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Die Pfeiler der Macht

Die Pfeiler der Macht

Titel: Die Pfeiler der Macht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ken Follett
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kann er eine Zahlenreihe nicht so schnell zusammenzählen wie Hugh, doch unter dem Strich erkennt man eben den guten Stall.
    »Wenn du nur wolltest, könnte Edward ohne weiteres eine namhafte Kapitalinvestition tätigen«, sagte sie. »Du kannst ihm jederzeit Geld überschreiben.«
    In Josephs Miene zeichnete sich jener starrsinnige Ausdruck ab, der Augusta nur zu bekannt war. Genauso hatte er ausgesehen, als er ihr den Umzug und die Renovierung seines Schlafzimmers untersagte. »Nicht bevor der Junge heiratet!« sagte er wütend und verließ den Raum.
    »Du hast ihn sehr böse gemacht«, sagte Edward. »Nur um deinetwillen, mein lieber Teddy.«
    »Aber du hast alles nur noch schlimmer gemacht!«
    »Nein, das habe ich nicht.« Augusta seufzte.
    »Manchmal hindert dich dein Weitblick daran, das Naheliegende zu erkennen. Dein Papa glaubt wahrscheinlich, eine unnachgiebige Haltung zu demonstrieren, doch wenn du über seine Worte nachdenkst, dann wird dir auffallen, daß er versprochen hat, dir eine große Summe Geldes zu überschreiben und dich zum Teilhaber zu machen - sobald du dich verehelichst.«
    »Ja, richtig, das hat er wohl gesagt«, antwortete Edward verblüfft.
    »Nur hab' ich das nicht so gesehen.«
    »Das ist dein Problem, mein Lieber. Du bist eben nicht so abgefeimt wie Hugh.«
    »Hugh hatte riesiges Glück in Amerika.«
    »Aber gewiß. Du würdest doch gerne heiraten, oder?« Edward setzte sich neben sie und ergriff ihre Hand. »Warum sollte ich, solange du dich um mich kümmerst?«
    »Und wenn ich nicht mehr bin - wer kümmert sich dann um dich? Hat dir die kleine Emily Maple gefallen? Ich fand sie sehr charmant.«
    »Sie hat mir gesagt, daß die Fuchsjagd grausam ist«, erwiderte Edward verächtlich. »Für den Fuchs.«
    »Dein Vater wird dir mindestens hunderttausend Pfund überschreiben, vielleicht sogar mehr. Vielleicht sogar eine Viertelmillion.«
    Edward zeigte sich wenig beeindruckt. »Ich habe alles, was ich brauche, und ich lebe gern bei euch.«
    »Und ich freue mich, dich in meiner Nähe zu wissen. Aber ich möchte dich auch glücklich verheiratet sehen. Ich wünsche dir eine schöne Frau, ein eigenes Vermögen, eine Teilhaberschaft. Versprich mir, daß du darüber nachdenkst.«
    »Ja, das werde ich tun.« Er gab ihr einen Kuß auf die Wange.
    »Aber jetzt muß ich wirklich gehen, Mama. Ich war schon vor einer halben Stunde mit meinen Freunden verabredet.«
    »Na gut, dann geh.«
    Edward stand auf und ging zur Tür. »Gute Nacht, Mama.«
    »Gute Nacht«, sagte Augusta. »Und denk an Emily!«
     
    Kingsbridge Manor war eines der größten Häuser in England. Obwohl Maisie schon drei- oder viermal dort zu Gast gewesen war, hatte sie noch nicht einmal die Hälfte davon gesehen. Das Haus verfügte über zwanzig große Schlafzimmer - die Räumlichkeiten der annähernd fünfzig Hausangestellten und Diener nicht eingerechnet -, wurde mit Kohlenfeuer beheizt und mit Kerzen beleuchtet. Zwar gab es nur ein einziges Badezimmer, doch wurde, was an modernem Komfort fehlte, durch altmodischen Luxus ausgeglichen: Da waren Himmelbetten mit schweren Seidenvorhängen, in weiträumigen Kellern lagerten köstliche alte Weine, und es gab Pferde, Waffen, Bücher und Spiele im Überfluß.
    Der junge Herzog von Kingsbridge hatte in der Grafschaft Wiltshire einst hunderttausend Morgen besten Ackerlands besessen, auf Sollys Rat hin jedoch die Hälfte davon verkauft und mit dem Erlös einen beachtlichen Teil von South Kensington erstanden. Die Agrarkrise, in deren Verlauf viele große Familien verarmt waren, hatte »Kingo« folglich nicht betroffen, so daß er nach wie vor seine Freunde in großem Stil unterhalten und bestens bewirten konnte.
    In der ersten Woche war der Prinz von Wales bei ihm zu Gast gewesen. Solly, Kingo und der Thronfolger teilten eine Vorliebe für derbe Scherze, und Maisie hatte nach Kräften dazu beigetragen: Sie hatte Kingo Seifenschaum statt Schlagsahne aufs Dessert gekippt und Solly, als er in der Bibliothek eingenickt war, die Hosenträger losgeknöpft, so daß er beim Aufstehen plötzlich in der Unterhose dastand. Auch daß die Seiten der Times eines Morgens zusammenklebten und sich nicht öffnen ließen, ging auf ihr Konto. Zufällig war es der Prinz selber, der als erster zur Zeitung griff und vergeblich an den Seiten herumfingerte. Da der Thronfolger derlei Schabernack zwar liebte, persönlich aber nie das Opfer war, hielten alle anderen den Atem an - wer konnte schon sagen, wie er

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