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Die Pestärztin

Titel: Die Pestärztin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ricarda Jordan
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paar der Aufgüsse und Umschläge anwandte, die sie aus Ar-Rasis Handbuch kannte. Die junge Frau sprach auch ein wenig Latein und war insofern äußerst angetan von Lucias Freizeitbeschäftigung, das »Handbuch« aus dem Gedächtnis zu kopieren und zu übersetzen. Agnes kam aus Trier und war in einer der wenigen, nicht jüdischen Kaufmannsfamilien aufgewachsen. Ihre Eltern hatten ihren um ein Jahr jüngeren Bruder schon früh zum Priesteramt bestimmt und ließen ihn entsprechend ausbilden. Mit ihm hatte die stets kränkliche und unbeschäftigte Agnes studiert und sich dabei sehr anstellig gezeigt.
    »Eine Zeitlang wollte ich auch ins Kloster«, erklärte sie fröhlich. »Aber dann kam der Johann ...« Agnes errötete. Ihre Verbindung mit dem Mainzer Schreiner war wohl eine echte Liebesheirat gewesen. Lucia ertappte sich dabei, sie ein wenig zu beneiden.
    Der kleine Sohn der Wormsers, Bonifaz, war ein reizendes Kind mit dem dunklen Haarschopf seiner Mutter und dem freundlichen, offenen Blick des Vaters. Lucia machte es Freude, Zeit mit ihm zu verbringen, und schaffte das schließlich auch, nachdem sie die Küferin überredet hatte, den Wormsers eine ihrer jüngeren Töchter als Hausmädchen in Stellung zu geben. Die Küferin hatte keine große Angst vor dem Teufel - bei ihrem Lebenswandel nahm sie wohl ohnehin an, ihm irgendwann zu begegnen. Dafür waren in ihrer Bude immer noch neun hungrige Mäuler zu stopfen, und so schleifte sie das Trudchen fast mit Gewalt ins Haus der Wormsers, um es Lucia zu übergeben. Trudchen war klüger als Grietgen, dafür aber verschlagener und nicht sehr arbeitswillig. Man musste das Mädchen ständig überwachen, und wenn man es allein zum Markt schickte, drückte es sich schon jetzt, mit dreizehn, mit wechselnden Galanen in Mauerecken herum. Lucia übernahm die Einkäufe also selbst, und als Agnes merkte, dass sie sparsam war und sich auf die Auswahl hochwertiger Waren verstand, überließ sie ihr mehr und mehr die Haushaltsführung. Lucia staunte selbst, wie leicht ihr das fiel, obwohl sie die Nase stets lieber in ein Buch gesteckt hatte, als Sarah Speyers Anweisungen zum klugen Einkauf, zum Sparen und zur Einweisung der Dienstboten zu lauschen. Tatsächlich aber war einiges hängen geblieben, und Lucia dankte der jüdischen Hausfrau, dass sie ihr dieses gute Rüstzeug fürs Leben gegeben hatte. Im Grunde zürnte sie den Speyers nach wie vor. Sarah hätte sie wenigstens anhören können, und David ... Am Anfang waren immer noch Tränen in Lucias Augen gestiegen, wenn sie an seinen Verrat dachte, inzwischen aber war sie darüber hinweg. Das Leben bei den Wormsers gefiel ihr deutlich besser als die Arbeit beim Schneider. Die schreckliche Geschichte mit David hatte also letztlich Gutes bewirkt.
 
    Nach wie vor besuchte Lucia mit ihrer Herrschaft die Gottesdienste in St. Quintin und begegnete dort auch den Schraders. Die sahen allerdings hochmütig über sie hinweg und streiften die Wormsers mit fast mitleidigen Blicken. Agnes und Johann Wormser schienen das jedoch gar nicht zu bemerken. Sie hatten nie Umgang mit den Schraders gepflegt, und Agnes verriet nie, ob ihr der alte Klatsch über ihre neue Magd zu Ohren gekommen war.
    So zeigten die Wormsers auch keine Reaktion, als der Pfarrer eines Sonntags eine Fürbitte für Irmtrud Schrader in seine Anrufung des Herrn einband. Die Frau des Schneiders sei plötzlich schwer erkrankt und benötige die Hilfe aller Engel und Heiligen.
    Lucia betete mechanisch mit, obwohl sie kein echtes Mitgefühl aufbrachte. Auch die Schraderin hatte sie zu sehr enttäuscht.
    Dennoch erschrak sie, als Meister Wormser zwei Tage später am Mittagstisch fast triumphierend ihren Tod verkündete.
    »Jetzt können sie wenigstens nicht mehr sagen, du hättest den Teufel aus der Hölle gehext!«, erklärte er seiner Frau vergnügt, während Agnes ihn strafend ansah und ihr Essen von sich schob. Der Bericht über den Tod der Schneidersfrau hatte ihr den Appetit verdorben. Mit gutem Grund, erinnerte er sie doch an den schrecklichen Tag, an dem ihre letzte Magd das Leben aushauchte!
    »Mit der Schraderin hattest du schließlich nichts zu tun. Aber es war genau wie bei unserer Berta: Fieber, Beulen, und dann entwich die Seele mit einem Strom von Blut! Der Hermann Klingenberg hat's mir haarklein erzählt. Dem war's auch peinlich, dass er dich damals fast beschuldigt hätte.«
    Agnes war bei seinem Bericht noch bleicher geworden, als sie es ohnehin schon war. Sie litt schwer

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