Die Pestglocke
nachgelesen, das mir Paula empfohlen hat, warum es für Mutter und Kind gut ist. Aber stell dir vor, ich käme mit der Statue einer stillenden Maria bei ihr anspaziert – sie würde komplett ausrasten!«
Ich lachte, ebenso sehr über meine allzu lebhafte Fantasie wie über die Vorstellung, dass Daisy mit der Statue als Reklame fürs Stillen hausieren ging.
15. Kapitel
G ott sei Dank, dass du da bist«, sagte Finian, als ich in Brookfield eintraf. »Mein Vater hat ihn auf der Terrasse sitzen gelassen. Er heißt Peter Groot. Ich habe ihm zum Zeitvertreib eines deiner Handouts über den Schwarzen Tod zu lesen gegeben.« Er verschwand wieder im Salon, wo er die Journalisten mit einem Glas Wein bewirtete.
Ich musterte mich rasch im Spiegel der Eingangshalle. Ich war froh, dass ich das cremefarbene Leinenkostüm für den Besuch im Krankenhaus ausgesucht hatte. Ein paar Tage Hungern hatten genügt, was die Hüften anging.
Ich hatte mir kein Bild von dem früheren Polizeipathologen gemacht, aber vor die Frage gestellt, hätte ich mir wahrscheinlich ungefähr Richard Attenborough in Jurassic Park vorgestellt. Doch der blonde, blauäugige Adonis in dem gestreiften Hemd und den maßgeschneiderten, knielangen blauen Shorts, der mir von der Terrasse her zuwinkte, sah aus, als wäre er die ganze Strecke von Kapstadt hierher auf einer von der Sonne beschienenen Welle gesurft.
»Hallo.« Er stand auf und drückte mir kräftig und geschäftsmäßig die Hand. »Eileen, richtig?«
»Fast. Illaun. Und Sie sind ... Peter?« Selbst in meinen Sandalen mit den hohen Absätzen reichte ich ihm gerade mal bis zur Brust.
»Fast. Petr.« Die letzten beiden Konsonanten drängten den Vokal dazwischen hinaus, sodass das R gerollt wurde. »Sie sind Archäologin?«
»Ja. Und Sie Pathologe, soviel ich weiß.«
»Stimmt. Man nennt mich den Kadaversäger vom Kap.« Er sagte es mit unbewegter Miene, und einen Moment lang glaubte ich, er meinte es ernst. Aber dann sah ich sein schelmisches Lächeln.
Wir setzten uns. Auf dem Tisch stand ein Tablett mit ein paar Gläsern und auf dem Boden zwischen uns ein Kübel mit Eis. Groot hatte gerade Bess getätschelt, die nun widerwillig unter meinen Füßen Platz machte.
»Woher wussten Sie, wer ich bin?«
»Der alte Herr – Arthur – hat Sie beschrieben. Immerhin sind Sie seine Schwiegertochter in spe. Und ausnahmsweise bin ich nicht enttäuscht über die Vorstellung anderer Leute von einer attraktiven Frau.«
Ein Charmeur? Oder ein übler Anmacher? Fürs Erste ließ mich sein Aussehen zu seinen Gunsten entscheiden. Wie kannst du nur, Illaun.
Groot holte die Flasche aus dem Kübel. »Er macht anscheinend gerade ein Nickerchen. Finian wollte mir Gesellschaft leisten, aber er musste ein paar Leute empfangen.« Die oberste Seite des Schriftstücks, das er gelesen hatte, wurde von einem plötzlichen Windstoß umgeblättert. »Er hat mir Ihr Handout zu lesen gegeben – sehr interessant bis hierher. Ein Glas Wein?«
»Danke, gern. Sie haben aber nicht lange gebraucht, um nach Irland zu kommen.«
Groot beugte sich vor und nahm ein Glas vom Tablett. »Ich wusste gerade nicht so recht, was ich anfangen sollte, als Malcolm Sherry anrief, also habe ich mich ins nächste Flugzeug gesetzt. Und das Tolle, wenn man von Südafrika in diesen Teil der Welt fliegt, ist – kein Jetlag.« Er schenkte den Wein ein und reichte mir das Glas. »Hab ich selbst mitgebracht. Ein hübscher Sauvignon Blanc von einem meiner bevorzugten Anbaugebiete.«
Groot hob das Glas. »Das ist mein erster Besuch in Irland, und wenn die Frauen hier alle so sind wie Sie, fliege ich vielleicht nie wieder heim. Auf die keltischen Schönheiten!«
Ich hatte schon früher Komplimente bekommen, meist wegen meiner Augen, die das Beste an mir sind. Aber ansonsten bin ich klein und dunkel, nicht gerade modeltauglich. Wieder wusste ich nicht, was ich davon halten sollte. Ich trank einen Schluck von dem Wein, der ein Aroma von frisch geschnittenem Gras hatte, und während ich ihn genoss, ging mir der Gedanke durch den Kopf, dass Terry Johnston nie wieder kosten würde, was das Leben zu bieten hatte.
»Und wie kommt ein hübsches Mädchen wie Sie ...« Groot schaute mir forschend ins Gesicht. »Hey, irgendetwas macht Ihnen zu schaffen. Darf ich fragen, was es ist?«, fragte er freundlich.
Mir war nicht klar gewesen, dass meine Gefühle so offen zutage lagen. Oder war er nur extrem aufmerksam?
»Ach …« Ich seufzte unwillkürlich. »Einer
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