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Die Pest zu London

Die Pest zu London

Titel: Die Pest zu London Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel Defoe
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Pfarrsakristeien, vom Lordbürgermeister und den Stadträten in den verschiedenen Stadtbezirken und Revieren, und auf besondere Anweisung des Hofes, beziehungsweise der Friedensrichter in den einzelnen Gebieten, verteilt wurden, und dies zusätzlich zu den Liebesgaben, die von frommer Hand 269

    ausgeteilt wurden, so wie ich es eben beschrieb; und das hielt viele Wochen hintereinander an.
    Zugegeben, daß dies eine sehr große Summe ist; aber wenn es zutrifft, daß in der Cripplegate Pfarre allein 17 800 Pfund in einer Woche zur Unterstützung der Armen ausgeteilt wurden, wie ich es habe durchaus glaubwürdig berichten hören, dann braucht auch die andere Zahl nicht unwahrscheinlich zu sein.
    Man muß dies ohne Zweifel zu den vielen anfallenden Gna-denerweisen der Vorsehung rechnen, die unserer großen Stadt zuteil wurden und von denen noch manch anderer der Aufzeichnung wert wäre – ich sage, dies war ganz besonders auffallend, daß es Gott gefiel, auf diese Art die Herzen der Menschen in allen Teilen des Reiches zu rühren, daß sie mit so freudiger Bereitwilligkeit für die Unterstützung der Armen in London spendeten, wovon die erfreulichen Folgen sich allenthalben bemerkbar machten und besonders darin, daß viele Tausende am Leben erhalten wurden und ihre Gesundheit wiedererlangten und daß Familien, wiederum zu Tausenden, dem Hungertod entgingen.
    Und wo ich jetzt bei den gnädigen Fügungen der Vorsehung zur Zeit der Epidemie bin, kann ich nicht umhin, wieder darauf zu sprechen zu kommen, was ich zwar schon öfter in anderem Zusammenhang erwähnt habe, ich meine die Art des Fort-schreitens der Pest; wie sie an einem Ende der Stadt begann und sich nur langsam und allmählich von Stadtviertel zu Stadtviertel fortbewegte, gleich einer dunklen Wolke, die über unsern Köpfen dahinzieht: Während sie an einer Stelle sich zusammenballend den Himmel bedeckt, läßt sie an der anderen die Sonne hindurchbrechen; ebenso war es mit dem Verlauf der Pest: während sie in Richtung von Westen nach Osten voran-wütete, ließ sie im Westen wieder nach, und dadurch wurden die Stadtteile, die noch nicht ergriffen waren oder verschont blieben, und die, wo die Pest sich bereits ausgetobt hatte, gewissermaßen freigestellt, um den anderen beizustehen und zu 270

    helfen. Hätte sich hingegen die Seuche über das ganze Stadtgebiet und die Vororte auf einmal verbreitet und ihre Wut überall zugleich entfaltet, wie sie es seither an manchen Orten im Ausland getan hat, wäre die gesamte Einwohnerschaft überwältigt worden und es wären zwanzigtausend am Tage gestorben, wie es in Neapel geschehen sein soll, so wären die Leute nicht imstande gewesen, einander zu helfen und beizustehen.
    Denn wo die Pest einmal war und ihre ganze Macht fühlen ließ, dort waren die Leute, das muß gesagt werden, freilich sehr elend daran, und ihre Niedergeschlagenheit war unbeschreiblich. Aber kurze Zeit noch bevor die Pest bei ihnen angelangt war, oder gleich nachdem sie wieder fort war, waren die Leute wie ausgewechselt; und ich komme nicht darum herum zuzugestehen, daß eben in uns allen zu der Zeit zu viel von der allgemeinen Schwäche des Menschen zu finden war, nämlich das, was Erlösung brachte, zu vergessen, sobald die Gefahr vorbei ist. Aber ich komme später noch darauf zurück.
    Es darf nicht vergessen werden, hier etwas über den Stand des Handels während der Zeit der Epidemie zu berichten, und zwar sowohl was den Außenhandel wie den Handel im eigenen Lande betrifft.
    Bezüglich des Außenhandels braucht nicht viel gesagt zu werden. Die Handelsnationen Europas fürchteten sich alle vor uns; kein Hafen in Frankreich, Holland, Spanien oder Italien wollte unsere Schiffe einlassen oder mit uns verhandeln; mit den Holländern standen wir freilich auf keinem guten Fuß, waren wir doch in einem erbitterten Krieg mit ihnen, aber wenn wir schon in schlechtem Stande waren, nach außen hin zu kämpfen, wer hatte mit einem so fürchterlichen Feinde daheim zu ringen?
    Unsere Kaufleute waren entsprechend mattgesetzt; ihre Schiffe konnten nirgendwo hinfahren, das heißt nirgends hin außerhalb Englands; ihre Produkte und Waren, alles, was aus unserem Land stammte, wurde im Ausland nicht angerührt.

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    Man fürchtete sich ebenso vor unseren Gütern wie vor unseren Menschen; und man hatte freilich Grund dazu, denn unsere Wollstoffe nahmen die Infektion ebenso in sich auf wie menschliche Körper, und wenn sie von infizierten Personen verpackt

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