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Die Pest Zu London

Die Pest Zu London

Titel: Die Pest Zu London Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel Defoe
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wieder fort war, waren die Leute wie ausgewechselt; und ich komme nicht darum herum zuzugestehen, daß eben in uns allen zu der Zeit zu viel von der allgemeinen Schwäche des Menschen zu finden war, nämlich das, was Erlösung brachte, zu vergessen, sobald die Gefahr vorbei ist. Aber ich komme später noch darauf zurück.
    Es darf nicht vergessen werden, hier etwas über den Stand des Handels während der Zeit der Epidemie zu berichten, und zwar sowohl was den Außenhandel wie den Handel im eigenen Lande betrifft.
    Bezüglich des Außenhandels braucht nicht viel gesagt zu werden. Die Handelsnationen Europas fürchteten sich alle vor uns; kein Hafen in Frankreich, Holland, Spanien oder Italien wollte unsere Schiffe einlassen oder mit uns verhandeln; mit den Holländern standen wir freilich auf keinem guten Fuß, waren wir doch in einem erbitterten Krieg mit ihnen, aber wenn wir schon in schlechtem Stande waren, nach außen hin zu kämpfen, wer hatte mit einem so fürchterlichen Feinde daheim zu ringen?
    Unsere Kaufleute waren entsprechend mattgesetzt; ihre Schiffe konnten nirgendwo hinfahren, das heißt nirgends hin außerhalb Englands; ihre Produkte und Waren, alles, was aus unserem Land stammte, wurde im Ausland nicht angerührt. Man fürchtete sich ebenso vor unseren Gütern wie vor unseren Menschen; und man hatte freilich Grund dazu, denn unsere Wollstoffe nahmen die Infektion ebenso in sich auf wie menschliche Körper, und wenn sie von infizierten Personen verpackt wurden, dann konnten sie die Ansteckung mitbekommen und waren so gefährlich anzufassen wie ein Mann, der die Ansteckung hatte; und wenn deshalb ein englisches Schiff irgendwo in einem fremden Lande ankam und sie seine Ladung überhaupt an Land nahmen, ließen sie immer die Ballen öffnen und an eigens dafür bestimmten Plätzen lüften. Aber was von London kam, durfte nicht in den Hafen einlaufen, noch viel weniger die Ladung löschen, ganz gleich, was man ihnen bot; diese Strenge übten sie besonders in Spanien und Italien gegen die Londoner. In der Türkei und den Inseln des Archipels, wie sie hießen, sowohl auf denen, die den Türken, wie denen, die den Venezianern gehörten, waren sie nicht ganz so streng. Zu Anfang fand man überhaupt keinen Widerstand; und vier Schiffe, die in der Themse für Italien geladen hatten, das heißt für Livorno und Neapel, fuhren, als sie dort keine Einfahrt bekamen, weiter nach der Türkei und durften dort ohne Schwierigkeit ihre Ladung löschen; nur daß sie an Ort und Stelle feststellten, daß manches von ihrer Ladung für den Verkauf in dem Lande nicht geeignet war; anderes war an Kaufleute in Livorno adressiert, und so hatten die Kapitäne der Schiffe kein Recht und keine Weisung, über die Ware anders zu verfügen; das hatte für die Handelsherren große Unzuträglichkeiten im Gefolge. Aber schließlich war das nur eine Unumgänglichkeit des Geschäftsweges, und die Kaufleute in Livorno und Neapel schickten, als man sie benachrichtigte, von sich aus andere Schiffe, um die Waren, die für ihre Häfen bestimmt waren, entgegenzunehmen und, was davon für die Märkte von Smyrna und Iskenderun ungeeignet war, wieder mitzunehmen.
    Die Unzuträglichkeiten waren in Spanien und Portugal noch größer, denn sie wollten dort unter keinen Umständen unseren Schiffen, besonders denen von London, gestatten, in ihre Häfen einzulaufen, geschweige denn Ladung abzusetzen. Es wurde erzählt, eines unserer Schiffe habe heimlich seine Waren ausgeladen, darunter einige Ballen englischen Tuchs, Baumwolle, Unterzeug und ähnliche Sachen, da hätten die Spanier alles verbrennen lassen und die Männer, die das Anlandbringen besorgt hätten, mit dem Tode bestraft. Dies war teilweise, glaube ich, sogar wahr, obwohl ich es nicht mit Bestimmtheit behaupten will; aber es ist keineswegs unwahrscheinlich, da sie doch sahen, daß die Gefahr wirklich sehr ernst war, da die Pest in London so sehr wütete.
    Ich hörte ebenfalls, die Pest sei von einigen unserer Schiffe in jene Länder eingeschleppt worden, und besonders in die Hafenstadt Faro, im Königreich Algarve, das dem König von Portugal gehörte, und dort seien einige Personen gestorben, aber das ist nicht bestätigt worden.
    Doch obwohl die Spanier und Portugiesen sich so abweisend gegen uns verhielten, so ist es doch andererseits ganz sicher, daß, da die Pest sich ja, wie gesagt, zuerst ziemlich auf die Gegend um Westminster beschränkte, das Handelszentrum der Stadt, also die City

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