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Die Pension Eva

Die Pension Eva

Titel: Die Pension Eva Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Camilleri
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gelesen.«
    »Auf welche Schule bist du gegangen?«
    »Ich hab’s bis zur Unterprima geschafft.«
    Aber man konnte sehen, dass sie keine Lust hatte, von sich zu erzählen, und daher fragte Nenè nicht weiter.
    Beim Essen wurden sie allmählich lauter und alberner. Eine der Frauen erzählte eine Geschichte, die sie in einem Bordell in Piemont erlebt hatte.
    Gleich am ersten Abend, so erzählte sie, fiel ihr ein Mann auf, der seinen Blick nicht mehr von ihr abwandte. Er sah sie unentwegt an, sprach sie aber nicht an. Sie ging mit einem anderen Kunden aufs Zimmer, und als sie wiederkam, saß der Mann immer noch da und sah sie an. Am folgenden Abend und auch am darauffolgenden Abend kam er wieder, und wieder sah er sie nur an. Erst an ihrem letzten Abend im Bordell stand der Mann auf, gab ihr ein Zeichen, und sie nahm ihn mit auf ihr Zimmer. Das Mädchen machte sich, halb neugierig, halb verängstigt, auf einen stürmischen Akt gefasst, doch der Mann bedeutete ihr schweigend, dass sie auf dem Bett Platz nehmen solle, und kniete sich dann vor ihr nieder. Er legte den Kopf in ihren Schoß und verharrte so schweigend. Nach einer Viertelstunde – sie war schon ganz nervös – holte der Mann ein Bonbon aus seiner Tasche hervor, wickelte es langsam aus und steckte es sich in den Mund. Dann nahm er es wieder heraus, betrachtete es kurz und steckte es dem Mädchen in den Mund.
    »Nicht zerbeißen«, sagte er.
    Und nach einer Weile:
    »Gib’s mir wieder.«
    Er nahm es entgegen und steckte es sich erneut in den Mund. Und auf diese Weise hatten sie das Bonbon bald zu Ende gelutscht.
    »Das war wunderschön, danke«, sagte der Mann. Er zahlte die halbe Stunde und ging.
    Alle lachten.
    »In Mailand«, erzählte ein anderes Mädchen gleich weiter, »wollte ein Kunde, dass wir, nachdem wir uns ausgezogen hatten, uns gegenüber hinstellten. Dann drückte er mit dem Zeigefinger auf meine linke Brustwarze und machte ‹tuuuuut›, wie eine Autohupe. Dann streckte er den anderen Zeigefinger aus, drückte ihn auf meine rechte Brustwarze und machte ‹beeeeep›. Danach nahm er meine linke Brust in die Hand und drückte sie kurz. Dabei machte er ‹tätätätätätä›. Mit der anderen Hand fasste er meine andere Brust und machte: ‹potipotipotipoti›. Es war unglaublich, wie echt das Hupen klang! Irgendwann war er nicht mehr zu bremsen: ‹tuutuutuutbeepbeep› … Immer schneller, als wären wir mitten in den Mailänder Verkehr geraten. Er wurde ganz rot und glühte, und als er zum Höhepunkt kam, hob er den Arm und pfiff wie eine Lokomotive, so laut, dass die anderen aus ihren Zimmern gestürzt kamen.«
    »Einer meiner Kunden wollte mal, dass wir beide einen Handstand machten und es mit den Beinen in der Luft trieben«, erzählte die Dritte.
    »Einer meiner Kunden versengte sich, nachdem er fertig war, sein bestes Stück mit einem Streichholz – weil er sich seiner Sünde so schämte?«
    »Bei mir fielen einem Kunden ein Gebetbuch und ein Rosenkranz aus der Tasche, als er sich wieder anzog.«
    »Bei mir …«
    Jede erzählte ihre Geschichte, und Nenè hörte zu. Es war ihm, als falle Regen auf ausgedörrtes Land, so sehr freute er sich an den Geschichten. Als sie fertig waren, fanden die fünf untersetzten Geschöpfe, dass es sehr heiß war, zogen sich die Blusen aus und blieben im Büstenhalter sitzen. Dann redeten die Frauen im Dialekt weiter, und ihre Diskussion wurde immer hitziger. Beinahe hätten sie sich an den Haaren gezogen. Schließlich waren sie sich am Ende alle einig und lachten ausgelassen. Sie rückten drei Stühle zusammen, stellten den Tisch beiseite, baten Nenè, Ciccio und Jacolino, auf den Stühlen Platz zu nehmen, und stellten sich vor ihnen auf.
    Das sechste Mädchen, das seine Bluse nicht ausgezogen hatte, blätterte noch immer im Rasenden Roland.
    »Auf die Plätze!«, sagte eines der Mädchen und nahm die Hände auf den Rücken.
    Die anderen Mädchen taten es ihr gleich.
    »Fertig!«
    Sie hatten noch immer die Hände hinter dem Rücken.
    »Los!«
    Die Mädchen zogen sich die Büstenhalter avis und ließen sie zu Boden fallen.
    »Wer hat den schönsten Busen?«, fragte das Mädchen, das hier das Wort führte.
    »Heilige Muttergottes! Das Urteil des Paris!«, rief Jacolino begeistert.
    »Dürfen wir sie anfassen?«, fragte Ciccio.
    »Natürlich«, antwortete die Wortführerin.
    Sie betrachteten die Brüste der Mädchen von nahem und von weitem, berührten und drückten sie und fühlten ihr Gewicht.
    »Bei

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