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Die Pestspur

Die Pestspur

Titel: Die Pestspur Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernhard Wucherer
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Pflanzen in Form von Suden nur eines im Sinn haben konnte: Die Tötung der Menschen, für die sie bestimmt waren!
    Eginhard holte seine Notizen hervor, und sie gingen gemeinsam die Indizien und die belegbaren Fakten noch einmal Schritt für Schritt durch. Für die Bechtelers war dies eine äußerst spannende Angelegenheit.
    Die Doblerin war im Laufe der Zeit in viele Behausungen gekommen. Sie kannte die Leute und hatte sich schon lange ihre eigenen Gedanken hierzu gemacht. Obwohl sie sich über vieles hatte wundern müssen, hatte sie es stets vorgezogen, zu schweigen. Nur allzu schnell waren die Leute in schlechten Zeiten bereit, Schuldige ausfindig zu machen. Da kräuterkundige Frauen schon von jeher als Hexen verschrien waren und es im Allgäu immer noch vereinzelt zu Hexenverbrennungen kam, hatte sie nicht den Mut gehabt, sich dem Kastellan oder gar dem Propst anzuvertrauen. Jetzt aber sagte sie alles, was sie wusste: »Ich glaube nicht, dass es die Pestilenz war, die so viele Menschen das Leben gekostet hat. Vielmehr sieht es so aus, als wären die Menschen schrittweise an den Tod herangeführt worden.«
    Auf diese Aussage hin sahen sich der Propst, der Kastellan und Eginhard an. Es folgte eine lange Zeit des Schweigens. Alle am Tisch machten sich ihre eigenen Gedanken.
    »Wenn auch Ihr – unabhängig von mir – zu diesem Schluss kommt, können wir davon ausgehen, dass es so war«, stellte Eginhard nicht ohne Stolz fest.
    Die Doblerin bestätigte dies durch ein stilles Kopfnicken.
    Auch der Kastellan und der Propst nickten zustimmend.
    »Das würde heißen, dass sich unsere bisherige Vermutung bestätigt findet: Es hat überhaupt keine Pest gegeben, und der Medicus hat das Ganze nur vorgetäuscht, um an das Geld der verängstigten und gutgläubigen Menschen zu kommen«, schloss Eginhard den Kreis.
    Wieder herrschte betretenes Schweigen.
    Während der Bauer die Fäuste unter dem Tisch ballte, hielt seine Frau ungläubig beide Hände vor den Mund, um ihre Wut nicht hinauszuschreien. Sie hatte ihren Schwiegervater durch diese unglaubliche Schweinerei verloren und dem Medicus zuerst einen halben Gulden, dann noch mal einen halben Gulden für seine Heilkräuter gegeben, obwohl ihr die Doblerin so energisch davon abgeraten hatte, dass sie sogar mehrmals zum Streiten gekommen waren.
    »Es gibt keinen Zweifel«, unterbrach Eginhard die Stille. »Die Pflanzen in Verbindung mit ihren Wirkungen lassen nur den Schluss zu, dass der Medicus ein geldgieriger Massenmörder ist!« Er wandte sich den Bechtelers und den Doblers zu: »Euch brave Bauersleute bitte ich nochmals um absolutes Stillschweigen. Denn wenn sich die Sache im Dorf herumspricht, bevor wir den Schurken überführt haben, wird es wesentlich schwerer, ihm drückende Beweise anzulasten und ein Geständnis aus ihm herauszulocken. Ich würde mir ewig Vorwürfe machen, wenn er mitsamt des Geldes auf Nimmerwiedersehen verschwinden würde, weil er sich der Anklage mangels Beweisen entziehen konnte.«
    »Ihr dürft Euch getrost auf mein Weib und auf mich verlassen. Fasst den elendiglichen Mordbuben und bringt ihn vor Gericht.«
    Die Bechtelers nickten zustimmend, während die Doblerin den Kastellan zur Seite nahm und ihn bat, sie aus allem herauszuhalten und nicht als Zeugin zu benennen.
    »Ihr wisst schon: das Maleficum !«

    *

    Agathe, das ältere der beiden Mädchen, denen von Eginhard aufgetragen worden war, auf die Blaufärber zu achten, kam in den Raum und berichtete aufgeregt, dass die Frau Opser zwar noch schlafe, aber ihr Mann bei Besinnung sei und irgendetwas Unverständliches vor sich hin murmle.
    »Auch wenn wir sie noch bis morgen schlafen lassen müssen, wäre es gut, wenn einer der beiden jetzt gleich ein paar Fragen beantworten könnte. Was meinst du, Eginhard?«
    »Von mir aus. Geh aber behutsam vor, Vater.«
    Jetzt, da sich der Körper des Blaufärbers erwärmt hatte, kamen mit den Lebensgeistern auch die Schmerzen zurück. Sie rasten nur so durch seine knapp vor dem Erfrieren geretteten Glieder.
    Als der Propst, der Kastellan und Eginhard die Kammer betraten, wollte sich der rechtschaffene Mann mit aller Gewalt von seinem Lager erheben, um sich für die Hilfe zu bedanken. Aber Eginhard drückte ihn sanft zurück.
    »Dürfen wir Euch ein paar Fragen stellen?«
    Der Blaufärber nickte mit schmerzverzerrtem Gesicht.
    »Wenn Ihr mir zuvor sagt, wie es meinem Weib geht.«
    »Seid beruhigt. Eurer Frau geht es gut! Ich habe Melissenblätter in einen

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