Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Pfeiler der Macht

Die Pfeiler der Macht

Titel: Die Pfeiler der Macht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ken Follett
Vom Netzwerk:
fürchten zu müssen. Gelb, Orangerot, Gold und Grün waren die dominierenden Farben. Daß prüde Zeitgenossen, die ihren Neid mit Geschmacksvorbehalten kaschierten, diese Einrichtung als
    »vulgär« bezeichnen würden, konnte Hugh sich gut vorstellen. In Wirklichkeit war sie gefühlvoll und sinnlich: Es war ein Raum, in dem ungeheuer reiche Menschen alles tun und lassen konnten, was ihnen gerade in den Sinn kam. Einige Gäste, die vor ihm eingetroffen waren, standen herum, rauchten und nippten an Champagnergläsern. Daß in einem Salon geraucht wurde, war neu für Hugh. Solly entdeckte ihn, löste sich aus einer kleinen Gruppe lachender Menschen und kam auf ihn zu. »Pilaster! Wie schön, daß du gekommen bist! Sag, wie geht es dir?«
    Solly war ein wenig extrovertierter geworden. Er trug eine Brille wie früher, war noch immer sehr beleibt und hatte schon wieder einen nicht näher identifizierbaren Fleck auf seiner weißen Weste. Dabei war er fröhlicher denn je und, wie Hugh sofort bemerkte, auch glücklicher.
    »Danke der Nachfrage, Greenbourne«, sagte Hugh. »Mir geht es sehr gut.«
    »Das weiß ich wohl! Ich habe deine Fortschritte genau verfolgt und wünschte mir, unsere Bank hätte einen Kerl wie dich in Amerika. Ich hoffe doch sehr, daß die Pilasters dich fürstlich entlohnen - du verdienst es!«
    »Und du bist ein Gesellschaftslöwe geworden, heißt es.«
    »Dafür kann ich nichts. Ich habe geheiratet, mußt du wissen.« Er drehte sich um und tippte einer kleinen Frau in einem zartgrünen Kleid auf die nackte Schulter. Sie hatte Hugh den Rücken zugekehrt, und der kam ihm merkwürdig vertraut vor. Ein seltsames Gefühl des Deja vu bemächtigte sich seiner und löste eine Traurigkeit in ihm aus, für die er keine Erklärung fand. »Erinnerst du dich an meinen alten Freund Hugh Pilaster, Liebste?« fragte Solly die Frau.
    Da sie in ein Gespräch mit anderen vertieft war, reagierte sie nicht sofort. Warum schnürt es mir die Kehle zu, wenn ich diese Frau ansehe? dachte Hugh.
    Da drehte sie sich ganz langsam um, und es war, als öffnete sich eine Tür in die Vergangenheit. Hugh stockte das Herz, als er ihr Gesicht erkannte.
    »Natürlich erinnere ich mich an ihn«, sagte sie. »Wie geht es Ihnen, Mr. Pilaster?«
    Sprachlos starrte Hugh die Frau an, die jetzt Mrs. Solomon-Greenbourne hieß.
    Es war Maisie.
     
    Augusta saß vor ihrer Frisierkommode und legte das Perlencollier um, das sie stets zu Dinnerparties trug. Es war ihr wertvollster Schmuck. Ihr geiziger Gatte Joseph benutzte den Umstand, daß Methodisten nichts für teuren Zierat übrig hatten, als Ausrede dafür, ihr keine Juwelen zu kaufen. Er hätte sie auch gerne daran gehindert, das Interieur des Hauses sooft zu verändern, aber das tat sie, ohne ihn zu fragen. Wäre es nach ihm gegangen, hätten sie nicht besser gelebt als seine Angestellten. Murrend akzeptierte er ihre Umgestaltungen, legte jedoch großen Wert darauf, daß sein Schlafzimmer davon unberührt blieb.
    Sie entnahm ihrer Schmuckschatulle den Ring, den Strang ihr vor dreißig Jahren geschenkt hatte. Er stellte eine kleine goldene Schlange dar, deren Kopf mit Diamanten besetzt war und deren Augen aus Rubinen bestanden. Wie tausendmal zuvor streifte sie ihn sich über den Finger und ließ gedankenversunken das erhobene Schlangenhaupt über ihre Lippen streichen. »Schick den Ring zurück, und schlag dir den Mann aus dem Kopf«, hatte ihre Mutter gesagt.
    »Den Ring habe ich schon zurückgeschickt, und den Mann werde ich vergessen«, hatte die siebzehnjährige Augusta geantwortet. Es war eine doppelte Lüge gewesen: Sie hatte den Ring im Buchrücken ihrer Bibel versteckt und Strang nie vergessen. Wenn ich schon seine Liebe nicht erlangen kann, so hatte sie sich gelobt, so werde ich doch - irgendwann und irgendwie - alles andere bekommen, was er mir hätte geben können.
    Eine Gräfin Strang würde aus ihr nicht mehr werden, damit hatte sie sich schon vor Jahren abgefunden. Aber ein Adelsprädikat mußte her, dazu war sie wild entschlossen. Und da Joseph keinen Titel besaß, lag es an ihr, dafür zu sorgen, daß er einen bekam. Jahrelang hatte sie sich über dieses Problem den Kopf zerbrochen und die Mechanismen studiert, die am Werke waren, wenn Männer in den Adelsstand erhoben wurden. Viele schlaflose Nächte steckten in ihren ehrgeizigen Planungen. Inzwischen stand ihre Strategie fest, und der Zeitpunkt, sie in die Tat umzusetzen, war gekommen. Am heutigen Abend, beim Dinner, sollte

Weitere Kostenlose Bücher