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Die Pelzhändlerin (1. Teil)

Die Pelzhändlerin (1. Teil)

Titel: Die Pelzhändlerin (1. Teil) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ines Thorn
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Jetzt nahm sie eines der Felle und betrachtete es.
    «Was ist passiert? Wodurch ist es verdorben?», wollte sie wissen.
    Sachs zuckte mit den Achseln. «Wahrscheinlich hat der Lehrjunge die feuchten Felle nach dem Gerben und Waschen nicht gut genug eingefettet und gewalkt. Fühlt selbst, wie steif sie sind. Das feuchte Haar filzt, wenn es zu wenig Fett bekommt.»
    Sibylla nickte. «Was passiert mit den verdorbenen Fellen?»
    Sie hatte den Erklärungen nur mit einem halben Ohr gelauscht, denn sie hatte eine Idee.
    Meister Sachs zuckte mit den Schultern. «Losschlagen könnte ich sie für ein paar Heller auf einem der Bauernmärkte. Doch das kostet zu viel Zeit. Zeit, die ich lieber in der Werkstatt verbringe. Wegwerfen werde ich sie wohl oder der Katze hinlegen, die gerade Junge geworfen hat.»
    «Würdet Ihr sie mir auch für ein paar Heller verkaufen?», fragte Sibylla und suchte bereits nach ihrem Geldsäckchen.
    «Warum nicht?», fragte Sachs. «Doch was wollt Ihr damit?»
    Sie lachte. «Vielleicht schenk ich sie der Magd. Sie hat’s im Kreuz und kann die Felle gut für ihre Schlafstatt gebrauchen.»
    Sachs war einverstanden, Sibylla bezahlte, nahm das Bündel und verließ eilig die Gerberei, ehe es sich der Meister noch einmal anders überlegte.
    Wie einen Schatz trug sie die schwarzen, weißen und braunen Schaffelle nach Hause. Sie ging sofort in die kleine Wäschekammer, ohne, wie sonst üblich, den Kopf zuerst in die Werkstatt zu stecken.
    Oben breitete sie die Felle auf dem Boden aus, setzte sich in die Mitte, strich mit der Hand über den verfilzten Pelz und dachte nach. Die meisten Umhänge, die aus der Kürschnerei Wöhler kamen, sahen gleich aus. Sie waren aus Schaffell, Ziege oder Kaninchen gefertigt, nach schlichtem Schnitt und ohne jede Verzierung. Die einfachen Leute trugen sie bei der Arbeit.
    Etwas Schmückendes, das ein Stück vom anderen unterschied, ein Beiwerk ohne viel Aufwand und Kosten, das, ja, genau das war es, was den Produkten aus der Kürschnerei Wöhler fehlt, überlegte Sibylla.
    An den Rändern stießen sich die Umhänge zuerst ab; der Pelz dort litt am meisten. Wenn es ihr also gelänge, die Ränder widerstandsfähiger und schöner zu machen, dann hätte sie zwei Fliegen mit einer Klappe geschlagen.
    Sibylla wurde warm. Der Gedanke hatte ihr Blut in Wallung gebracht, der Eifer ihre Wangen rot gefärbt. Sie strich sich die Haube vom Kopf und ließ ihr langes Haar über Rücken, Brust und Schultern fallen. Als sie sich vornüber beugte, fielen ihr immer wieder einzelne Strähnen ins Gesicht, bis sie schließlich ihr Haar nahm und es zu einem Zopf flocht. Plötzlich kam ihr eine Idee: Wenn sie das Fell so kurz schneiden würde, dass alles Verdorbene weg war, es anschließend in schmale Streifen zerschnitt, diese zu einem Zopf flocht, den man an die Ränder der Umhänge nähen könnte, dann hätte sie ihr Ziel erreicht: Die Kanten wären geschützt und zudem verschönert. Sie dachte daran, was Jochen wohl dazu sagen würde. Misstrauisch, wie er allem Neuen gegenüber war, konnte sie es nicht wagen, ihm mit einem solchen Vorschlag zu kommen. Überzeugen musste sie ihn. Am besten mit einem fertigen Umhang.
    Sibylla machte sich sofort an die Arbeit. Sie schnitt ein weißes, ein braunes und ein schwarzes Fell so kurz, dass sie beinahe wie Samt aussahen, fertigte dann schmale Streifen, die sie zu einem festen, aber flachen, dreifarbigen Zopf flocht.
    Jetzt brauchte sie nur noch einen Umhang, an den sich dieser Zopf nähen ließ. Aber sie konnte nicht einfach in die Werkstatt gehen, um sich dort einen zu holen. Sie musste abwarten.
     
    Es war später Herbst. Die Novemberstürme heulten durchs Haus, auf den Butzenscheiben wuchsen Eisblumen, und die Bettwäsche war Tag und Nacht klamm.
    Sogar in der Küche, nahe am Herdfeuer, trug Barbara ihren Schaffellumhang. Nur zum Essen zog sie ihn aus und legte ihn neben sich auf die Bank.
    Darauf hatte Sibylla gewartet. Scheinbar aus Versehen stieß sie beim gemeinsamen Nachtmahl ihre Schüssel Grütze vom Tisch, sodass der Brei auf dem Umhang landete.
    Die Magd stieß einen Ruf des Entsetzens aus und sah mit unglücklichen Blicken auf ihren Umhang. Sibylla sprang auf, kratzte mit den Fingern die Grütze aus dem Pelz und entschuldigte sich.
    «Verzeih, Barbara, ich werde den Umhang ausbürsten», versprach sie.
    Jochen Theiler warf Sibylla einen tadelnden Blick zu und holte aus der Werkstatt einen neuen, der noch keinen Käufer gefunden hatte, und

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