Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Pestspur

Die Pestspur

Titel: Die Pestspur Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernhard Wucherer
Vom Netzwerk:
den beiden die heftige Reaktion der Mutter nicht entgangen war, sahen sie sich ratlos an.
    »Doch! Wir waren bei der Weißenbachmühle … Warum?«, fragte Ulrich schulterzuckend.
    Obwohl jetzt ihre Gedanken Purzelbäume schlugen, riss sich Konstanze zusammen. Da sie noch nicht sagen wollte, was sie über die Pest gehört hatte, schüttelte sie nur den Kopf. »Ach nichts.«
    »Was soll das heißen – nichts!«
    »Wirklich Ulrich – nichts!«, fauchte sie und strich fahrig eine Strähne aus dem Gesicht, änderte aber ihren Tonfall: »Ich liebe euch!«, murmelte sie kaum verständlich, bevor sie ihr übliches ernstes Gesicht aufsetzte. Sie wandte sich ab und ging zu Siegbert. »Wo ist Diederich?«
    »Keine besonderen Vorkommnisse, Herrin! Er war den ganzen Tag bei mir und ist jetzt bei Rosalinde in der Küche«, meldete die Schlosswache, die sich jetzt zu Recht auf einen dicken Ranken Brot mit etwas Speck und – was noch wichtiger war – einen Krug Wein zur Belohnung freuen durfte. Während er dies sagte, wollte er seiner Herrin Diederichs Holzpferdchen in die Hand drücken. »Das hat er bei mir vergessen.«
    Aber Konstanze wehrte ab. »Das kannst du ihm morgen selbst zurückgeben.«
    Über diese Reaktion wunderte sich Siegbert zwar, dachte sich aber nichts dabei. Sorglos ging er zu Rudolph, um ihn vom Wachdienst abzulösen. Der freute sich riesig, als er hörte, dass Siegbert den flüssigen Teil seiner Belohnung mit ihm teilen würde, sobald sie wieder einen gemeinsamen freien Tag hatten.
    Normalerweise gab es diesen freien Tag einmal in der Woche, wenn die Wachablösung aus Immenstadt kam. Die beiden versuchten stets, gleichzeitig von den Immenstädter Kameraden abgelöst zu werden, damit sie gemeinsam etwas unternehmen konnten. Dann putzten sie sich wie Pfaue heraus und gingen ins Dorf hinunter, um sich unauffällig nach heiratswilligen Maiden umzusehen. Kurioserweise sperrten die Väter ihre Töchter immer gerade dann weg, wenn die beiden auftauchten. Deswegen war ihr Suchen nach der großen Liebe bisher erfolglos verlaufen, obwohl sie gar keine schlechten Partien waren. Immerhin bezogen sie einen festen Sold und konnten dadurch eine Familie ernähren. So blieb ihnen bei ihren Exkursen nach Staufen hinunter meist nichts anderes übrig, als einen Teil ihres Einkommens beim Kronenwirt oder bei der Sonnenwirtin zu lassen und weiter auf die große Liebe zu hoffen. Aber Siegbert und Rudolph beklagten sich nicht. Sie bekamen ausreichend Speis und Trank und durften sogar an familiären Feierlichkeiten teilhaben.

    Während Konstanze zum Vogteigebäude ging, erinnerte sie sich an das, was sie auf dem Markt über die Ausbreitung der Pest von der Weißenbachmühle aus gehört hatte … und an das Küsschen, das sie ihren Männern soeben gegeben hatte. Sorgenvoll betrachtete sie ihre Hände. Ich habe auch Lodewig gestreichelt, fuhr es ihr entsetzt durch den Kopf. Sie drehte sich um und ging zum Schlossbrunnen zurück, um sich die Hände zu waschen.

    *

    Während Ignaz im Auftrag seiner Herrin einen Kübel Wasser aus dem Brunnen hochzog und in einen kleinen Blechzuber laufen ließ, holte Konstanze Essig, den sie ins Wasser goss. Zuerst ließ sie etwas davon über ihre Hände laufen, bevor sie immer und immer wieder ihre Hände mit Sand, dem sie etwas Kalk beigemischt hatte, aneinander rieb. Danach wusch sie mit frischem Wasser mehrmals ihr Gesicht. Erst als sie sicher war, dass ihre Hände sauber waren, traute sie sich wieder, die Türklinke und andere Dinge anzufassen.
    »Mama, Mama!«, rief Diederich erfreut und sprang auf seine Mutter zu.
    Obwohl sich ihr Innerstes aufbäumte, wehrte sie ihren Jüngsten mit einer schroff wirkenden Handbewegung ab. »Bleib, wo du bist, mein Liebling. Ich bin erkältet und möchte dich nicht anstecken«, log sie. Sie wollte erst mit ihrem Mann und mit Lodewig sprechen, bevor sie den Kleinen berührte. Aber es fiel ihr schwer; wie gerne würde sie ihn gerade jetzt, nachdem sie von der erfolglosen Suche nach dem verschwundenen Blaufärbersohn zurückgekommen war, umarmen und an ihr Herz drücken. Als sie die enttäuschte Reaktion ihres Sohnes sah, warf sie ihm ein Luftküsschen zu und stimmte ihn wieder fröhlich, indem sie ihm sagte, dass er heute baden dürfe. »Du bist ja dreckig wie ein Schweinchen … Ab in den Zuber!«
    Konstanze war froh, dass niemand ihr merkwürdiges Verhalten mitbekommen hatte und Diederich wieder zufrieden war. Sie rief ihre Hausmagd Rosalinde herbei.
    Wenn

Weitere Kostenlose Bücher