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Die Pfeiler der Macht

Die Pfeiler der Macht

Titel: Die Pfeiler der Macht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ken Follett
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Grafen de Tokoly unterhielten«, sagte Augusta.
    »Ein dreckiger alter Sack«, gab Nora, wie aus der Pistole geschossen, zurück.
    Die vulgäre Ausdrucksweise ließ Augusta zusammenzucken. Aber sie ließ nicht locker. »Wenn Ihnen an Ihrem guten Ruf gelegen ist, sollten Sie sich vor ihm hüten.«
    »Hüten?« fragte Nora. »Was meinen Sie damit?«
    »Seien Sie höflich zu ihm, das versteht sich von selbst. Doch was immer geschehen mag - gestatten Sie ihm keine Freiheiten. Die geringste Ermunterung genügt - setzt man ihm dann nicht den Kopf zurecht, kann er sehr unangenehm werden.« Nora nickte verständnisvoll. »Machen Sie sich deswegen keine Sorgen. Ich weiß, wie man mit diesen Typen umgeht.«
    Hugh stand in der Nähe und unterhielt sich mit dem Herzog von Kingsbridge. Als er Augusta bemerkte, sah er sie mißtrauisch an und eilte an die Seite seiner Frau. Augusta jedoch hatte bereits alles gesagt, was zu sagen war, und wandte sich wieder der Prozession der Masken zu. Ihr Werk war vollbracht, die Saat ausgesät - nun blieb ihr nichts weiter übrig, als bangen Herzens abzuwarten und aufs Beste zu hoffen.
    Auch einige Mitglieder des Marlborough Sets defilierten am Kronprinzen vorbei, darunter der Herzog und die Herzogin von Kingsbridge sowie Solly und Maisie Greenbourne. Sie waren als orientalische Potentaten verkleidet, als Schahs, Paschas und Sultane. Sie verzichteten auf Verbeugung und Hofknicks und knieten statt dessen nieder, um den Thronfolger mit einem Salam zu begrüßen, was dem rundlichen Prinzen ein Lachen entlockte und die Zuschauer zu spontanem Applaus bewegte. Augusta haßte Maisie Greenbourne, achtete jetzt aber kaum auf sie. Hastig überschlug sie den möglichen Verlauf der Dinge. Ihr Ränkespiel konnte aus den verschiedensten Gründen fehlschlagen: Vielleicht interessierte sich de Tokoly plötzlich für ein anderes hübsches Gesicht; vielleicht zeigte sich Nora der Situation gewachsen und zog sich elegant aus der Affäre; vielleicht wich Hugh seiner Frau nicht von der Seite, so daß de Tokoly keine Gelegenheit für irgendwelche Zudringlichkeiten fand. Aber mit ein bißchen Glück würde das Drama wie geplant über die Bühne gehen und für den erwünschten Skandal sorgen.
    Das Defilee näherte sich seinem Ende, als Augusta zu ihrer Bestürzung David Middleton erblickte. Er schob sich durch die Menge und kam auf sie zu.
    Vor sechs Jahren hatte sie ihn zum letztenmal gesehen. Damals hatte er sie über den Tod seines Bruders Peter in Windfield ausgefragt und von ihr erfahren, daß die beiden Zeugen Hugh Pilaster und Antonio Silva inzwischen im Ausland lebten. Inzwischen war Hugh zurück - und prompt tauchte auch Middleton wieder auf! Wie war es einem einfachen Rechtsanwalt gelungen, zu einem großen gesellschaftlichen Ereignis wie diesem eingeladen zu werden? Sie erinnerte sich vage, daß die Middletons entfernte Verwandte der Tenbighs waren. David Middletons Erscheinen konnte sich durchaus zur Katastrophe auswachsen. Das war einfach nicht vorauszusehen, dachte Augusta in höchster Aufregung - ich kann doch nicht an alles denken!
    Zu ihrem Entsetzen steuerte der Anwalt nun direkt auf Hugh Pilaster zu.
    Augusta drängte sich näher an die beiden heran und hörte, wie Middleton zu Hugh sagte: »Hallo, Pilaster, ich hörte, daß Sie wieder in England sind. Ich bin der Bruder von Peter Middleton.« In der Hoffnung, unbemerkt zu bleiben, drehte Augusta Hugh den Rücken zu und spitzte die Ohren, um im allgemeinen Stimmengemurmel seine Antwort zu hören.
    »Ich erinnere mich«, sagte Hugh. »Soweit ich weiß, nahmen Sie damals an der gerichtlichen Untersuchung teil. Gestatten Sie mir, Ihnen meine Frau vorzustellen.«
    »Sehr erfreut, Mrs. Pilaster«, erwiderte Middleton uninteressiert und wandte seine Aufmerksamkeit sogleich wieder Hugh zu. »Sie müssen wissen, daß mich die Ergebnisse dieser Untersuchung nie zufriedengestellt haben.«
    Ein kalter Schauer überlief Augusta. Middleton mußte geradezu besessen sein, wenn er nicht einmal auf einem Maskenball davor zurückschreckte, ein so unpassendes Thema zur Sprache zu bringen. Es war schlichtweg unverzeihlich. Sollte Teddy denn nie von diesem alten Verdacht befreit werden?
    Hughs Antwort ging im allgemeinen Lärm unter; sein Tonfall verriet allerdings, daß er vorsichtige Zurückhaltung wahrte. Middletons Stimme war lauter, weshalb Augusta seine nächsten Worte gut verstehen konnte: »Sie müssen wissen, daß kein Mensch in der Schule Edward die Geschichte

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