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Die Pestglocke

Die Pestglocke

Titel: Die Pestglocke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patrick Dunne
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Leprabegräbnisse – die Gräber waren deutlich einzeln abgetrennt, die Leute waren also gestorben, als ihre Zeit gekommen war, und nicht bei einer Epidemie. Dann stießen wir auf eine weitere Gruppe von Bestattungen ein Stück weiter von der Kapelle entfernt, rund zehn Stück, Seite an Seite, wir nennen das Reihenbestattungen. Sie lagen ebenfalls in separaten Aushebungen, aber die Gräber waren flacher als bei den Leprabegräbnissen und wurden offenbar alle etwa zur selben Zeit ausgehoben. Es musste also ein katastrophales Ereignis gegeben haben, das …«
    »Das eine Schlacht gewesen sein könnte«, warf Malcolm ein.
    »Nur dass es keine Anzeichen von Gewalteinwirkung an den Skeletten gab«, entgegnete ich. »Und auch keine für Lepra. Die Pest hinterlässt keine Spuren an den Knochen.«
    »Sie glauben also, das waren die ersten Opfer des Schwarzen Todes?«
    »Ja. Ihre Skelette waren auch relativ intakt, und die Art und Weise, wie die langen Knochen ausgerichtet waren, deutet darauf hin, dass die Leichen an den Händen und Füßen gesichert worden waren – sie müssen also zum Begräbnis hergerichtet und vielleicht in Totenhemden oder Leichentücher gepackt worden sein. Als der Schwarze Tod über Castleboyne hereinbrach, versuchten die Bewohner der Stadt zunächst also offenbar, so gut wie möglich damit fertig zu werden, und bemühten sich um ein anständiges Begräbnis für die Opfer – selbst für die Insassen des Krankenhauses der Magdalenerinnen, bei denen es sich größtenteils um Pilger handelte. Aber dann brach alles zusammen.«
    »Wie das?«
    »Wir wissen nicht, was in der Stadt selbst passiert ist, aber als Folge davon wurden in den Maudlins zwei Massengräber – Pestgruben – ausgehoben, direkt hinter den erwähnten Bestattungen. Jedes enthielt etwa dreißig Leichen, manche einfach aufeinandergehäuft, andere mit einer dünnen Schicht Erde dazwischen – wie Lasagne, wie es ein italienischer Zeuge des Schwarzen Todes ausdrückte. Viele der Skelette waren aus den Fugen, und die intakten lagen häufig mit beiden Armen auf einer Seite da, was anzeigt, dass man sie buchstäblich in die Grube geworfen hatte, ohne große Beachtung von Begräbnisriten. Es war offensichtlich unmöglich geworden, individuelle Beerdigungen durchzuführen – wahrscheinlich infolge der hohen Opferzahl auf der einen Seite und eines Mangels an Arbeitskräften auf der anderen. Wir haben fünfundsiebzig von neunzig Leichen in einem kleinen Friedhof als Pestopfer bestimmt; die meisten dieser Personen waren nur auf der Durchreise. Und wahrscheinlich starben alle im Spätsommer 1348.«
    »Wie kommen Sie zu dieser Datierung?«
    »Noch gibt es keine Radiokarbondaten, aber wir haben ein paar Münzen gefunden, die sich auf die Mitte des 14. Jahrhunderts datieren lassen, was fürs Erste als Beleg genügt.«
    Malcolm leerte sein Glas. »Wissen Sie, ich finde es bemerkenswert, wie ähnlich das, was Sie da tun, meiner Arbeit ist«, sagte er anerkennend. »Todesursache, Lage des Skeletts, Gegenstände, die mit ihm gefunden werden und so weiter.« Er lehnte sich zurück und tupfte sich den Mund ab. »Ich muss sagen, das ist ein ausgezeichnetes Mahl, Finian.«
    »Noch Wein?«
    Malcolm nickte, und Finian schenkte ihm nach.
    »Sie sagen, die meisten Opfer waren Pilger. Was macht Sie da so sicher?« Malcolm trank einen Schluck.
    »Wir fanden ihre Abzeichen.«
    »Pilger trugen Abzeichen?«
    »Sie wurden als Souvenirs an jeder Pilgerstätte in Europa verkauft. Die Pilger nähten sie auf ihre Hüte und Kleidung oder trugen sie um den Hals. Manchmal waren es kleine Ampullen, in denen man Tropfen von Lampenöl oder heiligem Wasser aufbewahrte, aber die bekanntesten waren überhaupt nicht von Menschen gemacht: Es waren Muscheln, die die Pilger auf ihrem Weg nach Santiago de Compostela am Strand aufsammelten. Wir fanden eine Reihe von ihnen und ein paar Metallabzeichen, darunter eines vom Schrein Thomas Beckets in Canterbury.«
    »Einige der Pilger waren also von England und dem Kontinent herübergekommen?«
    »Ja. Diese Münzen, die ich erwähnt habe, deuten ebenfalls auf einen Ort hin. Genau genommen sind es keine Münzen; es sind Jetons aus Messing, die zum Rechnen und Spielen verwendet wurden. Diejenigen, die wir entdeckten, stammten aus den Niederlanden und befanden sich in einer der Gruben, bei einer Gruppe von Skeletten, die Seite an Seite lagen. Es gab auch noch ein Stück bunten Stoff, der von einer Kapuze stammen könnte, was möglicherweise

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