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Die Pestmagd

Titel: Die Pestmagd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brigitte Riebe
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schlimm?« Ben Baruchs Gesicht wurde blass.
    Vincent nickte. Dann kam ihm plötzlich etwas in den Sinn. » Ihr seid also im Lilienhaus gewesen?«
    » Sie hat es sich nicht nehmen lassen, mich hereinzubitten.« Mendel ben Baruchs Stimme verriet ein Quäntchen Stolz.
    » Dann habt Ihr auch die alte Magd gesehen? Sabeth ist ihr Name.«
    » Ja, damals allerdings nur im Vorbeihuschen. Sie hat auf den Boden gestarrt, und doch hatte ich den Eindruck, ihr sei nichts entgangen.«
    » Damals?«, beharrte Vincent. » Ihr habt das eben so seltsam betont. Weshalb?«
    » Weil sie mir wieder begegnet ist. Vor einigen Tagen.« Mendel schluckte, als sei es ihm unangenehm weiterzureden. » Es wird erwartet, dass wir Juden diesen Bezirk meiden, das weiß ich wohl. Doch manchmal führt der Weg uns eben daran vorbei.«
    » Wo habt Ihr Sabeth gesehen?«, drängte Vincent.
    » Auf den Stufen des Doms. Sie war am Betteln. Und eine weiße Katze saß ganz in ihrer Nähe.«
    x
    Und wenn er niemals wiederkommt?
    Die Zelle war nicht so schwarz wie das Loch, aber dennoch unheimlich genug. Feuchtigkeit hatte die Pritsche mürbe werden lassen. Tiefe Risse durchzogen das alte Holz, ließen es bei jeder Bewegung, die Johanna wagte, aufstöhnen wie eine geplagte Greisin.
    Ihr Leben lag nun in seiner Hand.
    Wieso hatte das unbarmherzige Schicksal ihr ausgerechnet jenen Mann geschickt, den sie geliebt, verloren und verflucht hatte?
    Er hatte sich verändert. Nein, Vincent war noch immer derselbe, der damals ihr Herz zu Splittern zertreten hatte.
    Sie fand keine Ruhe, sosehr sie sich auch darum bemühte.
    Die paar Bissen Brot, die sie hinuntergeschlungen hatte, schienen wie ein zäher Klumpen in ihrem Magen zu liegen. Sie musste zu Kräften kommen – doch wie sollte sie das anstellen?
    Das bösartige Elfengesicht des Grewen erschien erneut vor ihr. Dann vermischte es sich mit Hennes’ schwammigen Zügen. War er nun da angelangt, wo er immer schon sein wollte – im Lilienhaus, das einst seinem Bruder gehört hatte?
    Sie spürte ein Ziehen im Unterleib und erschrak. Der Monatsfluss – er würde doch nicht ausgerechnet hier viel zu früh einsetzen!
    Das Ziehen wurde stärker, schwoll an zu krampfartigen Schmerzen, die sie lange vergessen hatte. Vergebens versuchte Johanna, sich gegen sie zu wehren, doch je mehr sie kämpfte, desto mehr ergriffen sie von ihr Besitz.
    Es fühlte sich an wie das Einsetzen der Wehen, doch die konnte, die durfte sie nicht kennen! Sie hatte niemals ein Kind geboren. Selbst wenn sie ihre Fingerspitzen ins Feuer halten müsste, das und nichts anderes würde sie schwören.
    Doch die Erinnerung war stärker. Ein dunkles Köpfchen, nass, vom Fruchtwasser verklebt. So sehr hatte sie sich vor diesem Augenblick gefürchtet, doch als er da war, fühlte sie sich plötzlich überglücklich. Große Augen, deren Farbe schon nach wenigen Wochen von Blau nach Grün wechselten. Niemanden auf der Welt hatte sie je so geliebt.
    Um niemanden so tief getrauert.
    Vincent durfte nichts von dem Kind erfahren, das hatte sie schon damals beschlossen, auch wenn sie sicher gewesen war, ihm niemals wieder zu begegnen.
    Johanna presste ihr Gesicht gegen den Kleiderärmel, der muffig und armselig roch und ihr trotz allem einen Hauch von Zuversicht schenkte.
    Sie hatte diesen unvorstellbaren Schmerz überlebt. Sie durfte auch jetzt nicht zugrunde gehen.
    x
    Nicht der Medicus zog schließlich mit dem geschundenen Pferd davon, sondern der Jude mit seinem spitzen gelben Hut. Wer wusste schon, was die beiden miteinander ausgehandelt hatten!
    Die Krähe wartete ab, bis zwei weitere Männer die Apotheke betreten und wieder verlassen hatten, dann ging er selbst hinein.
    Der Apotheker musterte ihn skeptisch.
    » Wie kann ich Euch helfen?«, fragte er schließlich.
    » Mein Handgelenk tut weh«, sagte die Krähe. » Ein paar Spitzbuben sind mir vorhin zu nah gekommen.« Er streckte ihm den rechten Arm entgegen. » Habt Ihr ein Mittelchen dagegen? Ich brauche nämlich meine Finger.«
    » Ihr wart in die Rauferei vorhin verwickelt?« Mechthus’ Körperhaltung verriet tiefstes Misstrauen.
    » Wenn Ihr viele gegen einen Einzigen › Rauferei‹ nennen wollt, lautet meine Antwort Ja.« Der Blick der Krähe flog zur angelehnten Tür, die tiefer ins Haus führte. » Ist Ennelin noch da? Ich müsste kurz mit ihr sprechen.«
    » Was wollt Ihr von meiner Tochter?«
    » Ist schon gut, Vater.« Geschwind kam Ennelin herbeigewatschelt. » Ich kümmere mich um den Herrn.«
    »

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