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Die Pestmagd

Titel: Die Pestmagd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brigitte Riebe
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angelogen.« Ludwig ließ sich nicht beirren. » Etwas an ihm hat mir Angst gemacht. Dabei war er ihr Sohn – Johannas Sohn! Und er hat sie so dringend gesucht.«
    » Dann wird er sie spätestens wiederfinden, wenn sie am Galgen baumelt.«
    War das wirklich ihre eigene Stimme, so grausam und hart? Wie um die hässlichen Worte wiedergutzumachen, strich sie über ihren Bauch. Ihr beide werdet mich niemals suchen müssen, dachte sie leidenschaftlich. Weil ich euch nämlich niemals verlassen könnte.
    » Warum hasst du sie so sehr?«, flüsterte Ludwig. » Sie nimmt dir doch nichts. Du bist meine Frau. Du bekommst mein Kind, während Johanna …« Er stieß einen wilden Schmerzenslaut aus. » Mein Bein – mein Bein steht in Flammen! So hilf mir doch!«
    Zuerst blieb Ennelin vor Schreck ganz starr. Dann aber zog sie zögernd seine Decke weg. Sein Hemd war nach oben gerutscht, entblößte die Beine und das Geschlecht. Sie liebte seinen Körper, wurde nicht müde, ihn zu streicheln und zu kosen.
    Jetzt aber hielt ihre Hand auf halbem Weg inne. An der Innenseite des rechten Schenkels sah Ennelin drei längliche schwarze Beulen.
    » Du darfst nicht sterben!«, rief sie. » Du musst doch deine Kinder groß werden sehen!«
    » Ist sie es?«, wisperte Ludwig. » Hat sie mich erwischt?« Er versuchte sich aufzurichten, um an sich hinunterzuschauen, was ihm nicht gelang. » Dann lass mich liegen und flieh zu deiner Mutter! Ich sterbe, du aber musst dich sofort in Sicherheit bringen!«
    » Den Teufel werd ich tun«, sagte Ennelin. » Ich lauf jetzt zum Medicus in der Marzellenstraße. Meister de Vries soll dir helfen. Und wenn ich dafür den letzten Krümel aus der Apotheke klauben muss!«
    Sie warf sich ein Tuch um und verließ das Haus.
    Doch von laufen konnte, wie sie schon nach wenigen Schritten zu spüren bekam, keine Rede sein. Es blieb ihr nichts anderes übrig, als breitbeinig zu watscheln, stets darauf bedacht, dass die gewaltige Kugel, die sie inzwischen mit sich herumzuschleppen hatte, sie nicht zum Stürzen brachte.
    Der kurze Weg bis in die Marzellenstraße erschien ihr unendlich. Während sie sich durch den zähen Matsch vorankämpfte, begann Ennelin heftig zu schwitzen, trotz des kalten Windes, der ihr unter die Röcke fuhr und ihre Hände klamm werden ließ.
    Wie ein Häuflein Elend erreichte sie schließlich das Haus des Medicus. Ein Schild neben der Tür zeigte ihr, dass sie richtig war. Das aufgemalte Zeichen war ihr nicht fremd – der Stab des Äskulap, der verriet, dass hier ein Heilkundiger wohnte. Der alte Mechthus war ein gebildeter Mann gewesen. Sobald seine Frau nicht in der Nähe war, konnte er manchmal vergessen, dass er nur eine Tochter hatte, und er ließ sich dann dazu hinreißen, Ennelin Dinge zu erzählen, die eigentlich nicht für die Ohren eines unschuldigen Mädchens bestimmt waren.
    Sie nahm sich ein Herz und klopfte.
    Als nichts geschah, legte sie ihr Ohr an die Tür und klopfte erneut. Alles war still. Der Medicus konnte beim Erzbischof sein, im Pesthaus, bei einem Kranken – gib, heilige Muttergottes, die du alle Kinder schützt, dass er zu Hause ist, betete sie stumm.
    Als Vincent de Vries schließlich öffnete, wirkte er zunächst ungehalten. Sobald er jedoch erkannt hatte, wer Einlass begehrte, veränderte sich seine Miene.
    » Ist etwas passiert?« Er winkte sie herein, in ein Zimmer, das ein Kamin warm und gemütlich machte. Er war am Schreiben, das verrieten die säuberlich gestapelten Blätter, der Gänsekiel, den er auf dem Tisch abgelegt hatte, und der herbe Geruch nach Galläpfeltinte, den Ennelin von ihrem Vater kannte. » Im Pesthaus? Aber dort dürftet Ihr ja gar nicht hinein …«
    » Ich störe«, sagte Ennelin, » und entschuldige mich dafür. Aber Ihr müsst sofort kommen! Ludwig … Er hat die schwarzen Beulen!« Sie schlug die Hände vor das Gesicht und begann zu weinen.
    » Wann habt Ihr sie zum ersten Mal gesehen?«, fragte Vincent, und seine ruhige Stimme tat ihr trotz ihrer inneren Aufgelöstheit gut.
    Tränennass sah sie ihn an.
    » Gerade eben«, sagte sie. » Er liegt schon seit drei Tagen, aber da waren noch keine Beulen, das weiß ich ganz genau.« Sie schniefte, versuchte sich zu fassen. » Ist das ein gutes oder ein schlechtes Zeichen, dass sie sich so spät zeigen?«
    » Das kann man bei dieser Seuche nicht sagen.« Vincent klang plötzlich grimmig. » Sie narrt und foppt uns, wo sie nur kann. Manchmal glaube ich, es gibt nicht nur eine Pest, sondern ein

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