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Die Pest zu London

Die Pest zu London

Titel: Die Pest zu London Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel Defoe
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Hauses hielten; ich versuchte jedoch, wenngleich es dafür reichlich spät war, dieserhalb etwas nachzuholen; und zuerst, da ich die Möglichkeit zum Backen und Brauen hatte, ging ich und kaufte zwei Säcke Mehl, und mehrere Wochen lang buken wir unser Brot im eigenen Ofen; ebenso kaufte ich Malz und braute soviel Bier, wie all die Fässer, die ich hatte, fassen konnten, und das schien für unseren Gebrauch auf fünf oder sechs Wochen auszureichen; ich legte auch einen Vorrat an Salz, Butter und Cheshire Käse an; aber das Fleisch hatte ich nicht, und die Pest wütete so heftig unter den Metzgern und Schlächtern auf der anderen Seite unserer Straße, wo sie in großer Anzahl ansässig sind, daß es nicht ratsam erschien, auch nur über die Straße zu ihnen zu gehen.
    Und hier muß ich wieder bemerken, daß diese Notwendigkeit, außer Haus zu gehen, um einzukaufen, in großem Maße der Ruin der ganzen Stadt war, denn die Leute holten sich bei dieser Gelegenheit die Seuche voneinander, und sogar die Lebensmittel waren oft behaftet; jedenfalls habe ich guten Grund, das zu glauben; und darum kann ich nicht die Überzeugung teilen, die, soviel ich weiß, immer wieder mit großer Bestimmtheit ausgesprochen wird, nämlich daß die Marktfrau-en und alle, die Lebensmittel in die Stadt brachten, niemals infiziert worden seien. Ich weiß gewiß, daß die Fleischer von Whitechapel, wo der größte Teil des Schlachtviehs geschlach-tet wurde, ganz furchtbar heimgesucht worden sind, und zwar 102

    so sehr, daß kaum einer ihrer Läden mehr offen war; und die, welche übrigblieben, schlachteten ihr Fleisch in Mile End oder in jener Gegend und brachten es auf Pferden zum Markt.
    Indessen, die Armen konnten keine Vorräte anlegen, und so blieb die Notwendigkeit, daß sie auf den Markt zum Einkaufen gehen mußten; andere mußten ihre Dienstboten oder Kinder schicken; und da dies eine Unumgänglichkeit war, die sich jeden Tag erneuerte, brachte es mehr als genug Leute auf den Markt, die nicht mehr ganz wohl waren, und mancher, der gesund hinging, brachte den Tod mit zurück.
    Freilich übten die Leute jede mögliche Vorsicht. Wenn einer ein Stück Fleisch auf dem Markt kaufte, pflegte er es nicht aus der Hand des Fleischers zu nehmen, sondern holte es sich selbst vom Haken. Andererseits pflegte auch der Fleischer kein Geld anzufassen, sondern ließ es in einen Topf mit Essig tun, den er zu dem Zweck bereitstellte. Die Käufer führten immer genügend Scheidemünzen mit sich, um auch jede ungerade Summe recht machen zu können und kein Wechselgeld annehmen zu müssen. Sie trugen Flaschen mit Parfümen und Räucherwerk in der Hand, und jedes Mittel, das man anwenden konnte, wurde auch angewendet; aber die Armen konnten sich auch das nicht leisten, und so waren sie allem preisgegeben.
    In dieser Hinsicht gerade konnte man jeden Tag schaurige Geschichten hören. Manchmal fiel ein Mann oder eine Frau mitten auf dem Marktplatz tot um, denn viele Leute hatten die Pest am Leibe und wußten es nicht, bis das innerliche Gangrän ihr Lebenszentrum ergriff, und dann starben sie in wenigen Augenblicken. Daher rührte es, daß viele häufig ganz plötzlich auf diese Art auf der Straße verschieden, ohne daß vorher eine Warnung kam; andere hatten vielleicht noch Zeit, bis zur nächsten Bude oder bis zum nächsten Verschlag zu gehen, oder zu einem Toreingang, und dort niederzusitzen und zu sterben, wie ich vorher sagte.
    Dies ereignete sich so häufig auf der Straße, daß wenn die 103

    Pest in einem Stadtteil so recht ins Wüten kam, man kaum über die Straße gehen konnte, ohne daß hier und dort mehrere Tote auf dem Boden lagen. Andererseits ließ sich beobachten, daß, während die Leute am Anfang bei einer solchen Gelegenheit noch stehenzubleiben pflegten und ihre Nachbarn herbeizurufen, später gar keine Notiz mehr davon genommen wurde; statt dessen ging man, wann immer man eine Leiche liegen sah, auf die andere Straßenseite, um ihr nicht nahezukommen; oder wenn es in einer engen Gasse war, kehrte man um und suchte sich einen anderen Weg, um das Geschäft, bei dem man gerade war, zuendezuführen; und immer wurde in diesen Fällen der Leichnam liegen gelassen, bis die Beamten benachrichtigt waren und ihn holen kamen, oder bis zur Nacht die Totengrä-
    ber mit dem Totenkarren kamen, ihn aufluden und wegschafften. Und die unerschrockenen Kerle, die diesen Dienst verrichteten, unterließen nicht, den Toten die Taschen zu untersuchen und ihnen,

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