Die Peststadt
der Waffen. Mythor bückte sich im letzten Moment, kippte den Schild und schlug, als sich der Caer taumelnd und auf einem Bein drehte, um das Gleichgewicht nicht zu verlieren, schräg nach oben. Das Schwert bohrte sich tief in den herumwirbelnden Körper, und fast wäre auch Mythor von der Treppe gerutscht. Aber er fing sich, fühlte einen kurzen Ruck, und der Helm wurde durch den Caer von Mythors Kopf gerissen. Der junge Krieger schickte ihm einen kurzen Fluch hinterher und rannte weiter.
Hinter ihm sah er Nottr, der ausholte und einen kurzen Speer schleuderte. Das Geschoß summte über Mythors Rücken hinweg und traf einen Caer, ein Dutzend Stufen höher, in die Brust. Wieder wirbelte ein Sterbender von der Mauer.
Erneut fielen Seilschlingen, sich aufspulend, dicht vor Mythor von der Mauerkrone. Der Verteidiger hielt an, warf einen blitzschnellen Blick nach oben und riss dann am Seil. Zwei Körper wurden mit unwiderstehlicher Gewalt gegen die Brustwehr gezogen, kippten ganz langsam und fielen dann.
»Klug angepackt, Mythor!« schrie Nottr heiser und griff nach einem fallenden Speer. Er drehte die Waffe, schleuderte sie und traf den nächsten Caer, der sich anschickte, die Treppe herunterzurennen.
Es blieben noch zwanzig Stufen.
Mythor sprang ungehindert hinauf und stand auf der Mauerkrone. Rechts befanden sich zertrümmerte Balken, links die gemauerten Zinnen. Direkt neben Mythor ragten die Klauen über die Zinne, die an den Holmen der Sturmleiter angebracht waren. Mythor warf einen raschen Blick nach unten, sah ferner, dass er auf diesem Mauerabschnitt allein war, dann wirbelte er wieder herum und erstach den Caer, der eben von der obersten Sprosse auf die Mauer sprang.
Rasch, noch ehe der Körper außerhalb der Mauer aufgeschlagen war, stellte Mythor Schild und Schwert gegen den Stein, packte die Krallen und riss die Leiter seitlich von der Zinne. Schreie ertönten in der feuerdurchzuckten Dunkelheit unter ihm. Die Leiter schwankte, als Nottr zupackte und sie mit sich zerrte. Mythor schob, rüttelte daran, und dann kippte die Leiter halb seitlich, halb schräg zurück. Sie verschwand mitsamt der Gruppe stürmender Caer im Dunkel. Schreie, der Aufprall schwerer Körper und das Splittern und Krachen des Holzes ertönten.
Sofort riss Mythor wieder Alton und den Schild an sich. Er deutete mit dem Schwert geradeaus. »Dorthin, Nottr.«
»Eine Gruppe Verteidiger folgt uns über die Treppe«, stieß der Lorvaner hervor. »Gut.«
Immer wieder schossen aus der Dunkelheit Felsbrocken, Pfeile und Speere herauf, prallten gegen die Zinnen oder fielen hinunter in die Stadt. Das Dach des Hauses brach zusammen, und ein gewaltiger Funkenschauer wirbelte in den Himmel hinauf. In dem flüchtigen Licht erblickte Mythor unterhalb der Mauer die Mannschaft an der Ramme und weitere Gruppen der Caer, die sich mit langen Sturmleitern näherten. Vorsichtig blickte er über den Rand des Schildes. »Es sieht nicht gut aus für die Stadt.«
»Noch ist die Nacht nicht vorbei.«
»Wahr gesprochen, Nottr!«
Nebeneinander rannten sie weiter, auf die Mauer, die Zinnen und die flachen Dächer der eigentlichen Torbefestigung zu. Die Steine unter ihren Sohlen bebten rhythmisch unter dem schweren Aufprall des Widderkopfs. Wieder kam aus dem Dunkel von links das oberste Stück einer Sturmleiter. Augenblicklich verhielten die beiden Männer ihre Schritte. Zu ihrer Erleichterung konnten sie sehen, dass die ersten Verteidiger über ebenjene Treppe heraufkamen, die sie freigekämpft hatten.
Der erste Caer sprang schreiend zwischen den Zinnen hervor, und Mythors Schwert traf ihn in die Brust. Nottr rammte den Sterbenden mit der Schulter von der Mauer.
Wieder ergriffen Nottr und Mythor das Ende der Leiter, schüttelten sie und warfen sie um. Als Mythor den Kopf wandte, sah er Dhorkan und Elivara auf der Mauer.
Sie befanden sich in einer Gruppe von schwertschwingenden Verteidigern. Einen dunkel gekleideten älteren Mann kannte er nicht; er meinte jedoch, jenen Fürst-Richter zu erkennen.
»Vorsicht! Auch vor dir wird gekämpft, Mythor!« warnte Nottr in gutmütigem Spott und stieß Mythor kraftvoll zwischen die Schulterblätter. Der Krieger stolperte nach vorn, und der Steinbrocken, der aus der Finsternis heraufwirbelte, flog zwischen ihnen hindurch.
»Danke.«
Mythor legte wieder Schild und Schwert ab, packte einen halb im Stein verankerten, halb abgebrochenen Balken und riss ihn mit einem wilden Ruck aus der Verfugung. Dann stieß er ein
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