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Die Pestmagd

Titel: Die Pestmagd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brigitte Riebe
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begann zu kauen.
    Johannas Blick ruhte auf der hellen Mähne, den blanken Augen, dem glänzenden Fell.
    » Was hältst du zum Beispiel von Rosa?«, fragte sie schließlich und zog die zweite Karotte aus ihrem Rock, die ebenso schnell zwischen den großen Zähnen verschwand wie ihre Vorgängerin.
    Warmer Pferdeatem streifte ihre Haut.
    » Rosa – das gefällt dir? Mir auch. Dann werde ich dich ab jetzt so nennen.«
    Erst jetzt wagte sie, die Stirn des Tiers zu berühren. Die Stute ließ es sich gefallen, auch dass sie sie zwischen den Ohren kraulte, was ihr besonders zu gefallen schien.
    » Wir beide werden schon miteinander auskommen, meine Rosa.« Johannas Stimme war leise und ruhig.
    Zu ihrer Überraschung legte die Stute den Kopf auf ihre Schulter und schloss die Augen.
    Ein Glücksgefühl durchflutete Johanna. Ängste und Sorgen waren plötzlich vergessen. Nicht einmal jener Albtraum aus scheckigem Haar und rotem Kleid quälte sie länger. Wie von selbst schlossen sich auch ihre Lider, bis ein Knarzen sie in die Gegenwart zurückbrachte.
    Die Stalltür – hätte sie sie besser von innen verriegeln sollen?
    » Schönes Pferdchen«, sagte eine Frauenstimme. » Und auch das Haus gefällt mir ausnehmend gut. Ich sehe, du hast dein Glück gemacht, Johanna. Da wirst du ja sicherlich bereit sein, ein wenig davon abzugeben. Denn nicht alle haben es seitdem so gut wie du gehabt.«
    Der Albtraum war zurück – das rote Kleid, das gefärbte Haar, jene unverwechselbaren Züge, grober und gedunsener als damals, aber zweifelsohne Itas Gesicht.
    » Ja, wir sind beide nicht jünger geworden«, sagte Ita mit einem knurrigen Lachen, als könnte sie direkt in Johannas Kopf schauen. » Und auch die Welt ist keinen Deut besser als früher. Wir müssen uns nach dem Wind drehen, wollen wir überleben. Wer hätte gedacht, dass wir uns einmal im schönen Köln wiedertreffen! Das muss gefeiert werden, findest du nicht?«
    » Was willst du?«, sagte Johanna.
    » Das hab ich dir eben doch schon verraten. Ein kleines Stück vom großen Kuchen.« Ita lachte erneut. » Nun ja, wenn du mich schon so fragst: So klein muss das Stück eigentlich gar nicht ausfallen.« Ihr Kopf ruckte vor und zurück wie der eines Raubvogels.
    » Wie bist du hierhergekommen?« Johanna hatte das Gefühl, nicht mehr genügend Luft zu bekommen.
    » Eine lange, verschlungene Geschichte!«, rief Ita. » Jetzt bin ich da, genügt das nicht?«
    » Du bist noch immer eine …«
    » Nein!«, unterbrach Ita sie. » Das ist für immer vorbei. Ich hab jetzt ein ordentliches Gewerbe, ja mehr noch – ich besitze eine Gabe. Stell dir vor, ich kann heilen! So ziemlich alles, woran Menschen leiden.« Sie schnitt eine Grimasse. » Leider sind viele undankbar und bezahlen nur zögerlich. Auch wenn ich sie von ihrem Leiden erlöst habe.« Ihr breites Lachen entblößte eine Zahnlücke im rechten Oberkiefer. » Aber damit ist es ja nun vorbei. Wo ich dich endlich wiedergefunden habe!«
    » Ich glaube, da irrst du dich.« Johanna nahm all ihre Kraft zusammen. » Ich werde dir gar nichts geben, hast du verstanden? Wie sollte ich, nach allem, was du getan hast?«
    » Ich glaube, du irrst dich ganz gewaltig.« Itas Lippen waren schmal geworden. » Du wirst bezahlen, und nicht zu knapp, so sieht es aus. Ich war deine Hilfe, deine Stütze in schweren Zeiten. Alles hab ich für dich getan. Jetzt bist du an der Reihe, Johanna. Oder willst du, dass die ganze Stadt erfährt, was du einst im schönen Breisgau getrieben hast?«
    Eine Weile war es still im Stall. Nur Rosa stieß ein tiefes Brummen aus.
    » Ich kann dir nicht helfen, selbst wenn ich wollte. Mein Mann ist tot. Ich selber stecke in großen Schwierigkeiten …«
    » Und wenn schon!«, blaffte Ita. » Dann sieh zu, dass sich das Blatt rasch wendet! Ich habe vor, mich hier niederzulassen. Dafür brauche ich Startkapital. Du kannst mich monatlich unterstützen, falls dir das lieber ist. Doch bleibt der Geldsegen aus, werde ich reden.« Jetzt wurde ihr Lächeln tückisch. » Und du weißt, dass ich stets halte, was ich versprochen habe. Also, wann soll ich wiederkommen?«
    Niemals, hätte Johanna am liebsten geschrien. Du hast mir das Herz gebrochen, mir das Liebste geraubt. Zur Hölle mit dir, Ita! Das ist der einzige Ort, an den du gehörst.
    Ihre Stimme war dünn, als sie sich schließlich zu einer Antwort zwang. » Komm in drei Tagen wieder! Sobald es dunkel ist. Ich werde sehen, was sich machen lässt.«
    » Du wirst mich doch

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