Die Perfekte Braut
wird bestimmt eine Rechnung schicken«, sagte Prudence, den Blick Bestätigung heischend auf Constance richtend. »Er bietet ja nicht Kohlköpfe auf dem Markt feil.«
»Sicher wird er eine schicken. Aber mitnehmen würde ich das Geld trotzdem. Wenn er sehr beleidigend und abweisend ist, bleibt dir wenigstens die Genugtuung, es ihm als Knalleffekt zum Abschied dazulassen.«
Prudence schnitt eine Grimasse. »Ich weiß, dass Max es gut gemeint hat, aber ich wünschte, er hätte sich nicht über Malvern erkundigt und all diese Dinge in Erfahrung gebracht. Seine Verhörmethode macht mich sicher so nervös, dass ich kein Wort herausbringen werde.«
»Nein, das wird nicht der Fall sein«, sagte Chastity im Brustton der Überzeugung . »Du hast dich vorgestern von seinem Kanzleivorsteher nicht einschüchtern lassen und wirst daher auch dem Verteidiger selbst Paroli bieten.«
»Das will ich hoffen. Wenn er der beste ist, den man kriegen kann, kann ich mir eine Schwäche nicht leisten«, sagte Prudence mit einem tapferen Lächeln. »Wir müssen ihn uns ködern.«
Constance nickte. »Du könntest übrigens so tun, als würden uns keinerlei Geldsorgen plagen. Haben wir ihn erst fest an der Angel, können wir immer noch feilschen.«
»Einverstanden... obwohl ich das nicht ganz korrekt finde.« Prudence zog ihre marineblauen Handschuhe an und griff nach einer geräumigen Handtasche. »Ich habe Kopien von allen Unterlagen gemacht, die ich vorgestern in seinem Büro gelassen habe. Nur für den Fall, dass die Papiere irgendwo im Büro seines Angestellten verschwinden«, setzte sie mit einem ironischem Achselzucken hinzu. »Ich wünschte nur, ich hätte einen Beweis für Barclays betrügerische Machenschaften in der Hand.«
»Aber du kannst Malvern mitteilen, dass wir uns diese Beweise garantiert zu verschaffen wissen«, sagte Constance.
»Wir glauben es jedenfalls«, betonte Chastity.
»Ich werde nicht den leisesten Zweifel erkennen lassen«, erklärte Prudence und ließ den Schleier fallen. »Fast halb vier, ich muss jetzt gehen.«
Ihre Schwestern begleiteten sie in einer Droschke bis Temple Gardens. »Wir warten hier«, sagte Constance und gab ihr einen Kuss.
»Nein, wartet lieber bei Fortnum.« Prudence öffnete den Wagenschlag. »Es sieht nach Regen aus, und ich möchte mich nicht sorgen müssen, ob ihr nass werdet. Ich habe keine Ahnung, wie lange das Gespräch dauern wird.«
»Je länger, desto hoffnungsträchtiger ist der Ausgang«, sagte Chastity. »Wir nehmen bei Fortnum den Tee, aber ich werde keinen Bissen hinunterbringen, ehe du nicht kommst.«
Prudence musste lachen. »Nur ein sehr gewichtiger Anlass könnte dich von deinem Kuchen abhalten, Chas.« Sie stieg aus und winkte ihren Schwestern, die sich aus dem Fenster beugten, zu. Dann schritt sie resolut die Middle Temple Lane hinauf.
Vor dem Eingang zur Kanzlei von Sir Gideon Malvern hielt sie kurz inne, um sich zu wappnen. Dann drehte sie entschlossen den Türknauf und stieg die schmale Treppe zum Eingang am oberen Treppenabsatz hinauf. Sie klopfte einmal an und trat ein, ohne auf Antwort zu warten. Derselbe Mann saß hinter dem Schreibtisch. »Ich habe einen Termin bei Sir Gideon«, sagte sie bestimmt und ohne ihren Schleier zu lüften.
Der Mann konsultierte zur Bestätigung den Terminkalender, dann blickte er auf und schaute sie an. »The Mayfair Lady?«, fragte er.
»Wie Sie sehr wohl wissen«, sagte Prudence und fragte sich sofort, warum er zu diesen Mätzchen Zuflucht nahm. »Ich glaube, ich bin genau pünktlich.« Sie sah ostentativ auf die Uhr.
»Ich melde Sir Gideon, dass Sie da sind.« Der Angestellte schob sich seitwärts hinter seinem Schreibtisch hervor und öffnete die Tür in der Wand gegenüber gerade so viel, dass er sich mit raschelnden Frackschößen hindurchzwängen konnte.
Prudence wartete. Die Tür zum Büro ging nun ganz auf, und der Mann, mit dem sie beim letzten Besuch zusammengestoßen war, stand im Rahmen. »Ach, so trifft man sich wieder, Madam Mayfair Lady«, sagte er mit der Stimme, die ihr in Erinnerung geblieben war. Ihre Nackenhärchen prickelten verwirrend. »Wollen Sie nicht eintreten?«
Er hielt ihr die Tür auf, und Prudence betrat mit einem gemurmelten Dank das Allerheiligste. Der Kanzleivorsteher bedachte sie wieder mit einem abschätzenden Blick, ehe er sich mit dem geschmeidigen Gleiten entfernte, das seine bevorzugte Art der Fortbewegung zu sein schien.
Sir Gideon zog für seine Besucherin einen Stuhl heran.
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