Die Perfekte Braut
mindestens zehn Jahre jünger. Ihr
Teekleid aus cremefarbigem Musselin mit üppigen Spitzenvolants hatte für den Nachmittag einen zu gewagten Ausschnitt, ihr Gesicht unter dem hellrosa Strohhut war vor Puder und Rouge zur Maske erstarrt. »Wenn sie lächelt, zerspringt ihr Gesicht.« Es war eine Feststellung von Tatsachen, ohne Bosheit geäußert.
»Wenn wir einen anständigen Ehemann für sie finden wollen, müssen wir sie verändern«, sagte Prudence. »Aber wie fangen wir das taktvoll an?«
»Takt gehört zu Chastitys Spezialitäten«, erklärte Constance. »Und Ratschläge bei Liebeskummer.«
»Der ideale Mann müsste wie Lord Alfred Roberts sein«, meinte Prudence nachdenklich. »Gewiss, er ist nicht mehr der Jüngste, wirkt aber noch sehr rüstig und sieht meist traurig und verloren aus. Dottie könnte ein wenig Schwung in sein Leben bringen.«
»Eine gute Idee«, sagte Constance beifällig. »Ich würde zu gern wissen...«
»Dachte ich mir's doch, dass ihr noch da sein würdet.« Maxens angenehme Stimme unterbrach sie von jenseits der Säule, und die Damen blickten überrascht auf.
»Max, was machst du denn hier?«, fragte Constance.
»Ich hoffe auf eine Tasse Tee.« Er nickte dem Kellner dankend zu, als dieser diskret noch einen Stuhl an den Tisch schob. »Ist das Sardellentoast, was du da isst?« Er deutete auf den Teller seiner Frau.
»Ja, er ist sehr gut«, antwortete sie und häufte Sahne auf ihren Teekuchen.
»Dann esse ich ihn auf, da er dich nicht mehr zu interessieren scheint.« Er lächelte der wartenden Servierdame zu, die eine frische Teekanne und eine zusätzliche Tasse gebracht hatte, ehe er ein Stück Toast vom Teller seiner Frau nahm, während Prudence ihm Tee eingoss. »Ich habe in meinem Klub Erkundigungen über Malvern eingeholt. Wie er vor Gericht agiert und dergleichen.«
»Und?«, warf Prudence wachsam ein.
»Er ist für seine Verhörtechnik berüchtigt«, sagte Max. »Nach allem, was ich gehört habe, soll er sehr aggressiv sein.«
»Das klingt nicht gut«, meinte Prudence.
»Ich glaube, du musst versuchen, ihn zu überrumpeln«, sagte Max. »Überrasche ihn irgendwie, sodass ihm keine Zeit für eine Gegenreaktion bleibt.«
»Herrje!«, murmelte Prudence. »Glaubst du wirklich, er wird mir von Anfang an mit Vorbehalt begegnen?«
Max biss mit sichtlichem Genuss in seinen Toast. »Ich halte es für möglich«, antwortete er, nachdem er den Bissen hinuntergeschluckt hatte. »Ich würde jedenfalls sofort die Offensive eröffnen.« Er sah Prudence an, die er mit seiner brutalen Offenheit sichtlich erschüttert hatte. »Du gehst als Vorhut hin?«
»Sie eignet sich von uns allen am besten dafür«, erklärte Chastity. »Ich wirke zu wenig ernst.«
»Und ich möchte vermeiden, mich als deine Frau vorstellen zu müssen«, betonte Constance.
»Ich weiß deine Vorsicht zu schätzen«, erwiderte Max trocken. »Aber Malvern wird sehr bald erfahren, welcher Art meine Verbindung zu dem Fall ist.«
»Es kann nicht schaden, diese Entdeckung hinauszuzögern«, sagte Constance. »Prue ist die erste Wahl, da sie die finanzielle Seite regelt. Sie wird einen informierten und ernsthaften Eindruck machen.«
»Und ich werde meine dicksten Gläser aufsetzen«, sagte Prudence, um einen legeren Ton bemüht. »Und sehr seriös auftreten.«
»Du lieber Gott, was für eine Vorstellung. Fast regt sich mein Mitleid mit Malvern«, erklärte Max.
»Ja, eine ernste und würdige Prue ist nicht zu unterschätzen«, sagte Chastity.
Dass es Prues Lächeln an Überzeugung mangelte, fiel ihren amüsierten Schwestern nicht auf.
5
»Nun, was sagt ihr dazu?« Prudence stand in Erwartung ihres Urteils an besagtem Donnerstagnachmittag vor ihren Schwestern.
»Du siehst aus wie eine Kreuzung aus Nonne und Lehrerin«, äußerte Constance.
»Nein, nicht so sehr Nonne, sondern eher Bibliothekarin«, meinte Chastity. »Du wirkst ernst und sehr gelehrt.«
»Das ist die Wirkung, die ich zu erzielen hoffte«, sagte Prudence, die sich mit schräg geneigtem Kopf kritisch im Spiegel betrachtete. »Besonders gut gefällt mir der Filzhut.« Sie hob den marineblauen Schleier, der ihr diskret bis unter die Nase reichte. Der Hut selbst war aus dunkelgrauem Filz und hatte eine dezente, aufgeschlagene Krempe.
»Er passt zum Kostüm. Dunkelgraue Serge... fast könnte man meinen, du trügest Trauer«, sagte Constance.
»Hast du die fünfzig Guineen?«, fragte Chastity und schnippte eine Fluse von Prudences Schulter.
»Er
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