Die Pelzhändlerin (1. Teil)
es nicht in der Stadt.»
Sie drängte sich bei diesen Worten so dicht an Ebel heran, dass er ihren feinen weiblichen Duft riechen konnte.
«Ihr müsst nicht, Ebel, wenn Ihr Euer Handeln vor den Euren nicht rechtfertigen wollt», sagte Sibylla mit leiser Heimtücke. «Ich kann gut verstehen, dass Ihr in Erklärungsnot geratet, wenn Euer Weib wissen will, warum ihr die Wöhlertochter plötzlich unterstützt, anstatt sie aus der Altstadt zu vertreiben.»
«Du bist mein Patenkind; ich bin dir Hilfe schuldig», erklärte Ebel nun, der sich an seiner Mannesehre gepackt fühlte und obendrein ein gutes Geschäft witterte. «In meinem Haus bestimme allein ich, was geschieht. Such dir die Stücke aus oder schicke Theiler zu mir.»
Er sah sie noch einmal an, kratzte sich am Kinn.
«Wir sind aus demselben Holz», sagte er schließlich. «Wissen genau, mit wem wir uns verbünden müssen, um Nutzen daraus zu ziehen. Du hast dich verändert, Sibylla. Bist nicht mehr die, die du einst warst.»
«Ihr täuscht Euch. Ich bin dieselbe, die ich als Kind gewesen bin. Nur habt Ihr damals in mir das Kind gesehen und seht nun die Frau. Darin liegt die Veränderung, in Euerm Blick, nicht in meinem Wesen», erwiderte Sibylla.
Sie drückte ihm einen Kuss auf die Wange und verließ das Haus ihres Paten und Zunftmeisters Ebel. Draußen atmete sie erleichtert auf. Geschafft. Ebel würde sie zum Altar führen, und einen Zobel hatten sie auch. Dass sie ihn hinterher an Ebel geben mussten, tat ihr nicht Leid. Was sollten sie mit dem fertigen Meisterstück anfangen? Es etwa an die verarmten Ritter oder Bauersleute seiner Kundschaft verkaufen? Nein, der Zobel als Gabe für Ebel war eine Geldanlage, die sich auszahlen würde. Dessen war sich Sibylla gewiss. Im Wöhlerhaus würde er ja doch unverkauft bis zum Sankt-Nimmerleins-Tag hängen bleiben.
Die Hochzeit sollte im Frühjahr stattfinden. Die schlimmsten Winterstürme waren vorüber, zaghaft zeigte sich das erste Grün. Jochen Theiler hatte sein Versprechen gehalten: Jeden Abend hatte er mit Sibylla über den Büchern gesessen, ihr die Buchführung erklärt, über Vorratshaltung und Kredite gesprochen und die Arbeitsabläufe in einer Kürschnerei erläutert und gezeigt.
Am liebsten war sie mit ihm in der Werkstatt. Sie mochte es, wie er mit den Pelzen umging, wie er sie in die Hand nahm, sie anschaute, zärtlich beinahe, und dann darüber strich, als streichele er die Haut einer Frau.
Sibylla gefiel es, dass er so ein enges Verhältnis zu seiner Arbeit hatte. Die Kürschnerei schien ihm auf den Leib geschneidert zu sein. War er ein so guter Handwerker, weil er die Pelze liebte? Jeden einzelnen?
Ja, er war der Mann, den sie gewollt hatte, weil er der Richtige für das Geschäft war, weil sie einander ähnlich waren. Ob sie ihn liebte, hatte sie sich nie gefragt. Sie mochte ihn, konnte ihn gut um sich haben. Das reichte fürs Erste. Für Herzensdinge blieb später Zeit. «Die Liebe kommt meist erst nach der Hochzeit», hatte Barbara ihr in der Küche zugeraunt. «Sie kommt mit der Lust im Bett. Hat eine junge Frau sich erst ans Mannsfleisch gewöhnt, so will sie oft nicht mehr heraus aus den Federn.»
Und Sibylla hatte gelächelt, die Ältere angesehen und lauthals gelacht, als diese ihr gestand, dass auch ihr noch so manches Mal der Kittel in Flammen stand.
Kapitel 5
Je näher der Tag der Hochzeit rückte, umso enger schloss sich Sibylla Christine Geith an, die sie auf dem Markt kennen gelernt hatte. Christine war nur zwei Jahre älter als Sibylla und hatte erst vor kurzer Zeit den Kürschnermeister Geith geheiratet. Sibylla ließ sich von ihr beraten.
«Was wirst du anziehen?», fragte Christine.
«Ich weiß nicht», erwiderte Sibylla. «Was hattest du denn an?»
«Ach, erinnere mich nicht daran.» Christine machte eine wegwerfende Handbewegung. «Ich wollte ein Kleid mit viel Spitze, einen rosa Traum. Aber Geith, der den Stoff dafür nach der Sitte bezahlen muss, war nur bereit, mir ein paar Ellen einfachen Tuches zu kaufen, sodass ich ein Kleid getragen habe, das einem Alltagsgewand täuschend ähnlich sah. Allein die Spitzenhaube, die meine Mutter schon zu ihrer Hochzeit trug, hat ihm einen feierlichen Anstrich verliehen.»
Sibylla überlegte einen Augenblick. Auch Jochen Theiler würde nicht viel Geld für Stoff übrig haben. Die Zobelfelle hatten zwar nicht viel gekostet, doch die Fastenmesse stand vor der Tür, auf der die Kürschner zumeist die Rohfelle für die gesamte
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