Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Die Pestmagd

Titel: Die Pestmagd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brigitte Riebe
Vom Netzwerk:
Flecken?« Der Apotheker wich ein Stück zurück. » Und da kommt Ihr hierher …«
    » Sehen sie aus wie ein Sternenhimmel?«, mischte Vincent sich ein.
    Der Jude nickte.
    » Sie hat sie überall, auch auf dem Kopf?«
    » Woher wisst Ihr das? Dort sind ganz besonders viele.«
    » Weil ich Medicus bin«, sagte Vincent. » Ihr müsst keine Angst haben«, sagte er, an Mechthus gewandt. » Seine Frau ist nicht an der Pest erkrankt, sondern hat die wilden Blattern.«
    » Die befallen doch sonst nur Kinder!«, rief der Apotheker.
    » Es gibt durchaus Ausnahmen, und Erwachsene leiden noch stärker unter dieser Krankheit.« Der Jude hing an seinen Lippen. » Verschafft Eurer Miriam Kühlung mit kalten Güssen oder Quarkumschlägen! Tupft die Pusteln mit Essigwasser vorsichtig ab und lasst Euch zusätzlich vom Apotheker eine Zinktinktur abfüllen, die kann die Heilung beschleunigen!«
    » Sie muss nicht sterben?«
    » Ganz gewiss nicht. Die wilden Blattern sind lästig und schmerzhaft, aber daran stirbt man nicht«, versicherte Vincent.
    » Und wenn diese Blattern auch mich befallen?«
    » Durchaus möglich, denn sie fliegen wie der Wind von einem zum anderen. Aber bis dahin wird Eure Frau hoffentlich wieder gesund genug sein, um Euch zu pflegen, sollte es notwendig werden«, sagte Vincent.
    Mechthus füllte die Tinktur in ein kleines Gefäß, verschloss es und reichte es dem Mann. Der bezahlte, nahm seinen gelben Hut und drehte sich plötzlich um.
    » Verratet Ihr mir noch Euren Namen?«, fragte er. » Ich möchte zu gern wissen, wem ich meine ungeheure Erleichterung zu verdanken habe.«
    » Medicus de Vries«, sagte eine helle Stimme, bevor Vincent antworten konnte. Plötzlich stand Ennelin neben dem Apotheker, die Hände schützend auf dem gewölbten Bauch. Sie hatte die rötlichen Haare ihres Vaters, seine hellen Augen und den energischen Zug um den Mund, der bei ihm schon ins Bittere geglitten war. » Bei ihm seid Ihr in allerbesten Händen, das weiß ich. Auch mir hat er wertvolle Ratschläge erteilt.«
    Der Jude lächelte.
    » Und ich bin Mendel ben Baruch, Tuchhändler aus Deutz. Falls Ihr einmal einen besonderen Stoff braucht, scheut Euch nicht, über den Rhein zu mir zu kommen!« Er ging hinaus.
    » Medicus de Vries«, sagte Mechthus, » Leibarzt Seiner Exzellenz, von dem die ganze Burse spricht! Wie ich mich freue, Euch in meiner Offizin begrüßen zu dürfen.« Sein Lächeln bekam etwas leicht Gequältes. » Wenngleich es gedauert hat, bis Ihr den Weg zu mir gefunden habt.«
    » Aber jetzt bin ich da«, sagte Vincent. » Darf ich Euch gleich meine Bestellung überreichen?«
    Überrascht schaute der Apotheker auf, nachdem er die Liste studiert hatte. » Ihr wollt Pipetten und kleine Glaszylinder? Wozu?«
    » Überlasst das ruhig mir! Wird wohl ein Weilchen dauern, bis Ihr mir alles zusammengestellt habt, was ich brauche.«
    x
    Die Krähe hatte beobachtet, wie einige Männer sich nach und nach in Stellung brachten, nachdem der Jude die Apotheke betreten hatte. Im Gegensatz zu ihm beherrschten sie keineswegs die Kunst, sich unsichtbar zu machen, sondern klebten auffällig wie dicke Schmeißfliegen an den Hauswänden. Jeder konnte sie sehen, doch das schien sie nicht weiter zu stören.
    Langsam jedoch wurden sie ungeduldig, verständigten sich mit Zeichen oder tauschten kurze Sätze aus.
    » Und wenn er dort drinnen übernachtet?«
    » Irgendwann muss er wieder rauskommen – und dann ist er fällig.«
    Sie hatten es auf den Mann mit dem gelben Hut abgesehen, das war der Krähe von Anfang an klar gewesen. Er selbst war bislang nur selten mit Juden in Kontakt gekommen, und wenn ja, dann hatte er sie in guter Erinnerung behalten. Den dicken Rabbiner zum Beispiel, der ihm in Weil ein warmes Brot geschenkt hatte, als der Hunger ihm ein Loch in den Bauch brannte. Das schöne Mädchen mit den dunklen Locken, das er in Schaffhausen schluchzend vor einem seltsamen Grab vorgefunden und ein wenig getröstet hatte, bevor der Alte ihn entdeckt, belfernd weitergezerrt und erneut zum Betteln gezwungen hatte. Die Juden waren in der Minderzahl und vielerlei Anfechtungen ausgesetzt, nicht viel anders als er, der dies seit Kindertagen immer wieder erleben musste, nur weil er seinen Vater niemals gekannt und seine Mutter ihn für ein paar Kreuzer verraten hatte.
    Was die Badersfrau wohl in der Apotheke zu schaffen hatte? Um sich ein Pulver zusammenrühren zu lassen, dazu war sie eindeutig schon zu lange verschwunden. Eine Weile nach

Weitere Kostenlose Bücher