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Die Pestmagd

Titel: Die Pestmagd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brigitte Riebe
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draußen inzwischen dunkel, was ihm entgegenkam, denn er blieb stets darauf bedacht, dass seine Besuche hier möglichst unbemerkt blieben. Von Weinsberg drohte keine Gefahr, da war er sich sicher. Der junge Rektor war zu sehr um seinen eigenen Ruf besorgt, um etwas auszuplaudern, und was jenen Fuhrknecht betraf, so stand der zu tief unter ihm, um ihm schaden zu können.
    » Ihr treibt ein gefährliches Spiel, Kürschner«, sagte Neuhaus, der neben ihm ging.
    » Und was ist mit Euch?«, fuhr Hennes gereizt herum. » Ich bin schließlich Witwer, der tun und lassen kann, was er will. Ihr dagegen habt ein Weib.«
    » Wer redet denn davon?« Neuhaus klang amüsiert. » Ich weiß, dass Ihr Melchior Strosch Geld angeboten habt, was der Visierer mir selbstredend sofort weitergetragen hat. Arnheim, Arnheim, was denkt Ihr Euch denn nur! Der Mann würde doch niemals so töricht sein, seine Position aufs Spiel zu setzen. Der Arm der Kölner Weinschule ist lang. In dieser Stadt geschieht nichts, was wir nicht erfahren.«
    » Aber ich wollte doch nur …«
    » Das Silber hättet Ihr ganz umsonst investiert. Eurer Schwägerin fehlt ein Pferd, und solange die schöne Johanna kein solches vorweisen kann, bleibt ihr Ausschank ohnehin geschlossen.«
    » Dann wird sie nichts verdienen.« Hennes’ Miene hellte sich auf. » Was bedeutet, dass sie das Haus zur Lilie auf Dauer nicht halten kann …«
    » Nicht ganz so schnell!«, sagte Neuhaus. » Sie ist offenbar eine Kämpferin, wusstet Ihr das nicht?«
    » Heißt das, Johanna …«
    » Die Weißen Frauen am Duffesbach haben der ehrbaren Witwe Arnheim mehrere Fässer in Aussicht gestellt, falls die Lese ordentlich ausfällt. Auch diese Nachricht hat uns inzwischen erreicht. Treibt Johanna jetzt noch das verlangte Pferd auf, so sind uns die Hände gebunden.« Er senkte die Stimme zu einem vertraulichen Flüstern. » Dann werdet Ihr eine neue Strategie ersinnen müssen, um an das Lilienhaus zu kommen, Kürschner. Darauf solltet Ihr Euch beizeiten einstellen.«
    Aus dem Dunkel eines Eingangs löste sich eine Männergestalt, die ihnen folgte. Rutger Neuhaus bemühte sich zwar, so zu tun, als habe er nichts bemerkt, drehte sich jedoch beim Gehen immer wieder um, als wollte er sich vergewissern, ob der Verfolger noch da war.
    » Da geht uns jemand nach«, sagte Hennes. » Kennt Ihr ihn?«
    » Ach was«, beschwichtigte ihn Neuhaus. » Das bildet Ihr Euch nur ein.«
    Schließlich blieb er stehen.
    » Unsere Wege trennen sich hier«, sagte er. » Bleibt wachsam und haltet die Augen offen! Mehr kann ich Euch zum jetzigen Zeitpunkt nicht raten.«
    Der Unbekannte pfiff kurz, dann lang, schließlich wieder kurz.
    Ein Zeichen, dachte Hennes. Eine Art Signal. Aber was mag es zu bedeuten haben?
    » Und sorgt dafür, dass Bela beizeiten zu ihrer Schecke kommt!«, fuhr Neuhaus fort. » Ihr wisst ja, sie kann sehr schnell die Laune verlieren.«
    Geschmeidig war der Rheinmeister um die nächste Ecke gebogen. Kurz darauf folgte ihm die Gestalt im dunklen Umhang.
    Das Pfeifen hatte etwas in Hennes lebendig werden lassen, eine lang vergessene Erinnerung, die aber zu schwach war, um sie greifen zu können.
    Kannte er den Mann?
    Ihm war auf einmal, als ginge eine innere Tür einen Spaltbreit auf. Dann jedoch schloss sie sich wieder. Ohnehin wusste er kaum noch, was er denken, geschweige denn tun sollte. Dieser Tag, den er als Triumph geplant hatte, drohte in Niederlage und Resignation zu ersticken.
    Langsam machte er sich auf den Weg nach Hause. Er würde Johanna in die Knie zwingen, das schwor er sich. Er wusste nur noch nicht genau, wie.
    x
    Sie näherte sich dem Pferd von der Seite, langsam und vorsichtig, wie Mendel ben Baruch es ihr empfohlen hatte, und stellte ihr Öllicht auf einem Balken ab. Jetzt, da sie mit dem Tier allein war, fühlte Johanna sich um einiges unsicherer, aber das würde sich nach und nach legen, daran glaubte sie ganz fest.
    » Peppi«, sagte sie leise und spürte dabei, wie schwer ihr dieses Wort über die Lippen wollte. » Peppi – was haben sie sich nur dabei gedacht! Ich glaube, wir müssen tatsächlich ganz schnell einen neuen Namen für dich finden.«
    Die Stute stellte die Ohren auf, dann streckte sie den Kopf vor und weitete die Nüstern.
    » Scheint mir, als wärst du damit einverstanden.« Johanna kam noch ein Stück näher, die Hand ausgestreckt, mit der Innenseite nach oben.
    Die Stute schnupperte ausführlich, dann nahm sie die angebotene Karotte zwischen die Zähne und

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