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Die Pelzhändlerin (1. Teil)

Die Pelzhändlerin (1. Teil)

Titel: Die Pelzhändlerin (1. Teil) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ines Thorn
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reicht mir.»
    «Und was ist mit Liebe? Hast du keine Sehnsucht danach?»
    Kopper fasste nach Sibyllas Kinn und zwang sie, ihn anzusehen.
    Sie entzog sich ihm.
    «Ich bin nicht gemacht für die Liebe», murmelte sie. Ihre Unterlippe zitterte dabei, und Sibylla biss darauf, um Isaak nichts davon merken zu lassen.
    Kopper ließ sie los, schüttelte den Kopf.
    «Du hast Angst vor der Liebe, Sibylla. Das ist es.»
    «Ich habe keine Angst. Wovor sollte ich denn Angst haben? Vor einem Gefühl etwa?» Sie lachte, doch es klang ein wenig schrill und keineswegs lustig.
    «Ja, Sibylla. Vor einem Gefühl, das sich deiner Kontrolle entzieht, dem du ausgeliefert bist, von dem du beherrscht wirst.»
    Sibylla antwortete ihm nicht. «Ich bin gekommen, um dich zu fragen, ob du mir beim Hauskauf hilfst», wiederholte sie stattdessen.
    «Wie du meinst», erwiderte Kopper und lächelte fein. «Reden wir also über den Hauskauf.»
    Er beschrieb Sibylla einige Häuser, die leer standen. Er war während der gesamten Pestzeit in Frankfurt geblieben, wusste von seinen Krankenbesuchen, welche Gebäude zum Verkauf standen.
    «Es gibt ein Haus in der Krämergasse, das für dich in Frage kommen könnte. Ein Fachwerkbau mit drei Geschossen, einem großen Gewölbekeller und etlichen Lagerräumen in einem Seitengebäude. Die gute Lage aber hat ihren Preis.»
    «Wer sind die Nachbarn?»
    «Links befindet sich eine gut gehende Goldschmiedewerkstatt, rechts hat der Stadtadvokat seine Kanzlei.»
    Sibylla wusste, welches Haus Kopper meinte. Sie überlegte nicht lange.
    «Gut. Bist du bereit, dieses Haus mit mir zu kaufen?»
    Kopper nickte. «Wenn es dein Wunsch ist.»
    Das Geschäftliche war nun besprochen, und Sibylla schwieg verlegen. In ihrem Kopf schwirrte es vor Fragen, die sie nur Isaak Kopper stellen konnte – und die sich doch gerade ihm gegenüber von vornherein verboten. Hilflos sah sie Isaak an, der an seinem Glas nippte und sie belustigt ansah.
    Sie fühlte sich durchschaut von ihm. So, als könne er wirklich bis auf den Grund ihrer Seele sehen und alles lesen, was dort geschrieben stand. Sogar Dinge, die ihr selbst noch verborgen waren.
    Kein Wunder, dachte sie in einem Anfall von Trotz. Er ist viel älter als ich, weit gereist, hat studiert.
    Doch der Trotz verflog und machte einer tiefen Traurigkeit Platz, die tief aus ihrem Inneren kam. Sie kam sich allein und verlassen vor. Mutterseelenallein.
    Sibylla versuchte die Tränen zu verbergen, doch Isaak Kopper hatte sie schon bemerkt.
    Leise sagte er: «Komm her, Sibylla. Komm her.»
    Und sie tat es. Stand auf, ging zu seinem Sessel, ließ sich wie ein Kind an die Hand nehmen und auf seinen Schoß ziehen. Behutsam wiegte er sie hin und her. Nach einer Weile erst fragte er: «Was wünschst du dir in diesem Augenblick? Was brauchst du jetzt?»
    Was ich brauche?, dachte Sibylla. Das hat mich noch nie jemand gefragt.
    «Ich möchte gern wieder wie ein Kind sein», sagte sie ohne nachzudenken und schämte sich gleich darauf dafür. Was fiel ihr ein? Sie war als Geschäftsfrau hierher gekommen, um Kopper zu bitten, ein Haus mit ihr zu kaufen. Und jetzt saß sie auf seinem Schoß und wünschte sich nichts dringlicher, als von ihm in den Armen gewiegt zu werden? Was sollte das? Sie verstand sich selbst nicht mehr. Doch je unsicherer sie wurde, umso mehr wuchs in ihr das Bedürfnis, sich in seine Arme zu schmiegen und sich beschützt und geborgen zu fühlen.
    Kopper streichelte ihren Nacken und ihre Schultern. Wie von selbst bog sie sich den streichelnden Händen entgegen. Sie schloss die Augen, dachte nichts mehr, spürte nur diese Hände – und erschrak über ihre Bedürftigkeit.
    Wie lange war es her, dass jemand sie so berührt hatte?
    Hatte sie überhaupt schon einmal jemand so berührt?
    Sie ließ es zu, dass Isaak ihr das Kleid von den Schultern streifte, sie auszog, in beide Arme nahm und in das große Schlafzimmer trug.
    Er legte sie auf dem Bett ab, hüllte sie in eine Decke, zog sich dann selbst aus und legte sich zu ihr. Wie ein kleines Tier schmiegte sie sich an ihn, wurde warm und weich unter seinen Händen, nachgiebig und bedürftig. Sie war ihm nah, so nah, dass sie nicht mehr wusste, wo sie aufhörte und Isaak begann. Alle Grenzen verloren, verwischten sich, alle Gedanken verschwammen.
    Nein, sie brauchte jetzt nicht zu denken. Isaak übernahm jegliche Verantwortung. Sie brauchte nicht zu handeln. Ihr Leib reagierte aus sich selbst heraus, als hätte er diesen Tanz schon Hunderte

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