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Die Pfeiler der Macht

Die Pfeiler der Macht

Titel: Die Pfeiler der Macht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ken Follett
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besonnenem Ton. »Und was uns zwei betrifft - da wird sich überhaupt nichts ändern.«
    »Muß sich doch!«
    »Nein, davon kann überhaupt nicht die Rede sein. Wir werden immer noch hierherkommen.«
    Edward sah ihn mißtrauisch an und sagte dann mit ruhigerer Stimme: »Wirklich?«
    »Ja. Und in den Club gehen wir natürlich auch weiterhin. Dafür sind Clubs ja da. Männer gehen in den Club, um ihre Frauen eine Weile los zu sein.«
    »Da magst du recht haben.«
    Die Tür öffnete sich, und April stürzte herein. »Was ist denn das für ein Lärm?« fragte sie. »Edward, hast du mein Porzellan zerschmissen?«
    »Es tut mir leid, April. Ich zahle es dir.«
    »Wir sind gerade dabei, Edward zu erklären, daß er auch noch als verheirateter Mann hierherkommen kann«, sagte Micky, an April gewandt.
    »Das hoffe ich aber, bei Gott!« antwortete April. »Wenn keine Ehemänner mehr kämen, könnte ich meinen Laden dichtmachen.« Sie ging zur Tür und rief: »Sidney, bring einen Besen!« Zu Mickys Erleichterung beruhigte sich Edward sehr schnell. »Nach der Hochzeit sollten wir vielleicht die ersten paar Abende zu Hause bleiben und die eine oder andere Dinnerparty geben«, sagte Micky.
    »Aber nach einem Weilchen gibt sich das, und alles ist wieder so wie früher.«
    Edward runzelte die Stirn. »Und die Ehefrauen haben nichts dagegen?«
    Micky hob die Schultern. »Und wenn schon - wen stört's? Was können sie schon machen?«
    »Wenn sie unzufrieden sind, können sie ihren Männern furchtbar auf die Nerven fallen, glaube ich.«
    Micky erkannte, daß Edwards Frauenbild entscheidend von seiner Mutter geprägt war. Glücklicherweise gab es nur wenige Frauen, die so clever waren und über einen so starken Willen verfügten wie Augusta. »Man darf nur nicht zu gut zu ihnen sein, das ist der ganze Trick«, sagte Micky, der seine Weisheit aus der Beobachtung verheirateter Kameraden im Cowes Club bezog. »Wenn du zu deiner Frau zu nett bist, will sie, daß du abends bei ihr bleibst. Behandelst du sie dagegen etwas ruppiger, so ist sie heilfroh, wenn du abends in den Club gehst und sie in Ruhe läßt.«
    Muriel schlang die Arme um Edwards Hals. »Es wird sich nichts ändern, wenn du verheiratet bist, Edward«, sagte sie. »Du kannst Micky und Lily beim Vögeln zuschauen, und ich lutsch' dir unterdessen einen, so wie du's magst.«
    »Wirklich?« sagte Edward und grinste dümmlich. »Aber ja doch.«
    »Dann bleibt also im Grunde alles beim alten«, stellte er fest und sah Micky an.
    »O ja«, erwiderte Micky, »nur eines ändert sich: Du wirst
    Teilhaber sein.«
     

2. Kapitel
    April 1879
     
    Im Varietétheater war es heiß wie in einem Türkischen Bad, und in der Luft hing der Geruch nach Bier, Schalentieren und ungewaschenen Leibern. Auf der Bühne stand vor der Kulisse einer Kneipe eine in edle Lumpen drapierte junge Frau. Sie hielt eine Puppe im Arm, die ein Neugeborenes darstellen sollte, und sang ein Lied, in dem es darum ging, wie ihr Liebhaber sie verführt und sitzengelassen hatte. Die Zuschauer saßen auf Bänken an langen Holztischen, hakten die Arme unter und stimmten in den Refrain ein:
     
    Und schuld daran war ganz allein der Gin!
     
    Hugh sang lauthals mit. Er fühlte sich prächtig. Er hatte einen Teller Schnecken und mehrere Gläser warmen Malzbiers zu sich genommen und wurde beim Schunkeln gegen Nora Dempster gedrückt, was durchaus reizvoll war. Sie hatte einen weichen, rundlichen Körper und ein bezauberndes Lächeln. Und wahrscheinlich hatte sie ihm das Leben gerettet.
    Nach seinem Besuch in Kingsbridge Manor war er in eine tiefe Depression verfallen. Die Tage mit Maisie hatten alte Gespenster zu neuem Leben erweckt, die ihn seit jener Nacht, in der sie ihn abgewiesen hatte, gnadenlos verfolgten.
    Tagsüber war es erträglich. Sein Beruf forderte ihn, und zahlreiche schwierige Aufgaben lenkten ihn von seinem Kummer ab. Die Organisation der Zusammenarbeit mit Madler & Bell, der die Teilhaber inzwischen endgültig zugestimmt hatten, lag in seinen Händen und beschäftigte ihn sehr. Außerdem sollte bald ein alter Traum von ihm in Erfüllung gehen: Seine Ernennung zum Teilhaber rückte näher. An den Abenden dagegen hatte er zu gar nichts Lust. Dank seiner Freundschaft mit Solly gehörte er zum Marlborough Set und wurde folglich zu vielen großen Festen, Bällen und Abendessen eingeladen. Er ging auch oft hin, doch wenn Maisie nicht da war, langweilte er sich, und wenn sie da war, überkam ihn das heulende Elend. So

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