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Die Pfade des Wanderers

Die Pfade des Wanderers

Titel: Die Pfade des Wanderers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alan Dean Foster
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es wirkte natürlicher, und sein Nachhall in den Ohren war nicht unangenehm. Ihm voraus ging etwas, das einem Blitz glich, doch nicht von der Wolke selbst stammte, sondern ein wohlwollenderer elektrischer Verwandter zu sein schien. Das fahlweiße Pulsieren, das die Unterseite der Wolke erhellte, breitete sich schnell aus, bis es ihre Ränder erreicht hatte. Von der gegenüber liegenden Seite erscholl ein zweites Rumpeln. Es hörte sich wie eine Frage an.
    »Was haben Sie getan?«
    »Das einzige, von dem ich wußte, wie, mein Junge, das einzige, von dem ich wußte, wie.«
    »Und was geschieht jetzt? Irgend etwas Wunderbares und Magisches?«
    »Wenn wir Glück haben, ja.«
    Unfähig, den Kopf noch länger in den Nacken zu legen, widmete Jon-Tom seine Aufmerksamkeit dem inzwischen ruhig gewordenen Durcheinander aus Holzpfählen und Metallstreifen, mit dem das glitzernde Was-immer-es-war in den Himmel befördert worden war. Die Lederriemen, die den Metallkelch ursprünglich festgehalten hatten, hatten sich in Dunst aufgelöst.
    Der Kelch selbst lag nun am Boden, ein Klumpen aus halbzerschmolzenem Zinn. Wider alle Gesetze der Physik stand die wacklige Holzapparatur immer noch aufrecht. Die Explosion, durch die das glänzende Objekt gen Himmel geschossen worden war, hätte die zusammengedübelte Konstruktion eigentlich in tausend Stücke zerreißen müssen; und die Hitze, die den Kelch geschmolzen hatte, hätte es wiederum wie Zunder in Brand setzen müssen. Verwundert schüttelte Jon-Tom den Kopf. Clodsahamp war wahrhaftig ein Meister eleganter übernatürlicher Kräfte.
    Mudge, der zu ihm hinüber gehumpelt war, blickte die Konstruktion an und nickte. »Komisch, wa?« Die schwarze Nase zuckte, als er sich darauf zu beugte. »Eines Tages muß ich Seine 'exerschaft wohl mal fragen, warum Magie eigentlich immer so stinken muß.«
    »Mudge, du könntest sogar noch einem Schloß im Feenreich den Zauber nehmen!«
    »Schlösser stinken auch; Marmorböden zie'en Gerüche an. Und ich 'ab in meinem Leben schon 'n paar ganz hübsch schlampige Feen kennengelernt.«
    Jon-Tom versuchte ihn zu überhören und beugte sich dabei vor, um nach dem Kelch zu greifen. Über ihren Köpfen setzte der Donner seine zänkischen Rufe fort. Die Luft war von prickelnder Feuchtigkeit. Vorsichtig berührte er das geschmolzene Metall. In seiner Handfläche fühlte es sich kühl an.
    Er entfernte es und drehte den kaum wiederzuerkennenden Klumpen in den Händen um. Er war nicht nur kühl, sondern eiskalt, trotz der gewaltigen Hitze, die er erst vor kurzem hatte aushalten müssen. Und Mudge hatte auch recht: Dem Metall eignete ein seltsamer Geruch. Er steckte einen Finger ins Innere des Kelchs und rieb damit gegen den Boden der Krümmung. Als er ihn wieder hervorzog, war der Finger schwarz verschmiert und glitzerte. Er hielt ihn unter die Nase und schnüffelte daran.
    Mudge zog eine Grimasse. »Was is denn, Chef?«
    »Ich bin mir nicht sicher.« Erneut musterte er den Himmel.
    »Es sieht ein bißchen so aus und riecht auch wie Silberjod. Wo ich herkomme, verwenden wir etwas ähnliches, um die Wolken damit zu bestäuben.«
    Der Otter verpaßte ihm einen schrägen Blick, »'ierzulande bestäuben wir Blumen und nich Wolken, Kumpel. Du faselst Quatsch.«
    Doch Jon-Tom wußte es besser. Er blickte zu dem geduldig abwartenden Clodsahamp hinüber, der reglos dastand, die Hand immer noch schützend vor den Augen und den Himmel inspizierend. Du raffinierter, gerissener Schelm, dachte er und mußte feststellen, daß er lächelte.
    Dann geschah plötzlich etwas Wunderbares und Magisches, genau wie der Hexer es angedeutet hatte, und Jon-Tom merkt, wie er nicht nur lächelte, sondern sogar lachte. Er lachte und fühlte sich so wohl, daß er zur Feier ein kleines Tänzchen machte. Es fing an zu regnen.
    Das Grollen der Wolke hatte sich zunächst zornig angehört, dann verwirrt, doch nun dröhnte und brüllte es voll ungeschmälerter Gewißheit. Er stand da, während der Regen ihm über das emporgerichtete Gesicht perlte, und genoß das saubere, reine unverdorbene Naß.
    Na ja, vielleicht war es doch ein kleines bißchen verzerrt. Mudge grabschte nach dem Kelch, »'e, laß mich auch mal dran riechen, du Tanzaffe! Irgendwas stimmt 'ier nich.« Er atmete tief ein. Dann weiteten sich seine Augen. »Da 'obel mir doch einer 'nen entlaufenen Pfaffen! Das is Weinbrand, Kumpel, noch dazu allererster Güte! Vielleicht is ja noch 'n Tröpfchen für den guten alten Mudge drin,

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