kostbaren Stoff. Sibylla erkannte sofort, dass dieses Kleid Lucias Handschrift trug. Auch die hohe Haube, die der Braut ein bisschen Größe und Haltung verlieh, war eindeutig von Lucia entworfen worden. Nur sie schaffte es, aus jeder noch so unscheinbaren Frau eine aufregende Erscheinung von vollkommener Eleganz zu machen.
Auch Kopper wirkte vornehm in seinem Gewand, doch hoch gewachsen und gut aussehend, wie er war, hätte selbst ein Hafersack seiner Erscheinung keinen Abbruch getan.
Sibylla stand weit hinten in der Kirche und lauschte den Bemerkungen der Umstehenden.
«Hoffentlich wird die
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