Die Pestglocke
sah mir in die Augen. »Du weißt, dass wir noch keinen Termin festgelegt haben ... nicht genau, jedenfalls.« Da sich meine Ausgrabung bis in die Hochsaison in Brookfield erstreckte, hatten wir das letzte Viertel des Jahres für unsere Hochzeit ins Auge gefasst und schon vor langer Zeit entschieden, dass es sich um eine kleinere Feier mit nur wenigen Gästen handeln würde, die nicht die langfristige Planung benötigte, wie sie sonst bei Hochzeiten anscheinend erforderlich ist. »Nun, es hat sich etwas ergeben. Ein berufliches Angebot. Ich bemühe mich, dass es uns nicht in die Quere kommt, aber wir müssen möglicherweise unsere Planung danach richten.«
»Wie ... was soll das heißen? Worum geht es?« Finian war manchmal als Berater für Leute tätig, die Gärten planten oder erneuerten, aber das klang nach einer größeren Aufgabe.
»Der National Trust in England ist an mich herangetreten. Ich soll an einem ungewöhnlichen Projekt teilnehmen, einem Garten, der auf einem Gedicht von Alexander Pope basiert. Ein Brief ist unterwegs, aus dem ich nähere Einzelheiten erfahren werde. Aber ich gehe davon aus, dass du flexibel bist, was Termine betrifft.«
Ich war erleichtert. »Natürlich. In einem vernünftigen Rahmen, wohlgemerkt. Ich will nicht, dass du von einem Tag auf den anderen aufbrichst, wie ein Soldat, der an die Front geht.«
Er küsste mich auf die Wange. »Das wird nicht passieren. So, und jetzt lass uns mal sehen, was sonst noch erblüht ist in letzter Zeit …« Er küsste mich erneut. »Außer unserer Liebe, natürlich.«
Ich hakte mich wieder bei ihm unter und drückte ihn.
Ein Tunnel aus duftendem Flieder, frisch in Blüte, hatte uns in den Geistergarten geführt. Dahinter gingen wir unter einem Bogen aus Goldregen hindurch, der noch vor einer Woche nur aus grünem Laub bestanden hatte, nun aber voller langer Stränge gelber Blüten hing. Es war die Jahreszeit der schnellen Veränderungen. Erst letzte Woche hatten auch die Wiesen außerhalb des Gartens voller Löwenzahn geprangt; nun war es Hahnenfuß.
Amseln und Drosseln hüpften auf dem Rasen umher, den wir in Richtung auf das hölzerne Sommerhaus überquerten. Ein Kaninchen, das davor sein Abendessen mampfte, beachtete uns nicht, bis wir es fast erreicht hatten, dann hoppelte es fort, um sich unter der Buchenhecke hinter dem Haus zu verstecken. Allerdings war der Versuch nur teilweise erfolgreich – ich konnte immer noch seinen Stummelschwanz sehen.
Wir stiegen die Stufen zur Veranda des achteckigen Gebäudes hinauf, wo wir zu Abend essen würden. Das Täuschende an dem Sommerhaus war, dass man sich ein ganzes Stück vom Haus entfernt wähnte, wenn man es nach der Erkundung zahlreicher Gartenräume erreichte, und glaubte, es sei mit Bedacht dort errichtet worden, um den Touristen bei ihrer Tour durch den Garten einen schattigen Platz zum Ausruhen zu bieten. Das stimmte zum Teil, denn die Besucher hatten an diesem Punkt die Hälfte des Rundgangs hinter sich gebracht, aber tatsächlich stand das Sommerhaus genau neben dem Haupthaus und war durch eine kaum wahrnehmbare Lücke in der Buchenhecke von dort zugänglich. Das Sommerhaus war in Wirklichkeit eine Verlängerung der Veranda hinter dem Haus.
Bess, Arthurs Labradorhündin, war aus dem Haus gewatschelt, um mich zu begrüßen, und ich tätschelte sie, als ich mich niederließ. Ich bemerkte, dass Finian bereits den Tisch gedeckt hatte, und der Wein – zwei Flaschen – in einem Kübel auf einem der schmiedeeisernen Gartenstühle kalt gestellt war.
»Wie geht es Arthur übrigens?«, fragte ich. Normalerweise hätte ich ein paar Minuten mit ihm geplaudert, ehe wir in den Garten gingen, aber wir waren gar nicht im Haus gewesen.
»Es geht ihm prima, wie er selbst sagt. Er plaudert gerade mit ...« Finian hielt inne.
Dann bemerkte ich, dass der Tisch für drei Personen gedeckt war. »Ach, er isst mit uns?«
»Äh ... nein. Er nicht. Jemand anderer.«
»Ach so? Wer?« Ich konnte mich nicht erinnern, dass Finian vorhin einen Gast erwähnt hatte. Andererseits war ich bei unserem Gespräch ein wenig zerstreut gewesen. Und ich hatte mich auch nicht richtig in Schale geworfen, wenngleich ich nach dem Duschen in eine Jeans und einen zartrosa Pulli geschlüpft war und die Wanderstiefel gegen rosaweiße Turnschuhe eingetauscht hatte.
»Malcolm Sherry.«
Der Mund blieb mir offen, aber kein Ton kam heraus. Nicht dass ich verärgert gewesen wäre; es kam nur so unerwartet. »Wie … warum … ?«
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