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Die Pfade des Wanderers

Die Pfade des Wanderers

Titel: Die Pfade des Wanderers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alan Dean Foster
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hat.«
    Jon-Tom wurde auf die Knie gezwungen, und die Worte blieben ihm in der Kehle stecken.
    »Tatsächlich«, erklärte die erste Stimme, »hat er nicht einen einzigen Feind auf der ganzen Welt. Selbst seine Freunde mögen ihn nicht.«
    An diesem Punkt gab Jon-Tom den Versuch auf, zu spielen oder zu singen. Er schluckte schwer, die Beleidigungen blieben ihm im Hals stecken, und er rollte sich auf die Knie, während er um Luft kämpfte. Es war schon lange her, seit er das letzte Mal einer solch mächtigen und gnadenlosen Magie wie dieser gegen über gestanden hatte, und noch nie hatte er mit etwas zu tun gehabt, das auch nur annähernd so heimtückisch gewesen wäre. Die Macht des Wanderers, das wußte er. Wie konnte er der mit schlichten Songs beikommen, mit bloßem Bannsingen? Was konnte man singen, um eine Beleidigung zu kontern?
    Rockmusik war dazu gedacht, daß man sich gut fühlte, daß der Geist fröhlich gemacht wurde - und nicht depressiv. Doch gab es eine Spielart der Rockmusik, die eine Reaktion darauf darstellte, wie Rock denn auch eine Reaktion gegen jede Art von Autorität war, gegen alles, was wertvoll war. Mit bebenden Knien und unsicheren Fingern, die auf den Saiten ruhten, kämpfte er sich wieder auf die Beine. Ja, das waren die einzigen Texte, die möglicherweise diesem Käfig aus Beleidigungen etwas anhaben konnten. Er überlegte, mit wem er anfangen sollte: Oxo, den Sex Pistols, den Dead Kennedys, mit Black Flag oder mit einer der neueren Gruppen. Er spürte, wie zusammen mit seinem Selbstvertrauen auch seine Selbstbeherrschung in kleinen Stücken zurückkehrte.
    Man brauchte schließlich keinen entsprechenden Haarschnitt, um Punk singen zu können.
    Mudge legte die Pfoten auf die Ohren, und Clodsahamps Miene spiegelte seinen gründlichen Ekel vor den Texten wider, die Jon-Tom sang. Ausgezeichnet! Es war ein Beweis dafür, daß er genau das tat, was er vorhatte. Wie jeder gute Punksänger tat er alles, um sein Publikum zu beleidigen.
    »Was meinst du?« fragte die erste Stimme. Jon-Tom versuchte, seine Musik nicht zu übereilen. Es schien, als würde der Käfig sich um sie zusammenziehen und ihren Bewegungsspielraum noch weiter einschränken. Er geriet ins Taumeln, stürzte aber nicht.
    »Vorsicht«, sagte die andere Stimme, »möglicherweise ist er doch gefährlich!«
    »Niemals. Der ist doch nur ein Schaf im Schafspelz.«
    »Der singt«, grollte die erste Stimme und feuerte eine ernste Salve ab, »als wäre es eine leidige Pflicht.«
    Jon-Tom wurde zurückgedrängt. Die Beleidigungen wurden genauestens und zeitlich treffsicher verabreicht und trafen ihn wie körperliche Hiebe, wie das bei guten Beleidigungen ja auch der Fall sein sollte. Er fühlte sich wie ein Boxer, der versuchte, fünfzehn Runden durch zuhalten, und die Hände waren an die Duar geschnürt. Dennoch sang er weiter. Das war alles, was er tun konnte.
    Und noch immer wurde er zurück gezwungen. Seinen Punkhymnen mangelte es nicht an der gleichen Menge Vitriol, dachte er, doch die Tatsache, daß sie sehr offen und geradeheraus waren, minderte ihre Wirkung. Es war nichts Gezieltes an ihnen. Er war ein Barbar mit einer Streitaxt, der versuchte, die Attacken eines halben Dutzends blitzschneller Fechter abzuwehren. Könnte er doch nur mit seiner Musik einen einzigen Hieb plazieren, einmal unpariert zustechen, würde er, dessen war er sich sicher, den Wortkäfig zerschmettern, der sich um sie zusammenzog.
    Doch die Beleidigungen strömten ihm unentwegt entgegen und zogen Kraft und Macht aus irgendeinem unsichtbaren Säureborn; bei jeder Wende manövrierten sie ihn aus. Eine kleine Spitze hier, eine krude Bemerkung über seine Körperfunktionen dort, ein herabwürdigendes Nicken in Richtung seiner Herkunft, das sich von hinten heranschlich, bevor seine unbeholfeneren Gegenstöße wirksam werden konnten.
    »Er ist langweilig«, meinte die erste Stimme, »von Natur aus langweilig, aber er muß mächtig dafür geschuftet haben, um so zu werden, wie wir ihn jetzt vor uns sehen. Ein solcher Ausbruch ist unnatürlich.« Jon-Tom ging in die Knie.
    »So schlimm ist er doch gar nicht«, konterte die zweite Stimme. »Schließlich beherrscht er doch das volle Spektrum musikalischer Gefühle von A bis H.«
    Nun zappelte Jon-Tom, hilflos auf dem Rücken liegend, und versuchte immer noch, die Duar zu spielen und zu singen. Er hatte Mühe zu atmen.
    Doch nun blickten ängstliche Gesichter auf ihn herab; seine Freunde, deren Mienen von ihrer

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