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Die Pestspur

Die Pestspur

Titel: Die Pestspur Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernhard Wucherer
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Freund Ulrich entgegen. »Oder?«
    Der Kastellan nickte sanft lächelnd und begann, der staunenden Runde zu erzählen, um was es ging.
    Währenddessen packte Eginhard die Kräuter aus, die er beim Medicus mitgenommen hatte, und legte sie fein säuberlich nebeneinander auf einen langen Tisch.
    »So, Doblerin! Nun möchte ich von Euch wissen, ob Ihr die getrockneten Pflanzen, Wurzeln, Samen, Blätter und Blüten erkennt und was Ihr davon haltet.«
    Die anderen traten fast ehrfürchtig hinter die Frau, die jetzt angesichts ihrer bevorstehenden Aufgabe und im fahlen Schein der Kerzen wie eine mystische Heilerin erschien. Jedenfalls wirkten ihre Gesichtsfurchen jetzt noch ausgeprägter als zuvor. Die Kräuterkundige lief mit blitzenden Augen auf den Tisch zu. Genau wie Eginhard und sein Vater waren auch die anderen gespannt, was jetzt kommen würde.
    Die betagte Frau ging zielstrebig von einem Kräuterhäufchen zum nächsten und schnupperte kurz daran. Das eine oder andere Kraut nahm sie in die Hand und zerrieb etwas davon zwischen ihren Fingern, bevor sie wieder daran roch oder etwas davon auf ihre Zunge legte. Sie ließ sich Zeit damit – so viel Zeit, dass Eginhard der Gedanke kam, dass sie sich selbst inszenierte. Aber dies war nicht der Fall. Sie schien es lediglich genau zu nehmen.
    Dann grinste sie selbstsicher.
    »Der Holunder … kann Brechreiz bewirken!«
    Nachdem sie zögerlich begonnen hatte, verkündete sie jetzt mit krächzender Stimme wie aus einer Armbrust geschossen: »Der Hahnenfuß erzeugt Verdauungsstörungen! – Der Seidelbast steht für Übelkeit, Erbrechen und Herz-Kreislaufstörungen! – Der Schellenbaum ruft Hautreizungen und Bewusstseinsstörungen hervor! – Das Alpenveilchen ist für Krämpfe, Schwindel und ebenfalls für Kreislaufstörungen verantwortlich! – Oh! …«
    Als die bis in die Fingerspitzen angespannte Frau stutzte, wurde sie von allen Seiten bedrängt, doch zu sagen, was los sei.
    »Der Eisenhut …« Sie schüttelte den Kopf. »Ist absolut tödlich«, erlöste sie die anderen von deren Neugierde, bevor sie auf das nächste Gewächs deutete und schon wieder einen Moment verharrte.
    Alle waren gespannt, aber es kam schon wieder nur ein »Oh!«, das Fragen bei den Umstehenden aufwarf.
    »Und? Was ist jetzt schon wieder?«, drängte Otto seine Mutter, weiterzumachen.
    »Der Gefleckte Schierling führt zu Atemstillstand!«, sagte sie knapp.
    Das letzte Kraut begutachtete sie lange, roch immer wieder daran und nahm etwas davon auf ihre Zunge, um den Geschmack zu ergründen. »Leider bin ich nicht ganz sicher, um welches Gewächs es sich hierbei handelt. Ich vermute …«
    »Das ist die Hundspetersilie, deren Einnahme absolut tödlich ist«, half ihr Eginhard weiter, um zu verhindern, dass sie zu viel davon in den Mund nahm.
    »Stimmt! Das wollte ich gerade sagen. Wieso konnte ich dies nicht sofort erkennen?«
    Eginhard sah seinen Vater streng an, bevor er antwortete: »Weil wir sie durch das hastige Einpacken beim Medicus und den Transport wohl zu stark zerbröselt haben und man deswegen kaum erkennen kann, um was es sich handelt«. Dadurch beruhigte Eginhard die weise Frau, deren beachtliches Wissen mit Beifall belohnt wurde.
    »Meine Mutter!«, sagte Otto stolz zum Kastellan, der ihm dafür anerkennend auf die Schulter klopfte.
    Die Doblerin beäugte Eginhard misstrauisch, während sie die Antwort auf ihre Frage, ob er denn jemanden umbringen möchte, abwartete.
    »Aber nein, wo denkt Ihr hin. Ich bin nur über Euer bewundernswertes Wissen der Pflanzenkunde erstaunt. Und jetzt, werte Frau Dobler, sagt uns, wo könnten die Kräuter herkommen?«
    »Solch giftige und teilweise auch seltene Pflanzen wachsen oft nur an verborgenen Plätzen. Sie vermag nur einer zu züchten: Til aus Hopfen … man nennt ihn den Kräutermann. Ich selbst habe einen großen Teil meines Wissens von seiner weisen Mutter. Was ich benötigt habe, hat mir die gute Frau immer auf den Markt mitgebracht. Seit der Graf das Marktverbot ausgesprochen hat, habe ich leider keine neue Ware mehr erhalten. Ich würde dringend einige Heilpflanzen, aus denen ich entzündungshemmende und schmerzlindernde Medizin machen kann, brauchen.«
    »Ich habe genügend Schafgarbe vom Bodensee bei meinen Vorräten. Ihr sollt etwas davon abbekommen«, versprach Eginhard und freute sich, dass seine Zuordnung der Pflanzen durch die Doblerin akkurat bestätigt worden war. Auch sie war der Meinung, dass man mit der Verabreichung dieser

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