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Die Pelzhändlerin (1. Teil)

Die Pelzhändlerin (1. Teil)

Titel: Die Pelzhändlerin (1. Teil) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ines Thorn
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sie fliehen, wenn ihr Verbrechen, ihr Betrug herauskommen würde. Dann brauchten sie jeden Heller.
    Noch immer hatte sie Angst vor einer Entdeckung. Noch immer erwachte sie nachts mit laut klopfendem Herzen beim leisesten Geräusch. Und jetzt hatte sie sich obendrein ins Gerede gebracht, die Aufmerksamkeit aller auf das Wöhlerhaus gelenkt. Dumm war sie gewesen, sehr dumm. Sie hatte sich selbst in Gefahr gebracht, und Jochen Theiler hatte Recht: Sie musste in Zukunft ihre Zunge hüten.
    «Einen kleinen Reichtum hast du da», sagte Theiler mit ehrlicher Überraschung.
    «Genügt es, um die Ware zu kaufen, die wir brauchen?», fragte Sibylla erneut.
    Theiler hob die Schultern. «Es könnte ausreichen, wenn wir sparsam damit umgehen.»
    Sibylla lächelte: «Dann lass uns der Zunft und allen anderen beweisen, wozu wir fähig sind. Lass uns den schönsten Zobelmantel von ganz Frankfurt herstellen. Einen Mantel, nach dem sich nicht nur die Zunftmeister, sondern auch die Patrizier und Ratsherren den Mund lecken. Einen Mantel, welcher der erste Schritt auf deinem eigenen Weg zum Zunftmeister, Patrizier und Ratsherrn sein wird.»
     
    Ein Bote brachte am nächsten Tag ein Schreiben, das Sibylla entgegennahm. Es wird die Verlobungsanzeige sein, dachte sie, die jedem Mitglied der Zunft zugesandt wird. Sie brach das Siegel und las:
Wir zeigen Euch hiermit die Verlobung von
Jochen Theiler und Sibylla Wöhler an.
Den Zunftregeln nach müssten wir die Heirat
genehmigen, doch es wäre nicht gut,
wenn sich ein Meister oder Geselle ohne Rücksprache
mit der Zunft dazu hergäbe.
    Verdammt, dachte Sibylla. Ist die Macht der Zunft wirklich so groß, dass sie eine Heirat verhindern kann, obwohl die Regeln eingehalten werden? Steht der Zunftmeister über den Regeln?
    Doch plötzlich lächelte sie. Ihr war eingefallen, wie Ebel sie mit Blicken verschlungen hatte, als er das letzte Mal da gewesen war.
    Sie faltete den Brief und steckte ihn ein.
    Dann nahm sie ihren Umhang und verließ das Haus.
     
    «Euer Schreiben habe ich erhalten», sagte Sibylla. «Ich bin gekommen, um mit Euch darüber zu reden.» Der Zunftmeister unterbrach seine Arbeit und bat Sibylla in einen kleinen Raum, in dem die Felle, darunter auch Zobel und Hermelin gelagert waren.
    «Nun, was hast du mit mir zu bereden, das nicht bis zum Abend warten kann?», fragte Ebel. «Hast du dich entschieden, doch meinen Sohn zu heiraten, Patentochter?»
    Er grinste und musterte Sibylla von oben bis unten. Er hatte sie schon als Säugling gekannt, dann als kleines Mädchen mit Zöpfen, doch jetzt stand eine junge Frau vor ihm, mit kleinen, aber festen Brüsten, mit einem prachtvollen Hintern und einem Gesicht mit klaren Zügen, das er zu gern einmal sehen würde, wenn es vor Wollust verzerrt war. Manche Frauen wurden schöner bei der Liebe, manche hässlich. Zu welcher Sorte Sibylla wohl zählte?
    «Ein bisschen zu schmal bist du für meinen Geschmack», stellte er fest. «Könntest ruhig ein bisschen mehr Holz vor der Hütte haben, aber sonst …» Er schnalzte mit der Zunge.
    Sibylla lächelte. «Nein, Pate, Euern Sohn heirate ich nicht. Ich will einen richtigen Mann.»
    «Hast du die Klosterluft ausgeschwitzt? Brennt dir der Rock?», keckerte der Alte und leckte sich über die Lippen.
    «Gekommen bin ich, um Euch zu erinnern, dass Ihr als Pate zu meiner Vermählung an Vaters Statt handeln müsst. Ihr seid es, der mich zum Altar führen soll. Die Kirche verlangt es, und auch der Zunft sind die Regeln bekannt.»
    Der gierige Ausdruck in Ebels Augen erlosch.
    «Heirate meinen Sohn, dann führe ich dich zum Altar. Wenn du dich an die Regel hältst, so werde ich ein Gleiches tun», sagte er.
    «Wenn Ihr Euch stets an die Regeln gehalten hättet, so wäret Ihr heute nicht Zunftmeister», erwiderte Sibylla mit einem liebenswürdigen Lächeln und strich sich eine vorwitzige Haarsträhne aus der Stirn.
    Der Zunftmeister stutzte. Sie ist nicht dumm, die Kleine, dachte er. Ihre Klugheit gefiel ihm, nein, sie reizte ihn.
    «Heiß ist es bei Euch im Lager, Pate», sagte sie und löste das Brusttuch über ihrem Ausschnitt, sodass Ebel das zarte Fleisch ihres Busens sehen konnte. Eine Welle des Begehrens erfasste ihn. Zu schade ist sie für meinen törichten Sohn, dachte er. Zu schade auch für den Krüppel Theiler. Die Richtige für mich wäre das Weib.
    Er fasste nach ihr und wollte sie auf seinen Schoß ziehen.
    «Lasst mich», sagte Sibylla.
    «Komm schon. Hast früher oft auf meinen

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