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Die Pelzhändlerin (1. Teil)

Die Pelzhändlerin (1. Teil)

Titel: Die Pelzhändlerin (1. Teil) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ines Thorn
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fragte Sibylla und begriff, dass Christine nicht gekommen war, um sie zu besuchen und über Jochens Tod hinwegzutrösten, sondern um ihres eigenen Vorteils willen. Oder hatte Geith sie sogar geschickt?
    Christine lächelte verlegen. «Fragen soll ich, ob du uns mit ein paar Partien Fellen aushelfen kannst. Wir bezahlen, sobald die Waren verkauft sind. Auf Heller und Gulden erhältst du zurück, was du Santorin dafür bezahlt hast.»
    «Ein schlechtes Geschäft, Christine. Ein Geschäft, bei dem ich drauflege. Ich war es, die die Wagen aus Kassel holen ließ. Unsere Werkstatt war es, die während der Pest ausgeharrt und weitergearbeitet hat, während ihr euch aufs Land verzogen habt. Auch Aufträge aus eurer Werkstatt haben wir ausgeführt und kein Wort des Dankes dafür erhalten. Dein Mann, Christine, lebt und sollte jetzt für euch sorgen. Ich dagegen habe keinen Mann mehr, trage die Last allein.»
    «Heißt das, du hilfst uns nicht in der Not?», fragte Christine und presste das geschenkte Kleid fest an sich.
    «Du bist meine Freundin. Natürlich helfe ich dir. Nimm dir, was du brauchst, und schicke Geith zu uns. Mit Heinrich wird er schon auskommen. Für anständige Arbeit zahle ich einen angemessenen Lohn. Genug, dass ihr alle davon leben könnt.»
    Christine schnappte nach Luft. Ihr Gesicht war hochrot, und sie presste das Kleid so fest an sich, dass ihre Fingerknöchel weiß wurden.
    «Freundin nennst du dich? Pah! Machst ein Angebot, das uns demütigt. Dein Hochmut soll bestraft werden, Sibylla. Schämen müsst ich mich vor den Leuten, wenn sie erfahren, dass Geith bei dir arbeitet. Ich könnte niemandem mehr in die Augen sehen.»
    «Wie du willst», entgegnete Sibylla. «Ich finde es keine Schande, auf diese Art seine Familie zu ernähren. Als Grabenfegerin würde ich gehen, wenn es sein müsste.»
    «Ich bete dafür, dass ich den Tag erlebe, an dem du die Abfallgräben der Stadt leer räumst. Daneben stellen werde ich mich, mit dem Finger auf dich zeigen und lachen.»
    Christine warf den Kopf nach hinten: «Ha, ha, ha. Hörst du, Sibylla. Ha, ha, haaa!»
    Dann drehte sie sich um, schnappte sich im Vorbeigehen zu dem Kleid noch die Kappe mit dem langen Fellhaar und rauschte die Treppe hinunter.
    Sibylla blieb am Tisch sitzen und schaute noch lange auf die Tür, durch die die Freundin verschwunden war.
***
    Die Wochen vergingen wie im Flug. Allmählich kehrte der Alltag in die Stadt zurück. Von Christine hatte Sibylla nichts mehr gehört. Selbst wenn sie sich auf dem Markt oder in einer der Gassen trafen, wendete die einstige Freundin den Blick ab und tat, als kenne sie Sibylla nicht.
    Ein neuer Zunftmeister war vorgeschlagen worden, der älteste Meister in Frankfurt sollte den Platz Ebels einnehmen.
    «Meister Wachsmuth ist ein guter Mann», meinte Heinrich dazu. «Er hat ein Gemüt wie ein Tanzbär. Es wird den Emporkömmlingen in der Zunft ein Leichtes sein, sich seiner zu bedienen und alle Entscheidungen in die Richtung zu lenken, die ihnen günstig erscheint.»
    «Noch ist er nicht bestimmt», erwiderte Sibylla und ließ ihren Blick durch die Werkstatt streifen.
    Die Gesellen standen am Arbeitstisch dicht nebeneinander. Auch die Näherinnen saßen so eng, dass sie aufpassen mussten, sich gegenseitig nicht ins Gehege zu kommen.
    «Das Haus ist zu klein geworden», stellte Sibylla fest. «Wir werden uns nach einer neuen Bleibe umsehen müssen. Es geht nicht an, dass ihr euch bei der Arbeit auf den Füßen steht. Auch das Wohnzimmer ist nicht der rechte Platz, um Kunden zu empfangen.»
    Heinrich nickte. «Schade, dass der Meister tot ist. Ihr bräuchtet jemanden, der Euch bei der Suche und dem Kauf hilft. Frauen werden nur allzu leicht dabei übers Ohr balbiert. Wollt Ihr nicht warten, bis Ihr wieder verheiratet seid?»
    «Ach, Heinrich», stöhnte Sibylla. «Ich will keinen neuen Mann. Die Unordnung in der Zunft kommt mir gerade Recht. Vielleicht wird übersehen, dass die Werkstatt Theiler keinen Meister hat.»
    Heinrich schüttelte den Kopf. «In der Zunftstube wird bereits gewettet, wer Euer nächster Gatte wird. Sobald es einen neuen Zunftmeister gibt, wird man sich Eurer erinnern.»
    Er schwieg, sah zu Boden und scharrte mit den Füßen.
    «Ich stehe Euch zur Verfügung, wenn Ihr mich braucht», brachte er verlegen hervor. Sibylla lächelte und legte dem Altgesellen eine Hand auf den Arm.
    «Ich weiß, Heinrich, und ich danke dir auch sehr. Ohne dich hätte ich die letzten Monate bestimmt nicht so gut

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