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Die Pelzhändlerin (1. Teil)

Die Pelzhändlerin (1. Teil)

Titel: Die Pelzhändlerin (1. Teil) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ines Thorn
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wiegte den Kopf hin und her, und Sibylla drang weiter in ihn: «Thomas heißt er, und alle Felle, mit denen er es zu tun gehabt hat, sind verfilzt und unbrauchbar. Einmal habe ich für eine arme Besenbindersfrau einen Umhang daraus gemacht. Und stellt Euch vor, Meister Hintz, noch nicht eine Woche hatte sie den Umhang getragen, da bekam sie Juckreiz am ganzen Körper. Wenig später war sie tot.»
    Sie machte eine kleine Pause. «Froh können wir sein, dass es sich noch nicht herumgesprochen hat, dass Meister Sachs einen Gesellen beschäftigt, der mit dem Teufel im Bunde ist. Stellt Euch vor, Meister, wir verkaufen die Felle weiter, die der Unglücksmensch gegerbt hat. Kein Kunde würde je wieder einen Schritt in unsere Werkstätten setzen, wenn das herauskäme.»
    Jetzt nickte der Alte.
    «Wisst Ihr von anderen, die den Teufelsbund bestätigen können?»
    «Nun», Sibylla tat, als ringe sie mit sich. «Nun, die Verwandlung in die Krähe habe ich allein gesehen. In einer dunklen Gasse zur Fastnacht war es. Auf mich stürzen wollte sich der Vogel, mich mit den Krallen packen und mir mit dem Schnabel die Augen aushacken. Wäre Isaak Kopper nicht rechtzeitig gekommen, ich glaube, es wäre um mich geschehen.»
    «Hmm! Ha! Angesehener Mann, der Kopper. Mögen die Weiber auch schwätzen, mich hat er noch immer wieder gesund gemacht», meinte der Alte und strich sich besorgt über sein unrasiertes Kinn. «Werde wohl meine Ware zu einem anderen Lohngerber bringen. Will mich nicht in Gefahr begeben. Und meine Kunden auch nicht. Wer sich in Gefahr begibt, kommt darin um. Heißt es nicht so, Schierin?»
    «Ja, Meister Hintz, so heißt es», bestätigte Sibylla.
    «Und Ihr? Was gedenkt Ihr zu tun?», fragte der Alte. Offensichtlich wollte er nicht der Einzige sein, der den Gerber Sachs mied.
    «Nun, Meister Hintz. Ihr wisst ja, ich bin eine Frau, und mein Mann ist für Monate auf Reisen. Allein kann ich nicht den Gerber wechseln, auch wenn ich Schieren in allen Angelegenheiten vertrete. Aber wenn ich Euch meine Gerbsachen bringe und Ihr sie in meinem Auftrag in Lohn gebt, so wäre mir damit sehr geholfen.»
    Der Alte nickte zwar, doch schien er noch immer nicht vollkommen überzeugt zu sein.
    Sibylla legte feierlich eine Hand auf ihre Leibesmitte.
    «Schwanger bin ich außerdem, Meister Hintz. Die Aufregung schadet dem Kind unter meinem Herzen. Hingehen und nach den Fellen sehen, die in der Lohe liegen, kann ich auch nicht. Womöglich verhext mir Thomas das Kind im Leib.»
    Sie seufzte und schaute Hintz wehleidig an. «Nun, es muss halt weitergehen. Geb’s Gott, dass er mir den Ehemann bald gesund zurück ins Haus bringt, damit er für Ordnung sorge.»
    Der Alte nickte mehrmals und stocherte mit seinem Krückstock im Lehmboden umher. «Will sehen, was ich für Euch tun kann, Schierin», sagte er schließlich. «Ihr habt’s auch nicht leicht gehabt. Zuerst der Krüppel und nun ein Mann, der nicht da ist.»
    «Dank Euch Gott, Meister Hintz. Dank Euch, dass Ihr Euch für die Schwachen einsetzt. Gleich morgen werde ich Heinrich mit den ungegerbten Fellen schicken. Helfen soll er Euch, die Ware zu einem anderen Gerber zu bringen.»
    Sibylla griff nach der Hand, die mit dicken, blauen Adern und Altersflecken übersät war, und schüttelte sie. Dann eilte sie davon, ohne darauf zu warten, dass das Brautpaar aus der Kirche kam.
     
    Beim Mittagessen, zu dem sich alle Angestellten in der Küche versammelt hatten, fragte Barbara nach der Hochzeit: «Nun, Meisterin, welches Kleid trug die Braut? Hat sie geweint in der Kirche? Wer hat sie zum Altar geführt?»
    Auch Katharina und Maria wollten Einzelheiten wissen.
    Sibylla berichtete ausführlich vom Kleid, der Haube und der Frisur der Braut.
    «Und was haben die Leute gesagt?», fragte Katharina weiter.
    «Nun», Sibylla zögerte einen Moment. «Ein Gerücht geht durch die Stadt. Ein Gerücht, an dem wohl etwas Wahres dran sein kann. Aber ich werde nichts davon erzählen, denn ich will Euch nicht ängstigen. Ich bin keine Klatschtante.»
    Sibylla hätte keine bessere Formulierung finden können, um die Neugier der Frauen anzustacheln.
    «Erzählt, Meisterin, bitte!»
    Selbst Heinrich, der nicht müde wurde, zu beteuern, wie sehr er Geschwätz verabscheute, war neugierig geworden.
    «Ich will auch wissen, was in der Stadt vorgeht», brummte er. «Ahnungslosigkeit hat schon so manchen ins Unglück gebracht.»
    Scheinbar angewidert gab Sibylla nach. «Dann werde ich berichten, was ich

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