Die Pension Eva
mir siegt die Erste von links«, sagte Nenè.
»Bei mir ist es die Erste von rechts«, sagte Ciccio.
»Alle«, sagte Jacolino.
»Los, entscheidet euch«, sagte die Wortführerin.
Doch die Sache nahm eine überraschende Wendung. Zu viel Wein, zu viel grüner Likör. Ciccio sah Nenè böse an.
»Erlauben Sie mir, dass ich Ihnen etwas sage, Signore«, sagte er. »Und auch, wenn Sie’s mir nicht erlauben, sage ich es trotzdem: Sie haben keinen blassen Schimmer von weiblicher Schönheit.«
Nenè lief rot an.
»Wissen Sie, Signore«, fuhr er fort, »als ich mich bereits mit Frauen vergnügte, haben Sie noch an den Klapperstorch geglaubt.«
Ciccio stand wütend auf.
»Betrachten Sie sich als geohrfeigt, Signore!«
»Gut, Sie werden meinen Sekundanten empfangen.«
Jacolino war Nenès Sekundant, Giusi sollte Ciccios Sekundant sein. Jacolino ging mit ernster Miene auf Ciccio zu und fragte ihn, wann und wie er sich im Duell schlagen wolle. Ciccio erwiderte, er müsse sich erst mit seinem Sekundanten Giusi beraten und gebe ihm dann eine Antwort.
Die Unterredung dauerte eine Weile. Giusi hatte den Rasenden Roland zurHand genommen und besprach sich leise mit Ciccio. Der schien überzeugt. Giusi erstattete Jacolino und Nenè Bericht.
»Mein Herr möchte sich hier und jetzt mit euch schlagen. Die Waffe ist die Lanze, das Duell findet zu Pferde statt. Signori, es ist an euch, das Pferd zu wählen«, sagte sie abschließend und deutete auf die fünf Mädchen.
Nenè wählte natürlich das Mädchen, das seiner Meinung nach die schönsten Brüste hatte.
»Gekämpft wird nackt. Das Publikum möge Platz nehmen und die Mitte des Zimmers frei halten.«
»Auch die Zuschauer müssen nackt sein«, befahl Jacolino – und ging mit gutem Beispiel voran.
Die anderen taten es ihm unter großem Gelächter gleich. Nur Giusi zog sich nicht aus; sie verließ das Zimmer und kehrte mit zwei Besenstielen zurück. Einen gab sie Ciccio, einen Nenè.
»Dies sind eure Lanzen.«
Die beiden Mädchen, die die Pferde sein sollten, hatten sich ausgezogen und steckten sich die Haare zu einem Knoten zusammen.
»Nein«, sagte Nenè, »Pferde haben eine Mähne. Was soll das?«
»Lass sie! Mit offenem Haar können sie sich wehtun«, mischte Giusi sich ein.
»Wie lauten die Regeln des Kampfes?«, fragte Nenè und hob sich auf die Schultern seines Mädchens.
Das Mädchen hielt ihn mit beiden Händen an den Schenkeln fest.
Ein bisschen besorgt fragte Nenè sein Pferd:
»Baiardo, trägst du mich auch sicher?«
»Du wiegst doch gar nichts!«, erwiderte sein Pferd.
Und stieß ein lautes Gewieher aus, auf das Ciccios Pferd am anderen Ende des Zimmers antwortete.
»Wenn dein Pferd Baiardo heißt«, sagte Ciccio zu Nenè, »dann wisse, dass meines den Namen Rabicano trägt.«
»Dann willst du etwa Astolfo sein? Haha!«, lachte Nenè verärgert.
»Und du willst Rinaldo sein? Haha!«, entgegnete Ciccio.
»Auf mein Kommando beginnt ihr den Kampf«, sagte Giusi, »und wenn ich Halt sage, hört ihr auf. Der Erste, der vom Pferd fällt, hat verloren. Fertig?«
Da erhob Nenè die Lanze und rief:
»Lauf, Baiardo, nur einen Stoß,
Und Astolf wird zum saft’gen Hackkloß!«
Ciccio antwortete umgehend:
»Lauf, Hippogryph, mit Flügeln wie Sekel,
Rinald’ auf Baiardo erregt mir Ekel!«
»Fertig?«, wiederholte Giusi.
Die Ritter rüsteten sich mit den Lanzen zum Kampf.
»Wetten werden hier angenommen!«, rief Jacolino.
»Los!«
Die beiden Pferde liefen aufeinander zu.
»Bududùn bududùn bududùn«, sang Jacolino, der den Kampf musikalisch begleitete.
Kurz bevor sie frontal zusammenprallten, wichen die Pferde in letzter Sekunde zur Seite. Die erste Runde war mit einem einfachen Stellungswechsel zu Ende gegangen. Und Ciccio, der die Lanze hob, rief:
»Komm doch, Rinaldo, ist dein Mut denn nicht heiß?
Ich durchlöchere dich wie Käs aus der Schweiz!«
Und Nenè:
»Komm doch, Astolfo, greif tapfer jetzt an!
Mein Lanzenstoß macht, dass du bist länger kein Mann!«
Sie rüsteten sich erneut zum Kampf, indem sie sich die Besenstiele unter die Arme klemmten.
»Los!«, befahl Giusi.
Doch kaum hatte Rabicano zwei Schritte gemacht, rutschte er aus und fiel zu Boden. Astolfo, aus dem Sattel geworfen, warf die Lanze fort, versuchte, sich an der Mähne seines Pferdes festzuhalten, fiel aber seinerseits auf den Rücken. Baiardo blieb, um nicht gegen Rabicano zu prallen, auf der Stelle stehen. Rinaldo flog durch die Luft, ließ die Lanze los und
Weitere Kostenlose Bücher