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Die Pest Zu London

Die Pest Zu London

Titel: Die Pest Zu London Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel Defoe
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und die Docks, bis mindestens Anfang Juli völlig gesund war, und die Schiffe auf dem Fluß bis Anfang August; denn bis zum ersten Juli waren in der ganzen City nur sieben Menschen gestorben, und nur sechzig innerhalb der Stadtfreiheit, und nur einer in all den Pfarren Stepney, Aldgate und Whitechapel, und nur zwei in den acht Pfarren von Southwark. Aber im Ausland unterschied man das nicht; die schlimme Nachricht war einmal durch die ganze Welt gegangen, daß die Stadt London von der Pest befallen sei, und da fragte niemand mehr, wie die Infektion voranschritt oder in welchem Stadtteil sie angefangen hatte und wie sie ihren Weg nahm.
    Außerdem wuchs sie dann, als sie sich erst auszubreiten begann, so rasch an, und die Totenregisterzahlen sprangen so rasch in die Höhe, daß es keinen Sinn hatte, die Berichte abzuschwächen oder etwas zu unternehmen, daß die Menschen im Ausland dächten, es sei weniger schlimm als es war; aus dem, was auf den wöchentlichen Totenregistern stand, wußten sie genug; und daß es in der Woche zweitausend oder drei- oder viertausend Tote gab, das reichte aus, um die ganze handeltreibende Welt aufzuschrecken, und als es in der darauffolgenden Zeit auch in der City selbst so schrecklich herging, war man überall, sage ich, sehr auf der Hut vor uns.
    Und man kann sicher sein, daß der Kunde von diesen Dingen, wenn sie weitergetragen wurde, unterwegs nichts verloren ging. Die Pest war schon an sich schlimm genug und die Drangsal der Menschen sehr groß, wie man aus dem, was ich berichtet habe, wohl entnehmen kann. Aber das Gerücht machte es noch unendlich viel größer, und so durfte man sich nicht wundern, daß unsere Freunde im Ausland, wie die Korrespondenten meines Bruders, etwa in Portugal und in Italien, wo er seine hauptsächlichen Handelsbeziehungen hatte, es dort erzählen hörten, in London stürben zwanzigtausend Menschen in der Woche; die Leichen lägen haufenweise unbeerdigt; es gebe nicht genug Lebende, um die Toten zu bestatten, oder Gesunde, um sich der Kranken anzunehmen; das ganze Königreich sei gleichermaßen verseucht, so daß die Krankheit allgemein verbreitet sei, wie es in jenen Ländern unerhört war; und sie konnten uns kaum glauben, als wir ihnen eine Darstellung der Dinge, wie sie tatsächlich waren, zusandten: Daß nicht mehr als ein Zehntel der Bevölkerung gestorben war, daß noch 500 000, die die ganze Zeit über in der Stadt verblieben waren, lebten; daß jetzt die Leute wieder auf den Straßen zu spazieren begännen und die Geflüchteten zurückkehrten; daß es auf der Straße nicht mehr an dem üblichen Gedränge fehle und daß höchstens die einzelnen Familien ihre Verwandten und Nachbarn vermißten, und so weiter. Ich sage, sie konnten dies nicht glauben; und wenn man heute in Neapel oder in anderen Städten an der italienischen Küste nachfragen würde, so würden sie einem dort immer noch erzählen, daß vor so vielen Jahren eine schreckliche Pest in London gewesen ist, während welcher, wie oben, zwanzigtausend Menschen in der Woche gestorben sind, und so fort, geradeso wie wir in London es haben berichten hören, es sei im Jahre 1656 in der Stadt Neapel eine Pest gewesen, während welcher zwanzigtausend Menschen am Tage gestorben seien, und das war, dafür habe ich sehr gute Anhaltspunkte, völliger Unsinn.
    Aber diese ausschweifenden Gerüchte waren sehr nachteilig für unseren Handel, außerdem ungerecht und verleumderisch in sich selbst, denn es dauerte lange Zeit, nachdem die Pest schon völlig vorbei war, bis unser Handel sich in jenen Ländern wieder erholen konnte; und die Flamen und die Holländer, aber besonders die letzteren, nutzten es sehr zu ihrem Vorteil aus; sie hatten den ganzen Markt für sich allein, und sie kauften sogar in verschiedenen Gegenden Englands, wo die Pest nicht war, unsere Erzeugnisse auf und brachten sie nach Holland oder Flandern, und von dort führten sie sie nach Spanien oder Italien aus, als seien sie von ihnen selbst hergestellt worden.
    Aber manchmal kam man ihnen dahinter, und sie wurden bestraft, das heißt, ihre Güter wurden beschlagnahmt und auch die Schiffe; denn wenn es zutraf, daß unsere Erzeugnisse ebenso wie unsere Menschen verseucht waren und daß es gefährlich war, englische Güter aufzupacken und ihren Geruch zu atmen, dann spielten die Leute, die diesen heimlichen Handel betrieben, mit der Gefahr, die Ansteckung nicht nur in ihr eigenes Land zu bringen, sondern auch die Länder, an welche sie

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