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Die Pestspur

Die Pestspur

Titel: Die Pestspur Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernhard Wucherer
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Grafen. Wie weit dieser Machtkampf selbst das kleine Provinzdorf Staufen beeinflusst hatte, dokumentierte die im Verhältnis zu den relativ wenigen Einwohnern große Pfarrkirche nur allzu deutlich. Wie in Staufen, konnte man davon ausgehen, dass überall dort, wo ein herrschaftliches Gebäude stand, das Haus Gottes größer war als nötig. Und wenn der jeweilige Pfarrherr das Geld dafür auftreiben konnte, waren die Gotteshäuser zusätzlich auch noch verhältnismäßig pompös ausgestattet.
    »So einen Blödsinn habe ich schon lange nicht mehr gehört«, winkte der Kastellan ab, während sein Freund Johannes die beiden hereinbat.
    »Nun kommt schon.«
    Als sie im dürftig beleuchteten Flur standen, nannte der Propst den eigentlichen Grund für seine Absage: »In meinem Arbeitszimmer sitzt ein Bursche, den die Angst um sein Leben zu mir getrieben hat. Ihr müsst euch dieses Mal ohne kirchlichen Beistand an die Arbeit machen.«
    »Sag das doch gleich«, schimpfte der Kastellan, der es nicht erwarten konnte, nach dem Geld zu suchen, um es den Hinterbliebenen der Mordopfer zurückgeben zu können. Aber dazu mussten sie es erst finden.

    Da sie den Schlüssel zu den Räumen des Arztes hatten, ging alles recht schnell. Während sich Eginhard daran machte, die im Behandlungsraum bereitliegenden Utensilien und die verschiedenen Kräuter zusammenzupacken, begann sein Vater mit seiner Suche nach dem Geld.
    Der Studiosus achtete bei seiner Arbeit ganz besonders darauf, dass die vielen Giftkräuter und die wenigen Heilkräuter ihren momentanen Zustand behielten. Bei falscher Handhabung drohten die getrockneten Pflanzen sofort ganz zu zerbröseln. Immerhin hatten sie schon einiges hinter sich und würden zuerst ins Schloss Staufen gebracht werden, bevor sie danach den Transport nach Immenstadt überstehen mussten. Dort würden sie wohl erst im Amtshaus gelagert werden, bevor sie später in den Gerichtssaal kommen und als Beweismaterial dienen sollten.
    Eginhard packte auch den schweren Mörser mit dem Pistill, das Wiegemesser, die zurechtgeschnittenen Leinenstückchen und alles andere, was der Arzt für die Herstellung seiner tödlichen Gifte benötigt haben und somit als Beweis gegen ihn dienen könnte, zusammen.
    Nachdem sie den Behandlungsraum auf den Kopf gestellt und nochmals nach dem Geld gesucht hatten, betraten sie widerwillig die Schlafkammer des Arztes. Obwohl dieser Raum ekelerregend versifft war, durchsuchten sie akribisch jeden Winkel, fanden aber nur die ihnen schon bekannte Pestgewandung und allerlei Gruscht.
    »Verdammt! … Kein weiteres Geld, nicht ein einziger Heller«, maulte der Kastellan resigniert.
    Sie wollten gerade aufgeben, als Eginhard ein kratziges Piepsen hörte. Als er den unangenehmen Tönen nachging, sah er eine Ratte, die aus dem Eckloch ins Zimmer sprang. »Pssst! Sieh mal, Vater.«
    »Klar, das Gülleloch zieht natürlich allerlei Getier und Ungeziefer an«, konstatierte der Kastellan lakonisch. Als kurz darauf eine weitere Ratte das eindringende Licht verdrängte, wurde Eginhard neugierig. Obwohl es ihn grauste, ging er näher an das stinkende Loch und versuchte es auszuleuchten. »Vater, komm bitte mit deiner Kerze her.«
    »Was ist das?«
    »Das wüsste ich auch gerne. Bring mir doch bitte einen der Eisenhaken, die über dem großen Tisch an der Decke hängen.«
    Während sein Vater einen der zu einem S geformten Haken holte, umwickelte Eginhard seine rechte Hand mit Lumpen, damit sie ja nicht mit den dreckigen Holzbohlen vor dem Loch in Berührung käme, während er mit dem Fleischerhaken im Loch herumstocherte.
    »Da ist was«, beschied er seinen Vater.
    Er glaubte, eine Art Seil, vielleicht eine dicke Schnur oder ein Lederband im flachen Licht der beiden Kerzen zu erkennen.
    »Pfui Teufel! Stinkt das! Wofür halte ich eigentlich meine Nase in dieses Drecksloch?«, fragte er sich, während er immer weiter darin herumwerkelte.
    »Lass es gut sein«, ermunterte ihn sein Vater, aufzuhören. »Da ist nichts.«
    Aber Eginhard hatte längst der Ehrgeiz gepackt. Er wollte wissen, warum er hier im Trüben fischte. Nach einer Weile hatte er das gesuchte Etwas am Haken. Als er es endlich aus dem Schlammloch herausgezogen hatte, das sich direkt an der Außenwand befand, von hier aus aber nicht gesehen werden konnte, glaubten beide ihren Augen nicht zu trauen.
    »Nicht dumm, dieses Versteck. – Der schlaue Fuchs hätte uns fast hereingelegt.«
    Als Eginhard die Hand hochhielt, hing an dem Haken ein

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