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Die Pfeiler der Macht

Die Pfeiler der Macht

Titel: Die Pfeiler der Macht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ken Follett
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Unterhaltung - und Fortescue offensichtlich auch.
    »Für möglich ja. Die Frage ist nur, wie realistisch es ist. Soll ich mich erkundigen?«
    Das war nun noch direkter, als Augusta angenommen hatte.
    »Könnten Sie das in aller Diskretion tun?« Er zögerte, ehe er antwortete. »Ja, ich glaube, ich könnte es.«
    »Das wäre sehr freundlich von Ihnen«, gab Augusta befriedigt zurück. Sie hatte ihn zum Mitverschwörer gemacht.
    »Ich werde Ihnen mitteilen, was sich machen läßt.«
    »Und sollte sich eine geeignete Nachwahl abzeichnen ...«
    »Sie sind sehr gütig.«
    Augusta berührte seinen Arm. Ein sehr attraktiver junger Mann, dachte sie. Es machte ihr Spaß, mit ihm ein Komplott zu schmieden.
    »Ich glaube, wir verstehen einander perfekt«, flüsterte sie, und ihr fiel auf, daß er ungewöhnlich große Hände hatte. Erst nachdem sie ihm tief in die Augen gesehen hatte, gab sie seinen Arm frei und wandte sich ab.
    Sie fühlte sich prächtig. Es war ihr gelungen, schon zwei der drei Schlüsselfiguren für ihre Pläne einzunehmen. Unterdessen wurde der nächste Gang aufgetragen. Augusta begann ein höfliches, aber belangloses Gespräch mit Lord Morte, der zu ihrer Rechten saß. Nicht ihn, sondern seine Frau wollte sie beeinflussen, und das war erst nach dem Essen möglich. Während die Männer noch im Speisesaal blieben und rauchten, nahm Augusta die Damen mit hinauf in ihre Privatzimmer, wo es ihr schließlich auch gelang, Lady Morte ein paar Minuten unter vier Augen zu sprechen.
    Harriet Morte, fünfzehn Jahre älter als Augusta, war eine Hofdame Königin Victorias. Sie hatte eisengraues Haar, gab sich sehr erhaben, war ebenso einflußreich wie Arnold Hobbes und Michael Fortescue - und Augusta hoffte, daß sie ebenso bestechlich war. Hobbes' und Fortescues Schwäche bestand in ihrer Armut. Lord und Lady Morte hatten zwar viel Geld, gingen aber leichtfertig damit um und gaben folglich mehr aus, als sie besaßen. Lady Morte trug prachtvolle Kleider und erlesenen Schmuck, und Lord Morte bildete sich ein, etwas von Rennpferden zu verstehen, obwohl er seit vierzig Jahren keine Gelegenheit ausließ, das Gegenteil unter Beweis zu stellen.
    Was Lady Morte betraf, so war Augusta in ihrem Fall nervöser als bei den beiden Männern. Frauen waren generell schwieriger zu überzeugen. Sie nahmen nicht gleich alles für bare Münze und merkten es, wenn man sie zu manipulieren versuchte. Überdies mußten dreißig Jahre bei Hofe Lady Mortes Gespür so geschärft haben, daß man ihr nichts mehr vormachen konnte.
    Mit dem Satz »Mr. Pilaster und ich bewundern die gute Queen schrankenlos« eröffnete Augusta das Gespräch. Lady Morte nickte, als wollte sie sagen: Selbstredend, obwohl von Selbstverständlichkeit gar nicht die Rede sein konnte: Viele Menschen in England mochten Königin Victoria nicht. Sie war ihnen zu distanziert und entrückt, zu gravitätisch und zu unbeugsam. »Es wäre uns eine große Genugtuung, wenn wir Ihnen in irgendeiner Weise bei der Erfüllung Ihrer edlen Pflichten behilflich sein könnten.«
    »Sehr freundlich von Ihnen.« Lady Morte sah sie fragend an und fuhr nach kurzem Zögern fort: »Aber was könnten Sie denn in dieser Hinsicht tun?«
    »Nun, was tun Bankiers schon? Sie verleihen Geld.« Augusta senkte die Stimme. »Das Leben bei Hofe muß ja sündhaft teuer sein, nicht wahr?«
    Lady Mortes Züge verhärteten sich. In ihrer Klasse sprach man nicht über Geld. Und Mrs. Pilaster hatte dieses Tabu in flagranter Weise gebrochen.
    Doch Augusta ließ nicht locker. »Wenn Sie beim Bankhaus Pilaster ein Konto eröffnen würden, gäbe es in dieser Hinsicht keinerlei Probleme mehr.«
    Einerseits war Lady Morte zutiefst beleidigt, andererseits war ihr soeben das bemerkenswerte Privileg eines unbegrenzten Kredits bei einer der größten Banken der Welt angeboten worden. Gefühlsmäßig hätte sie Augusta am liebsten die kalte Schulter gezeigt, doch ihre Habgier erhob dagegen Einspruch. Augusta fiel es leicht, den Konflikt an ihrem Mienenspiel abzulesen. Sie wollte Lady Morte nicht allzuviel Zeit zum Nachdenken geben. »Bitte vergeben Sie mir meine impertinente Offenheit«, fuhr sie daher fort. »Sie entspringt nur dem Wunsch, Ihnen zu Diensten zu sein.« Lady Morte nahm ihr das nicht ab, soviel war klar. Sie würde vermuten, daß Augusta sich ganz allgemein am königlichen Hof einschmeicheln wollte, ihr aber kein spezifisches Motiv unterstellen. Und nähere Hinweise auf das, was Augusta im Schilde führte,

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