Die Peststadt
die Kinnriemen der Helme, griffen nach Schilden und Schwertern und rannten aus dem Saal. Mythor, Nottr und Sadagar folgten augenblicklich. Sie stoben die Freitreppe hinunter und in den Hof. Schnell waren die Pferde aus den Ställen geholt und gesattelt.
Auch Elivaras Gespann ratterte aus einem schwach erleuchteten Torbogen hervor. Schon galoppierten die ersten Krieger aus dem Schloss hinaus. Mythor zerrte am Riemen des ungewohnten Helmes und schob das Gläserne Schwert in den Gurt, neben die Waffe König Carnens.
Tief über den Hals des Pferdes gebeugt, ohne auf die Königin zu warten, donnerten Nottr und er, gefolgt vom Messerwerfer in seiner schwarzen Samtjacke, über die freie Fläche und in den Park. Die Gassen wirkten wie schmale, geheimnisvolle Schluchten. Leibgardisten rissen, sich weit aus dem Sattel beugend, Fackeln aus den Ringen über Hauseingängen und schrien rauhe Kommandos.
»Eine ungewöhnliche Stunde für einen Angriff!« rief Nottr. »Es ist bald Mitternacht!«
»Für die Caer ist keine Stunde ungewöhnlich«, gab Mythor zurück.
Männer mit Waffen stürzten aus den Häusern und folgten den Wächtern. Das Gespann der Königin ratterte hinter ihnen her. Hunderte kampfbereiter, aber noch schlaftrunkener Männer erreichten den Platz vor dem Hafentor.
Ein einzeln stehendes Haus brannte; die Flammen beleuchteten den Platz und die Mauern.
»Sie sind auf der Mauerkrone!« schrie jemand aus der Menge .
Brandpfeile flogen jaulend und fauchend hin und her. Dann, wie ein plötzlicher Takt zu dem Kampfeslärm, ertönte wieder das Dröhnen des Rammbocks gegen die Torflügel. Dhorkan sprengte mitten in die Menge hinein und organisierte einige Kampfgruppen. Mit einem langen Blick, langsam das Schwert ziehend, erfasste Mythor den Stand des Kampfes. Es sah für Nyrngor nicht gut aus.
Auf einer Breite von siebzig oder hundert Schritt kämpften auf der Mauerkrone und zwischen den Zinnen Stadtbewohner und Caer. Immer mehr Köpfe erschienen an den Enden der angelegten Sturmleitern, und immer mehr Caer ließen sich an Seilen herunter oder liefen, kaum von den Verteidigern behelligt, die langen Treppen im Schatten der Mauern herab.
»Nottr! Komm mit!« sagte Mythor, hob den fremden Schild und stürmte los.
Er stolperte über einen Toten, sprang an einer Gruppe von drei Verteidigern vorbei, die versuchten, einen Caer niederzuschlagen, schob einen Verwundeten mit dem flachen Schild zur Seite und erreichte die unterste von vielleicht hundertzwanzig Stufen. Ein Caer sprang ihn an. Ein furchtbarer Schwerthieb traf den Schild, schlug eine dreieckige Kerbe in den Rand, dann zischte das Gläserne Schwert herunter, schmetterte durch die Schwertabwehr des Caer und trennte den Kopf vom Körper des Eindringlings. Der Körper fiel schwer gegen den Schild. Mythor stieß einen Schrei aus, stemmte die linke Schulter hoch und kippte den Leichnam nach unten. Er stürmte sechs Stufen aufwärts und duckte sich, als ein Speer sich knirschend in eine Mauerspalte bohrte, keine drei Handbreit vor seinem Gesicht.
Der nächste Angreifer sprang die Treppe herunter, das Schwert wie einen Rammsporn vorgestreckt. Mythor winkelte den linken Arm vor seinen Körper, und als er den Fremden erreichte, drehte er sich ruckartig und voller Kraft nach links. Der Schildrand traf den Arm des Caer, das Schwert prallte gegen die Mauer, und mit einem einzigen, furchtbaren Schlag führte Mythor das Schwert Alton senkrecht abwärts. Alton gab sein fernes, singendes Klagegeräusch von sich, und in dem winzigen Augenblick, als der Caer erkannte, dass er starb, verwandelte sich sein Gesicht in eine Maske des nackten Schreckens.
Der Körper verlor seinen Halt, brach zusammen und fiel hinunter in die kämpfende Menge.
Mythor wandte den Kopf und sah neben sich die Füße eines Caer, der sich an einem Seil herunterließ, einen langen Dolch zwischen den Zähnen. Mythor holte aus und durchtrennte das Tau. Der Krieger stieß einen gellenden Schrei aus, als er die Absicht des Mannes erkannte.
Ein Hagel von Pfeilen prasselte auf Mythors Schild und Helm, als er, zwei und drei Stufen auf einmal nehmend, die Treppe weiter hinaufsprang. Weich schmiegte sich das Silber des Griffes in Mythors Finger, als sei es mit ihnen verwachsen. Ein dritter Caer warf seinen Bogen zur Seite, zog das Schwert und stürzte sich auf Mythor.
Unaufhörlich arbeitete die Ramme. Überall schrien Stimmen.
Der gesamte Raum zwischen dem brennenden Haus und der Mauer war erfüllt vom Klirren
Weitere Kostenlose Bücher