Die Perfekte Braut
auf die unterste Stufe setzte.
»Constance, mein Liebes«, sagte er und lief ihr breit lächelnd entgegen. »Deine Schwestern waren nicht sicher, wann du ankommen würdest. In deinem Telegramm hieß es, die Fähre hätte sich wegen des Wetters verspätet.«
»Ach, es klarte dann doch auf, und wir konnten mit der Morgenflut auslaufen. Gestern sind wir spätabends in London eingetroffen, doch konnte ich keine Minute länger warten, euch alle wiederzusehen«, sagte sie und breitete die Arme aus. Sie umarmte ihren Vater, als er sie herzhaft abküsste. »Du bist wohlauf?«
»Ja... ja, allerdings.« Er trat einen Schritt zurück, hielt sie dabei jedoch an den Schultern umfasst. »Die Ehe bekommt dir, mein Kind. Du strahlst ja förmlich.«
Sie lachte. »Ja, ich glaube schon. Max kommt in einer Stunde, um seine Aufwartung zu machen.«
»Ich freue mich. Nicht zuletzt, weil ich seine Meinung über eine ganz üble Sache hören möchte.« Er schüttelte den Kopf. »Eine ganz üble Sache.«
»Prue und Chas erwähnten etwas von...«, setzte Constance an, aber Lord Duncan redete einfach weiter.
»Dieses Schmierblatt... Mayfair Lady... hat Barclay verleumdet. Nicht zu fassen. Diese Unverschämtheit!« Lord Duncans rötlicher Teint spielte ins Purpurne. »Absolut empörend. Und jetzt greift die niederträchtige Pall Mall Gazette den Fall auf.«
»Ja, wir haben Con schon alles berichtet, Vater«, ließ Chastity sich hinter ihrer Schwester beruhigend vernehmen.
»Eine wahre Schande, dass ein ehrenwerter Mann von einem Skandalblatt aus dem Untergrund so angeprangert werden kann, von anonymen Schmierfinken, die nicht einmal den Mumm haben, sich zu erkennen zu geben und zu ihren Lügen zu stehen. Ich weiß nicht, was aus der zivilisierten Welt noch werden soll.«
Wieder schüttelte er den Kopf, sichtlich um Fassung ringend. »Aber wir dürfen uns davon die Freude über deine Rückkehr nicht verderben lassen, meine Liebe. Sicher hast du deinen Schwestern viel zu erzählen, aber wenn du dann hinunter in den Salon kommst, stoßen wir zur Feier des Tages mit einem Glas Veuve Clicquot an. Es müssten noch ein paar Flaschen da sein. Jenkins soll sie auf Eis legen.« Er tätschelte die Wange seiner Ältesten, nickte ihren Schwestern wohlwollend zu und ging hinaus.
»Haben wir wirklich noch ein paar Flaschen von der alten >Witwe«, fragte Constance.
»Nein, aber ein paar Flaschen Taittinger, die Jenkins versteckt hat. Er wird sie jetzt kredenzen«, sagte Prudence. Die beharrliche Weigerung ihres Vaters, das Schrumpfen seines Weinkellers zur Kenntnis zu nehmen, geschweige denn, sich damit abzufinden, stellte unter ihren zahlreichen finanziellen Sorgen eine spezielle Quelle des Verdrusses dar. Mit der kundigen Hilfe von Jenkins, der den Inhalt des Kellers bis zur letzten Flasche kannte und genau wusste, welchen Ersatz man Lord Duncan anbieten durfte, vollführten sie einen ständigen Balanceakt.
Constance griff wieder nach ihrer Kaffeetasse. »Lasst uns von angenehmeren Dingen sprechen. Berichtet mir von der Zeitung. Haben wir jetzt mehr zahlende Klienten für den Kontaktservice?«
»Apropos bezahlen«, sagte Chastity. »Du hättest sehen sollen, wie unsere Prue La Winthrop fünfzig Guineen abgeluchst hat, worauf - man fasst es kaum - La Lucan siebzig herausrückte, um sie zu übertrumpfen. Prue war meisterhaft.«
Constance lachte. »Etwas anderes hatte ich nicht erwartet. Haben Hester und Lucan schon einen Termin festgesetzt?«
»Den Weihnachtsabend«, berichtete Prudence. »Hast du dich schon entschieden, wann deine Besuchsnachmittage stattfinden sollen?«
Constance verzog das Gesicht und schüttelte den Kopf. »Das wäre verfrüht. Alle Welt wird mir jetzt Brautbesuche abstatten.
Sobald bekannt wird, dass ich wieder da bin, wird die Gesellschaft, neugierig und klatschsüchtig, wie sie nun mal ist, ihren Weg zu mir finden. Ihr könnt euch denken, wie das abläuft - man wird Einrichtung und Dekor des Hauses einer kritischen Betrachtung unterziehen und sich mittels gezielter kleiner Fragen ein Urteil zu bilden versuchen, ob ich mit meinem Los zufrieden bin.« Ihr Ton troff vor Sarkasmus.
»Oder ob dein Gatte schon auf einen Erben hoffen darf«, setzte Prudence mit hochgezogenen Brauen hinzu.
»Die einzigen Kinder, die ich in die Welt zu setzen gedenke, sind gedruckte«, erklärte Constance. »Zumindest bis The Mayfair Lady und der Kontaktservice florieren.«
»Was nie der Fall sein wird, wenn es uns nicht gelingt, diesen
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