Die Peststadt
weißer Schaum tropfte. Mythor wartete, bis die Dienerin außer Hörweite war, dann fragte er beunruhigt:
»Und was nun, meine leidenschaftliche Geliebte dieses nebligen Morgens? Der Verrat nistet in deiner Stadt.«
»Es gibt noch eine Möglichkeit, das Geschick zu wenden. Der Turm des Beinernen und der Vertrag mit meinem Vater, aber das erzähle ich dir später, mein starker und kluger Held der Nacht«, lächelte sie schmerzlich. »Wir werden, so uns nicht ein neuer Angriff dabei stört, zu den Toren und den Türmen fahren und den Frauen und Männern von Nyrngor Mut zusprechen.«
»Einverstanden.«
Kurze Zeit später bestiegen sie den Kampfwagen Elivaras, beide bewaffnet und in voller Rüstung. Mythor trug wieder sein Gläsernes Schwert und die herrliche Rüstung König Carnens. Jetzt, wenige Stunden nach Sonnenaufgang, wirkte die Stadt Nyrngor anders als in der letzten Nacht. Zwar alt und baufällig das meiste, aber stellenweise zeugten die Häuser und ihre Umgebung von Reichtum, blühendem Handel und waren Zeichen eines stolzen, unabhängigen Stadtstaats.
*
Steinmann Sadagar streifte durch Schloss Fordmore und fragte jeden, den er traf, ob er Fahrna gesehen habe. Er kletterte Treppen hinauf und rannte sie hinunter, kam durch leere Säle, rannte durch die Küche und zahlreiche Speicher, hin und her über den Hof und durch die Ställe, und schließlich stieß er auf Kalathee.
Sie saß auf dem steinernen Rand der Brunnenanlage, hielt ihr schmales Gesicht der Sonne entgegen und spielte, wie so oft, mit dem Mammut-Amulett ihrer goldenen Kette. Sie schaute blicklos in weite Fernen, aber Sadagar erriet, wer vor ihrem inneren Auge stand und an wen sie dachte.
»Mir kommen die bitteren Tränen, wenn ich dich sehe«, begrüßte er sie. »Entschuldige, Kalathee, aber hast du vor kurzer Zeit Fahrna gesehen, diesen Ausbund von Verrat und Grund meiner stechenden Magenschmerzen?«
Ihr Blick kam aus weiten Fernen zurück. »Eben war sie hier.«
»Wohin hast du sie gehen sehen?«
»Dorthin.«
Er folgte mit den Blicken der Richtung ihres ausgestreckten Armes. Sie zeigte auf eine nicht sonderlich breite Treppe, die an steinernen Bildnissen vorbei bis zum Dach des Schlosses führte, eine kühne architektonische Konstruktion von raffinierter Einfachheit. Dann sagte Kalathee in einem Ton, als wolle sie sofort in Tränen ausbrechen: »Zuletzt stieg sie die Treppe hinauf. Aber ich sehe sie nicht mehr.«
»Wenn sie irgendwo dort ist«, versicherte Sadagar mit Eiseskälte in der Stimme, »werde ich sie finden.«
Kalathee mochte von Mythor träumen und dabei Nottr, diesen braven Gesellen, nicht richtig wahrnehmen. Aber sie war alles andere als dumm oder instinktlos. Jetzt riss sie ihre großen, schönen Augen auf und erschrak. »Du. du bist plötzlich so ganz anders, Steinmann«, flüsterte sie. »Was macht dich so wütend?«
»Ich erzähl's dir nachher, wenn alles vorbei ist«, meinte er, tätschelte ungeschickt ihre bleiche Wange und rannte davon. Er erreichte die Treppe und sprang mit einer Schnelligkeit, die im Gegensatz zu seinen geringen Körperkräften stand, die Stufen aufwärts. Verwundert blickte Kalathee ihm nach.
Auf dem obersten Treppenabsatz schleppten Männer Bündel von geflochtenen Köchern, Wurfspeeren und anderes Kriegsgerät ins Sonnenlicht hinaus. Kalathee sah, wie Sadagar heftig gestikulierte und fragte und wie einer der Männer nach oben deutete und nickte.
Der Steinmann rannte und sprang weiter. Mitten in eine Gruppe alter Frauen hinein, die irgendwelche Wäschestücke falteten und in Körbe legten. Wieder fragte er, wieder erhielt er die gleiche Antwort und nahm das nächste Stück Treppe. Schließlich erreichte er das Dach.
Es war flach und mit Steinplatten gedeckt. Grinsende Fratzen unterbrachen als Wasserspeier die Brüstung. Das Dach entsprach dem Grundriss der darunterliegenden Gebäude und befand sich nicht weniger als zwanzig Mannslängen über dem Boden, ein Viereck mit einem viereckigen Loch in der Mitte, aus dem Hufschlag, laute Schreie und Klirren und Klappern heraufdrangen. Auf den ersten Blick sah Sadagar seine Gefährtin, die an der Brüstung stand und unbeweglich in die Richtung des Hafentors blickte.
Lautlos schlich er näher, bis er zehn Schritt von ihr entfernt stand, dann rief er sie an: »Runenkundige Fahrna! Ich bin hier, um dir eine Frage zu stellen. Einen glumen Verrat planst du, wie?«
Er wusste, dass sie verstand; sie sprach die meisten der bekannten Sprachen und Dialekte
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