Die Pestärztin
Anerkennung ihrer Ehe aussprach oder auch nur so vage blieb wie seine Brüder ... es durfte nicht sein, dass Clemens sich mit dem Fraunberger schlug! Der erfahrene Ritter war dem schmächtigen Arzt turmhoch überlegen.
Lucia fasste einen verzweifelten Entschluss. Sie warf sich vor dem Thron des Herzogs zu Boden und setzte alles auf eine Karte.
»Herr Stephan!«, sagte sie mit klangvoller Stimme. »Da die Herren meiner Familie sich nicht einigen können, unter wessen Munt ich stehen soll, und mein Großvater obendrein nicht anwesend ist, um sich für mich einzusetzen, wende ich mich an Euch, meinen Landesherrn. Ich bin eine Waise, ich habe meinen Vater nicht gekannt. Meinen Landesvater aber kenne ich als weisen und gerechten Mann. Bitte, Herr Stephan, nehmt mich unter Eure Obhut.« Sie hob schüchtern den Blick.
Stephan von Bayern war sichtlich geschmeichelt. »Ich muss hier der Ordnung halber erwähnen, dass ich nicht dein einziger Landesvater bin«, bemerkte er, ehe Margarethe etwas Entsprechendes einwerfen konnte. »Aber es ehrt mich, dass du mich als deinen Beschützer erwählst. Also schön, Lucia von ... wie heißt du noch mal? Was erbittest du von mir als deinem Vormund?«»Die Anerkennung meiner Ehe mit Clemens von Treist!«, sagte Lucia fest. Eine weitere Aufzählung ihrer möglichen Familiennamen ersparte sie sich.
Herzog Stephan runzelte die Stirn. »Nun, da geht nur eines, Mädchen: Entweder kann ich dein Vormund sein, oder ich kann deine Ehe anerkennen. Denn wenn du verheiratet bist, brauchst du keinen Vormund.«
Lucia sah verzweifelt zu ihm auf. Wenn er ihr jetzt in den Rücken fiel, war alles verloren.
Schließlich legte sich ein breites Grinsen auf das Gesicht des Herzogs. »Also wollen wir es mal so entscheiden. Da es für deine Eheschließung mit dem Herrn von Treist keine Beweise gibt, wie mir inzwischen von verschiedenster Seite vorgehalten wurde, kann ich die Ehe nicht anerkennen.«
Lucia hatte das Gefühl, eine Klippe hinunterzustürzen. Sie konnte den Fraunberger nicht heiraten! Clemens würde es auch nicht zulassen, doch im Kampf würde er sterben ...
»Als Vormund dieser jungen Frau hier gäbe ich allerdings dem dringenden Wunsch meines Mündels nach, dem Medikus Clemens von Treist ehelich verbunden zu werden. Am besten schaffen wir die Angelegenheit gleich hier aus der Welt. Wenn die anwesenden Herren Ritter bitte einen Kreis bilden würden ...«
Der Herzog stand auf.
Lucia wusste nicht, wie ihr geschah.
Während es im Saal rumorte und der Oettinger wortreich protestierte, half Clemens ihr auf.
»Was für ein Wagnis«, sagte er bewundernd. »Und ich dachte schon, ich müsste diesen Ritter töten.«
»Wie hättest du das machen wollen?«, raunte sie. »Mit Gift?«
Clemens musste lachen. »Du hast schon noch deine Schwierigkeiten mit den ritterlichen Tugenden!«
»Nun komm, wir müssen in den Kreis treten.«
Die Ritter formierten sich jedoch nur langsam und schienen die Entscheidung des Herzogs dabei gründlich zu diskutieren. So hatte Elisabeth Zeit, vor der Zeremonie in ihre Kemenate zu laufen und den rubingeschmückten Reif zu holen, den Lucia ihr damals zurückgebracht hatte.
»Hier, ich hoffe, er bringt dir mehr Glück als mir«, flüsterte sie Lucia zu, als sie ihr den Reif ins Haar schob.
Herzog Stephan betrachtete die Geste missbilligend, sagte aber kein Wort dazu.
Schließlich trat auch unter den Rittern Stille ein; selbst der Oettinger und der Fraunberger schienen sich in ihr Schicksal zu fügen. Clemens nahm Lucia bei der Hand und führte sie in den Kreis.
»Mit diesem Kuss«, sagte er zärtlich, »nehme ich dich zum Weibe.«
Lucia sah strahlend zu ihm auf. »Mit diesem Kuss«, wiederholte sie, »nehme ich dich zum Mann!«
Die beiden küssten einander zärtlich, während die Ritter lachten, weil die Liebkosung weit über die formelle Berührung der gegenseitigen Lippen hinausging, die sie von anderen Hochzeiten kannten. Schließlich applaudierte der Hof, als die beiden sich trennten.
»Wir werden die Hochzeit heute Abend ein wenig feiern«, erklärte der Herzog. »Seht zu, dass ihr euch vorher noch vom Hofkaplan segnen lasst. Bis zum nächsten Morgen brauchen wir da ja wohl nicht mehr zu warten. Schließlich haben wir den erfolgreichen Vollzug dieser Ehe bereits bei der letzten Verhandlung dieser Angelegenheit festgestellt. Und nun kümmert sich wohl jeder wieder um seine eigenen Angelegenheiten!«
Der Herzog kehrte zu seiner Besprechung zurück. Frau
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