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Die Pestmagd

Titel: Die Pestmagd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brigitte Riebe
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berührt?«
    » Bin ich vielleicht lebensmüde? Sie sind in der Backstube. Wenn nötig, können sie dort bleiben bis zum Jüngsten Tag.«
    Christians Blick flog zur Krähe. » Du solltest dich bald schlafen legen. Morgen hast du deinen ersten Einsatz.«
    Er nickte, erhob sich und lief in Richtung des baufälligen Hauses, wo die Schlafstatt war, die sie ihm zugewiesen hatten. Dann bog er plötzlich blitzschnell nach rechts ab.
    Nach wenigen Schritten stand er vor einem ebenerdigen Gebäude, dessen Dach halb zerstört war. Das musste das ehemalige Badehaus sein, in das sie das Mädchen gesteckt hatten, von dem die Rede gewesen war.
    Die Fensterscheiben waren nahezu blind, als er hineinzuspähen versuchte, doch nach einiger Zeit gelang es ihm, sich an das Zwielicht zu gewöhnen. Er meinte, ein Lumpenlager zu erkennen, auf dem eine schmale Gestalt ausgestreckt lag. Ein Wirrwarr blonder Locken. Die Ahnung zarter heller Haut.
    Er dachte an Schelke, die er immer sehnsüchtiger vermisste, je länger ihr Abschied zurücklag, und bekam auf der Stelle eine stramme Erektion, die erste seit Tagen.
    Wer immer das Mädchen war – er würde es genau im Auge behalten.
    x
    Johanna hatte den Gang in die Marzellenstraße so lange hinausgeschoben, bis es beinahe zu spät geworden war. Irgendetwas in ihr sträubte sich mit aller Macht dagegen, obwohl sie wusste, dass es töricht wäre, sich nicht dort zu zeigen.
    Aber war der Überfall vor den Toren der Stadt, dem sie nur um ein Haar entkommen war, vielleicht kein Zeichen gewesen? Demzufolge stünden ihre Unternehmungen derzeit unter keinem günstigen Stern.
    Wer sagte anderseits, dass die Weißen Frauen ihre Zusage auch wirklich einhalten würden? Und welch neue Schikanen sich die Rheinmeister der Weinbruderschaft noch ausdenken konnten? Zudem war jetzt auch noch Ita in Köln, bereit, die Einzelheiten über Johannas Vergangenheit auszuplaudern, die sie am liebsten für immer begraben hätte.
    Eine ganze Weile hatte sie gehofft, der Schlaf würde Sabeth so weit wiederherstellen, dass sie sie mitnehmen konnte. Nicht als Schutz, daran war schon lange nicht mehr zu denken, aber doch als Vertraute, die ihr den schweren Gang ein wenig leichter machen würde.
    Doch daran war an diesem frühen Abend nicht zu denken. Sabeth hatte noch immer jenen leeren Blick, der nichts Gutes verhieß, und damit begonnen, ein Knäuel Wolle abzuwickeln, ohne zu wissen, was sie tat.
    » Ich muss noch einmal kurz weg.« Voller Sorge beugte Johanna sich über die Alte. » Und du rührst mir den Herd nicht an, bis ich wieder da bin, verstanden?«
    » Verstanden«, sabbelte Sabeth. » Verstanden, verstanden, verstanden …«
    Resigniert trat Johanna auf die Gasse. Die Leute, die ihr entgegenkamen, wirkten müde und bedrückt. Als sie ihr Ziel halb erreicht hatte, blieb sie stehen, um ihr Äußeres einer nochmaligen Prüfung zu unterziehen.
    Warum hatte sie nicht das blaue Gewand angezogen, das ihr so gut stand? In dem grünen Kleid, das schon so viele Wäschen überstanden hatte, würde sie womöglich blass wirken. Oder hätte sie doch strenges Witwenschwarz anlegen sollen, um solide und ehrbar auszusehen? Sie vergewisserte sich, dass das Halsband richtig saß.
    Du sollst ihm doch bloß den Brei rühren und die Hemden flicken, sagte sie sich und setzte sich erneut in Bewegung. Und das auch nur, wenn er dir einigermaßen angenehm ist. Nimm die Stelle ruhig an – und sollte dir später zu wenig Zeit dafür bleiben, dann lässt du es eben wieder bleiben.
    Ihr Atem ging schneller, nachdem sie das letzte Stück fast gerannt war, um es endlich hinter sich zu bringen.
    Da stand es, das Haus mit der Brandmauer!
    Inzwischen war es fast zu dunkel, um das Schild an der Tür genau zu betrachten. Sie beugte sich weiter vor. Ludwig hatte etwas von einer seltsamen Schlange erwähnt, und Johanna starrte auf den Äskulapstab, um den sich eine Schlange wand. Äskulap war in der griechischen Mythologie der Gott der Heilkunde, erzogen vom heilkundigen Kentaur Cheiron. Weil er als Arzt einen Toten zum Leben erweckt hatte, erzürnte er Hades, den Herrscher des Totenreiches, und wurde von Zeus mit einem Blitz erschlagen.
    Johannas Hände wurden eiskalt.
    Diese und andere Geschichten hatte ihr einst jemand erzählt, in einem anderen Leben, das ihr um ein Haar den Tod gebracht hätte. Alles in ihr drängte nach sofortiger Flucht, doch ihre Füße waren wie festgewachsen. Sie konnte nicht einmal mehr die Hand bewegen, um anzuklopfen.
    Von

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