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Die Pestspur

Die Pestspur

Titel: Die Pestspur Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernhard Wucherer
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schweres Ledersäckchen, das er so lange in der Luft baumeln ließ, bis es einigermaßen abgetropft war. Während er es mit ausgestrecktem Arm in den Behandlungsraum trug, hielt er sich mit der anderen Hand die Nase zu. Bevor er den triefenden Beutel auf dem Tisch ablegen konnte, fiel das Teil vom Haken und spritzte beim Aufklatschen in alle Richtungen.
    »Pfui Teufel!«, schrien beide gleichzeitig, während sie sich den Dreck aus ihren Gesichtern wischten und von den Gewandungen strichen.
    Eginhard hatte immer noch eine Hand umwickelt und hielt jetzt auch in der anderen einen Haken, den ihm der Vater nachträglich gebracht hatte. Derart bewaffnet, machte es keine Mühe, das übelriechende Behältnis auseinander zu reißen.
    »Ich war der Meinung, Geld stinkt nicht«, entfuhr es dem Kastellan beim Anblick des Inhaltes, während Eginhard überrascht durch die Zähne pfiff.
    Vor ihnen lag ein klimpernder Haufen, der im Schein ihrer Kerzen glitzerte und funkelte. Es waren weniger die matten Münzen, die mit dem Kerzenlicht spielten, vielmehr waren es die dazwischen liegenden Schmuckstücke.
    »Wie viel mag das wohl sein?«, fragte der Vater.
    »Ich denke … so um die zweihundert Gulden«, antwortete Eginhard, der ja bereits eine Berechnungsgrundlage hatte, die ihm eine grobe Einschätzung erleichterte.
    Die beiden betrachteten den kleinen Schatz eine ganze Weile und schüttelten immer wieder ungläubig die Köpfe, bevor sie ihn in sauberes Leinen wickelten.
    »Pack auch den zerrissenen Lederbeutel ein«, empfahl der gerichtserfahrene Kastellan, der wusste, dass manchmal ein noch so unwichtig erscheinendes Beweisstück den Täter überführen konnte.
    »Du meinst, das stinkende Teil könnte der Richter für wichtig erachten, und wir sollten es deswegen ebenfalls mitnehmen?«
    Der Kastellan nickte.
    »Jetzt haben wir alle Beweise gegen den üblen Mordbuben«, triumphierte er, als sie mit ihren Fundstücken in den Hausflur traten. Dort kam ihnen Propst Glatt entgegen, der seinen Freund Ulrich nicht danach fragte, ob ihnen bei ihrer Suche nach dem Geld Erfolg beschieden war, sondern ob er einen Moment Zeit für ihn erübrigen könne.
    »Na klar, Johannes! Du willst sicher wissen, was wir gefunden haben.«
    »Nein! Ich brauche deine Hilfe in anderer Sache.«
    »Auch gut! Eginhard, du kannst schon mal vorgehen, oder?«
    »Kein Problem, Vater. Lass dir ruhig Zeit. Ich kümmere mich inzwischen um Mutter.«
    »Und sorge dafür, dass Rosalinde etwas Schmackhaftes kocht. Schließlich haben wir heute etwas zu feiern«, trug ihm der Kastellan auf.
    »Nein, Vater. Zu feiern haben wir nichts. Dazu ist der Anlass zu traurig. Das Beste daran ist, dass die armen Menschen ihr Geld und ihre Wertgegenstände zurückerhalten.«
    »… und Genugtuung bekommen werden«, ergänzte der Kastellan, der keinen Hehl aus seiner Stimmung machte.
    Eginhard schulterte den voll bepackten Sack und machte sich fröhlich pfeifend auf den Weg zum Schloss.

    »So, mein Freund, was möchtest du von mir? – Wie kann ich dir zu Diensten sein?«, fragte der Kastellan, nachdem er im Arbeitszimmer des Propstes Platz genommen und ihm der Priester eine Pinte Wein hingestellt hatte.
    »Du kennst doch Fabio.«
    Ulrich Dreyling von Wagrain wusste zwar nicht, was diese Frage sollte, er nickte dennoch, gab sicherheitshalber aber eine Frage zurück: »Den Dieb?«
    »Ja! Das heißt: Nein! Fabio war mein Aushilfs-Totengräber während der vermeintlichen Pestepidemie. Nachdem das letzte Opfer – ein kleiner Junge – begraben war, habe ich keine Arbeit mehr für ihn gehabt. Gottlob ist seither niemand mehr gestorben.« Bevor er weitersprach, klopfte er beschwörend auf die hölzerne Tischplatte. »Dennoch brauchen wir in Staufen einen Totengräber. Und Fabio würde diese Arbeit auch wieder übernehmen … wenn er nicht um sein Leben bangen müsste.«
    »Weshalb fürchtet er um sein Leben? Hat er etwas angestellt? Was wirft man ihm vor?«, wollte der Kastellan wissen.
    Johannes Glatt hielt einen Moment inne, bevor er mit ernster Miene sagte: »Fabio soll den Immenstädter Wachsoldaten getötet haben.«
    Der Kastellan kannte sich jetzt nicht mehr aus.
    Nun erzählte der Propst die ganze unglaubliche Geschichte, dass die vom Schuhmacher aufgehetzte Meute ihn bedroht hatte, weil sie vermuteten, er würde Fabio beherbergen. Und dass der Bursche ihnen auf dem Wachterhof, wo er wohl Unterschlupf gesucht hatte, nur knapp entwischt sei.
    »Die Meute um Josen Bueb herum glaubt, dass

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