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Die Peststadt

Die Peststadt

Titel: Die Peststadt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Kneifel
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und kleidete sich sorgfältig an.
    Elivara war niemandem Rechenschaft schuldig. Trotzdem blickte sie in beide Richtungen des leeren Korridors, ehe sie in ihre Gemächer zurückging. Aber sie sah nicht, dass zwei Augen sie durch einen Spalt einer anderen Tür hindurch beobachteten.
    Es war Kalathee. Sie sah, dass die Königin aus Mythors Zimmer kam. Der Blick der dunkelbraunen Augen verschwamm in Tränen. Traurig ging das zartgliedrige Mädchen zurück ins Zimmer, schob den Vorhang zur Seite und starrte blicklos hinaus in den lichtdurchtränkten Nebel.
    Die Königin hatte Mythors Liebe erfahren, und noch immer waren die Blicke, mit denen Mythor sie anschaute, nur von warmem Interesse erfüllt, nicht von Verliebtheit oder Begehren. Und nichts anderes wünschte sie sich sehnlicher.
    Sechs oder sieben Stunden Ruhe, nicht mehr, lagen hinter ihnen. Jetzt stärkten sie sich mit dem, was die verarmte Küche des roten Schlosses ihnen bieten konnte: heißer Suppe, trockenem Brot, krümeligem Käse und herrlich schäumendem, frischem Bier. Sadagars Falten, die sich wie Netze um seine Augen bildeten, wurden tiefer, als er hervorstieß: »Ich muss es euch sagen! Aber ihr werdet es nicht glauben. Dein Fürst-Richter, Königin, ist ein Verräter. Und meine langjährige Gefährtin ist nicht besser. Ich habe ihr Gespräch belauscht!«
    Elivara fütterte ihren Bruder, Dhorkan saß steif und wachsam neben Hester, und Mythor lehnte entspannt in seinem Sessel. Das Bier schmeckte ihm, aber gleich sollte ihm der Geschmack vergehen.
    »Berichte!« sagte die Königin.
    Mythor warnte Sadagar. »Und denke daran, dass weder Königin Elivara noch ich eine Lüge zulassen werden. Bei unserer Freundschaft, Sadagar!«
    Hastig sprudelte der Steinmann hervor, was er beobachtet und belauscht hatte. Immer wieder griff er nach den Schäften seiner Wurfmesser. Mythor dachte, dass es wohl richtig sei, dass Sadagar in all seinem Treiben nur seine Sicherheit und seinen Vorteil suchte. Aber jetzt gab es weder das eine noch das andere. Schweigend hörten sie zu, auf Elivaras Gesicht zeichneten sich Erstaunen und dann Gewissheit ab.
    »Ich habe nicht gesehen«, unterbrach Dhorkan, »dass Fürst-Richter Carbell in den letzten Tagen auf den Mauern gekämpft hätte. Niemand scheint ihn dort gesehen zu haben.«
    »Dann«, murmelte Elivara, »hat er uns auch die sieben Verräter auf den Hals geschickt.«
    Hester stieß ein blödes Kichern aus. Von seinem Kinn tropfte Speichel. Liebevoll wischte Elivara die Tropfen weg.
    »Das ist gut möglich«, meinte der Anführer der Garde. »Aber gibt es Beweise?«
    »Für das Vorhaben, Mythor zu überfallen, und den Diebstahl seines Gläsernen Schwertes gibt es nur mich als Zeugen. Sie müssen beide unter einem Bann der Caer-Priester stehen.«
    »Die einzige Erklärung«, brummte Mythor. Das Bier schmeckte plötzlich bitter. »Wann?«
    »Nach Einbruch der Dunkelheit. Also dann, wenn die Caer- Angriffe besonders heftig werden«, sagte Elivara schaudernd, aber dann seufzte sie erleichtert auf. »Dhorkan!«
    »Königin?«
    »Suche genügend Männer zusammen. Dann versucht, so unauffällig wie möglich Carbell zu finden. Bringt ihn gefesselt hierher oder kettet ihn in einem Verlies an die Wand. Dort kann er, selbst wenn er von einem Dämon besessen ist, keinen Schaden mehr anrichten.«
    »Wir schwärmen sofort aus!«
    Dhorkan legte die Hand an den Schwertgriff, stand auf und entfernte sich mit hastigem Schritt. Mythor ließ das Bier durch seine Kehle rinnen und meinte schließlich: »Ich kann es mir denken. Die magischen Zeichen des Schwertes, obwohl es seinen Glanz noch lange nicht zurückerhalten hat, reizten sie. EMPIR NILLUMEN und die Königstrolle. Sie hat es geschickt verstanden, ihre Gier bis jetzt zu verbergen.«
    Sadagar deutete mit spitzem Zeigefinger auf Elivara.
    »Du bist die Herrscherin über die Stadt«, sagte er, »und du befiehlst, was zu geschehen hat. Innerhalb des Schlosses werde ich früher oder später auf Fahrna stoßen. Soll ich sie umbringen, oder.?«
    »Bring sie lebend hierher«, sagte Mythor nach einem raschen Blick der Verständigung.
    Sadagar stand auf. »Falls sie sich noch nicht mit Fürst-Richter Carbell und seinen Mörderbuben getroffen und verbunden hat!« versprach er und zog ein Wurfmesser in einer blitzschnellen Bewegung hervor.
    Zwei Dienerinnen näherten sich auf einen Wink Elivaras. Sie führten Hester weg, und eine brachte für Mythor noch einen frisch gefüllten Becher, von dessen Rand

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