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Die Pestmagd

Titel: Die Pestmagd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brigitte Riebe
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einzelne Elle mit den Füßen in Besitz nehmen. Natürlich durfte er sich keineswegs auf dem bisher Erreichten ausruhen. Bis nicht jeder Luchs, jeder Silberfuchs sicher hier verstaut war, konnte er sich keine Ruhe gönnen.
    Die ersten großen Fuhren hatte er mithilfe zweier Gesellen bereits erfolgreich bewerkstelligt. Zunächst hatten sie versucht, Johannas Ross dafür einzusetzen, doch die Stute bockte und stieg sogar, als sie vor den Karren gespannt werden sollte. Sie gaben schließlich auf und mussten ein anderes Pferd dafür verwenden.
    Seitdem hasste er das Tier, versetzte ihm Püffe und Tritte, wenn er in den Stall kam, und gab ihm nur das Notwendigste zum Fressen, damit es am Leben blieb. Am liebsten hätte er ihm eigenhändig das Fell abgezogen, aber Pferdefleisch brachte kaum etwas ein, und so hatte er beschlossen, die Stute so rasch wie möglich zu verkaufen.
    Die vertrottelte Alte und das Katzenvieh musste er zum Glück nicht durchfüttern. Gleich an seinem ersten Tag im Lilienhaus hatte er Sabeth ihr Bündel schnüren lassen und sie vor die Tür gesetzt, ohne sich um ihr Weinen und Jammern zu scheren. Wie ein Blitz war die Weiße hinterhergejagt.
    » Geh betteln am Dom!«, hatte er der Alten nachgebrüllt. » Dort, wo du am liebsten kniest. Vielleicht findest du ja einen armen Sünder, der dir ein paar Kreuzer schenkt.«
    Dennoch hatte es Tage gedauert, bis er das Haus zur Lilie ganz in Besitz nehmen konnte. Mochte die Änderung im Schreinsbuch auch auf dem richtigen Weg sein, nachdem er Johanna nun öffentlich die Maske vom Gesicht gerissen hatte, so richtig fühlte Hennes sich erst als rechtmäßiger Eigentümer, als er zum ersten Mal in ihrer Bettstatt geschlafen hatte.
    Allerdings plagten ihn dort Nacht für Nacht wilde Träume, die ihn morgens zerschlagen erwachen ließen. Sein toter Bruder kam darin vor, der ihm anklagend Tierhäute entgegenstreckte oder sogar mit Fäusten auf ihn losging, als wollte er ihn wieder vertreiben. Hennes gewöhnte sich an, gleich nach dem Aufwachen eine von Ita gedrehte Pille einzunehmen, bevor er sich an seine Arbeit machte. Allerdings neigte sich der kleine Vorrat, den sie ihm mitgegeben hatte, schon bedenklich dem Ende zu.
    Als es an die Tür klopfte, schrak er zusammen.
    » Du?«, rief er verblüfft, als er Ita erblickte. » Was willst du?«
    » Empfängt man etwa so lieben Besuch?« Ihr Lächeln wurde breiter. » Ich wollte sehen, wie du dich eingelebt hast. Und dir etwas mitbringen.« Sie hielt ihm ein Kästchen hin. » Nachschub zum Glücklichsein«, sagte sie. » Oder hast du keinen Bedarf?«
    » Gib schon her!« Hennes riss ihr das Kästchen geradezu aus der Hand. » Was bin ich schuldig?«
    Seit Ita ihn zu den Sternen geführt hatte, scheute er ihre Nähe. Er fühlte sich entblößt vor ihr, während sie kühl und wie unbeteiligt wirkte. Ein Bettler, dem man eine Gnade oder Gunst zuteilwerden lässt. Was bildete sich dieses alte Weib mit seinen scheckigen Haaren und den hängenden Brüsten überhaupt ein?
    Bela, die Junge, Schöne, hätte ihn niemals in solch einer unsteten Gemütslage zurückgelassen. Bela – das Verlangen nach ihr drohte ihn zu überwältigen.
    » Von dir will ich kein Geld«, erwiderte Ita. » Freunde wie wir erweisen sich gegenseitig Gefallen.«
    Immer noch unsicher, beäugte er sie. Inzwischen stand sie schon an der Treppe, den Fuß auf der ersten Stufe, als fühle sie sich wie zu Hause.
    » Du warst schon einmal hier?«, entfuhr es ihm.
    Kokett schlug sie die Augen nieder.
    » Nur ein paar Augenblicke. Johanna hat sich aufgeführt, als wollte ich die Luft vergiften. Bist du die alte Vettel schon losgeworden?«
    Hennes nickte.
    » Zeig mir das Gewölbe!«, verlangte sie.
    Widerwillig führte er sie nach unten. Ita stieß einen kurzen Laut aus, als sie die Felle sah.
    » Wie gut du dich schon eingerichtet hast!«, rief sie. » Jetzt haben deine Wertstücke endlich den richtigen Rahmen bekommen. Deine Kunden werden doppelt, ja dreifach kaufen, wenn du sie hier unten empfängst.«
    Wollte sie, dass er ihr ein Geschenk machte? Seine Abwehr wuchs, doch Ita schien nichts dergleichen im Sinn zu haben.
    » Lass uns wieder nach oben gehen!«, schlug sie vor. » Vielleicht hab ich ja noch eine kleine Überraschung für dich.«
    Er folgte ihr, zögerte allerdings, als sie schnurstracks auf Johannas einstige Kammer zuhielt.
    » Das ist jetzt meine Bettstatt«, rief er. » Und so gar nicht aufgeräumt …«
    » Als ob mich das stören würde!« Sie

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