Die Perfekte Braut
überraschenden Verzögerungen gibt, irre ich mich bei diesen Dingen im Allgemeinen nicht, Miss Sarah«, antwortete der Fahrer mit einem nachsichtigen Lächeln.
»Guten Abend, Miss Duncan«, sagte Sarah Malvern.
Prudence lächelte, als ihr das ein wenig unordentliche Schulmädchen zur Begrüßung die Hand reichte. »Guten Abend, Sarah.« Sie hatte nun mehr Zeit für eine eingehendere Musterung des Mädchens als bei ihrem ersten, unerwarteten Zusammentreffen. Sarahs Züge ließen mehr Sommersprossen sehen, als es Prudence aufgefallen war, sie war ziemlich mager und trug diesmal die übliche Schulkleidung - einen Trägerrock aus blauer Serge mit einer weißer Bluse, die an den Ärmeln Tintenflecke aufwies. Zwei dicke Zöpfe hingen ihr über den Rücken, ein gerader Pony streifte ihre Stirn.
»Wollen Sie nicht eintreten?«, fragte Sarah und machte die Tür weiter auf. »Ich soll Sie unterhalten, während Daddy die getrüffelten Eier macht. Hier drinnen können Sie Mantel und Schal ablegen.« Sie ging voraus, und Prudence folgte ihr in ein kleines Schlafzimmer, das von der Halle abzweigte. Eine Kommode, ein Spiegel, Krug und Kanne mit heißem Wasser, ein Handtuch, Bürste und Kamm... alles war für den Gebrauch des Gastes bereit.
»Hinter dieser Tür ist eine Wassertoilette«, erklärte das Mädchen sachlich und deutete auf eine Tür am anderen Ende des Raumes. »Ich habe im Garten ein paar Kamelien gefunden.« Sie hockte sich auf das Fußende des einzigen Bettes. »Ich dache, sie würden Ihnen gefallen.«
Prudence bemerkte die kleine Vase mit den großblütigen Kamelien, auf denen noch Regentropfen glänzten. »Sie sind sehr hübsch«, sagte sie. »Danke«, setzte sie hinzu und legte ihren Mantel ab.
»Ach, das war keine Mühe«, sagte das Mädchen mit einem sonnigen Lächeln. »Und ich habe heißes Wasser hergebracht, falls Sie staubig sind. Was für ein elegantes Kleid.«
Prudence brauchte nicht in den Spiegel zu schauen, um zu wissen, dass dies die Wahrheit war. Es war eine der Kreationen, die Constance von ihrer Hochzeitsreise aus Paris mitgebracht hatte, ein Kleid, das ideal zu ihren Farben und zu ihrer Figur passte und das Beste aus ihrem alles andere als üppigen Busen machte. Sie hatte beschlossen, sich zu diesem Anlass wie zu einer Dinnereinladung zu kleiden, da sie aus Erfahrung wusste, dass Gideon - gelinde gesagt - gern vergaß, sich über seine Absichten genauer zu äußern.
Getrüffelte Eier?
»Es ist aus Paris«, sagte sie und nahm ihren Schal ab.
Sie trug diesmal ihr Haar zu einem dicken, geflochtenen Chignon zusammengefasst, der von einem Samtband im Nacken gehalten wurde. Es war ein Stil, der ihre ein wenig eckigen Züge milderte und das tiefe Kupferrot ihres Haares vortrefflich zur Geltung brachte.
»Wenn Sie fertig sind, können wir in den Salon gehen«, sagte das Mädchen. »Es freut mich, dass Sie auf der Fahrt nicht nass geworden sind.«
»Milton war sehr umsichtig«, erwiderte Prudence und folgte ihrer kleinen Gastgeberin über den schwarz-weißen Marmorboden in einen schmalen Salon, der sich über die Länge des Hauses erstreckte. Es war ein angenehmer Raum, in weichen Schattierungen von Creme und Gold gehalten, mit einladenden Sofas und Bücherregalen, die bis zur Decke hinaufreichten. Anders als die Bibliothek, den einzigen anderen Raum, den sie bislang gesehen hatte, fiel ihr auf, dass er nichts Maskulines an sich hatte. Stammte er aus der Zeit von Sarahs Mutter und spiegelte deren Geschmack wider? Oder den einer anderen Frau? Hatte es seit seiner Gattin eine andere Frau in Gideons Leben gegeben?
Prudence wurde klar, wie wenig sie noch immer über diesen Mann wusste, der nun ihr Liebhaber war. Da gab es beispielsweise die Kleinigkeit seiner gescheiterten Ehe - eine Geschichte, der sie unbedingt auf den Grund kommen wollte.
Auf einem Couchtisch lag ein offenes Übungsbuch, daneben Feder und Tintenfass. »Ich habe da eine sehr knifflige Algebra Aufgabe «, erklärte Sarah Malvern. »Daddy sagte, Sie würden mir vielleicht dabei helfen können.«
Ach, hat er das gesagt? Prudence lächelte nur. »Wie kommt er nur auf den Gedanken. Lass mich mal sehen.«
Das Mädchen reichte ihr das Übungsbuch und flitzte dann an ein Sideboard. »Darf ich Ihnen ein Glas Sherry einschenken?«
»Ja, danke.« Prudence setzte sich mit dem Buch auf das Sofa und benötigte nur ein paar Sekunden, um auf die Lösung zu kommen. Sie nahm das Glas Sherry, das Sarah vorsichtig über den Aubusson-Teppich
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