Die Pfade des Wanderers
musterte sie eindringlich aus jedem Blickwinkel, beugte sich gelegentlich vor oder ging in die Knie, um ihre Lage im Verhältnis zu den Hügeln an der Nordseite der Stadt zu überprüfen. Von Zeit zu Zeit unterbrach er seine Umkreisung, um dieses oder jenes Stück Metall oder Holz zu richten, dann einen Schritt zurück zuweichen, um seine Reise um das Ganze wieder auf zu nehmen.
Nachdem er wieder an derselben Stelle angekommen war, wo er begonnen hatte, machte er kehrt und schritt hinüber zu seinem Rucksack. Aus dem war eine große Schachtel entfernt worden, die nun danebenstand. Sie besaß ein halbes Dutzend Schubladen. Während Jon-Tom zusah und seine Neugier nur mühsam beherrschte, vermischte der Hexer in einer kleinen Schale verschiedene Pulver, die er aus den sechs Schubladen entnommen hatte. Es dauerte nur wenige Minuten. Dann leerte er den Inhalt der Schale in einen kleinen tiefen Metallkelch, der in der Mitte des Gerüsts stand, das Jon-Tom gerade gegen die Brise stabilisierte.
»Diese Wolke dort oben«, erklärte der Hexer, als sei überhaupt keine Zeit seit Jon-Toms Frage verstrichen, »ist der lokalisierte Mittelpunkt der Störung, die Ospenspri und seine Bevölkerung fest in ihrem Griff hält. Wenn wir ihre Zusammensetzung verändern können, ganz zu schweigen von ihrer Grundneigung, und zwar zurück in die einer ganz normalen Wolke, wird dies meiner Meinung nach eine Veränderung der Störung bewirken.«
Jon-Tom legte den Kopf in den Nacken, um die drohende Masse schwarzer Flüssigkeit zu mustern, die sich über ihnen zusammengeballt hatte. »Und wie wollen Sie das tun?«
»Auf die beste Weise, die ich kenne, mein Junge, auf die beste Weise, die ich kenne. Und nun halt die Plattform ganz fest.«
Jon-Tom verstärkte den Griff an zweien der Holzbeine und blickte seinen Mentor gleichzeitig mit gerunzelter Stirn an. »Das wird doch wohl nicht gefährlich sein, oder?«
»Mein Junge, würde ich dich etwa jemals in etwas Gefährliches verwickeln?« Bevor Jon-Tom Gelegenheit hatte, um die offensichtliche Antwort darauf zu geben, hatte der Hexer bereits mit einer äußerst beeindruckenden und kraftvollen Beschwörung begonnen, während der er beide Hände schnell über den mittleren Kelch fahren ließ, um komplizierte geometrische Muster in die Luft zu zeichnen.
Sausewinde, Winterwinde, fliehe meinen Zauber, sonst vernichte ich dies Lähmungsende. Zerteile dich und brich entzwei aus dem cumulmich Einerlei!
Während der Hexer die Formel hersagte, begann der Kelch zu wackeln und zu hüpfen. Dann löste er sich aus seinen ledernen Fesseln, fiel aber nicht auf den harten Boden herunter, sondern blieb an Ort und Stelle schweben, tänzelnd und wirbelnd mit dem Beginn eines Leuchtens. Jon-Tom konnte die mächtigen Schwingungen durch die Stützstäbe spüren. Die Apparatur wirkte viel zu zerbrechlich, um das immer stärker werdende Rumpeln zu ertragen, das vom Fuß des Kelchs ausging, doch irgendwie hielten die Zaubergeräte doch zusammen.
Der Boden bebte nun. Während die wenigen Zuschauer, die sich am Außenrand des Platzes zusammengeschart hatten, in die Lehmhütten stoben, blieb Jon-Tom an Ort und Stelle. Das Rumpeln wurde zu einem ohrenbetäubenden Getöse. Er hatte das Gefühl, als würde er unter einem Wasserfall stehen. Clodsahamps Worte verblaßten ins Unhörbare.
Jählings ließ der Hexer beide Hände über dem Kopf zusammenfahren. Ein kurzes Donnergrollen rumpelte über den Platz. Sorbl wurde von seiner Sitzgelegenheit auf der Windschutzscheibe des Jeeps geschleudert. Jon-Tom biß die Zähne zusammen und hielt krampfhaft fest, der Stoß ließ ihm die Ohren klingeln, die Finger wurden ihm langsam taub.
Durch halbgeschlossene Augen erblickte er etwas Helles und Glänzendes, das aus der Kelchöffnung gen Himmel sauste. Das pfeifende Geräusch des aufsteigenden Miniaturkometen wurde schon bald von der wabernden Schwärze über ihnen aufgesaugt. Clodsahamp schirmte gerade die Augen mit einer Hand ab. Er sprach wie gedankenverloren, es war offensichtlich, daß er sich auf die Stelle konzentrierte, an der das glänzende Objekt in der Unterseite der großen Wolke verschwunden war.
»Jetzt kannst du loslassen, mein Junge.« Das tat Jon-Tom auch erleichtert, um sich dem Himmelspähen des Hexers anzuschließen, während er sich die Hände knetete, damit sie wieder Gefühl bekamen. Die Wolke ließ ein Rumpeln fahren, das wie ein weitaus mächtigeres Echo auf jenes des Kelchs wirkte. Es war weniger explosiv,
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