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Die Pfeiler der Macht

Die Pfeiler der Macht

Titel: Die Pfeiler der Macht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ken Follett
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Edward tauchte ihn unter, einfach aus Übermut und Bosheit. Doch als wir dann alle davonrannten und Edward dich verfolgte, hat Micky Peter kaltblütig umgebracht. Das hatte doch mit dem, was vorher geschehen w ar, überhaupt nichts mehr zu tun. Warum hat er ihn ermordet? Was hatte Peter ihm denn getan?«
    »Ich verstehe. Ja, darüber zerbreche ich mir auch schon seit Jahren den Kopf.«
    »Micky Miranda hat Peter Middleton umgebracht ... Aber warum? «
     

5. Kapitel
    Juli 1879
     
    An jenem Tag, da Joseph Pilasters Erhebung in den Adelsstand offiziell bekanntgegeben wurde, benahm sich Augusta wie eine Henne, die gerade ein Ei gelegt hat. Als Micky wie üblich zum Tee kam, drängten sich im Empfangszimmer die Freunde und Bekannten, die der frischgebackenen Gräfin Whitehaven gratulieren wollten. Hastead, ihr Butler, trug ein blasiertes Lächeln zur Schau und betitelte seine Herrin bei jeder sich bietenden Gelegenheit mit Mylady oder Your Ladyship.
    Eine erstaunliche Frau, dachte Micky, als er sah, wie sie sich vor der geöffneten Terrassentür im sonnenlichtdurchfluteten Garten umschwärmen ließ. Sie hatte diesen Feldzug generalstabsmäßig geplant und durchgeführt. Vorübergehend waren Gerüchte aufgekommen, nach denen Ben Greenbourne mit der Peerswürde ausgezeichnet werden sollte, doch nach einem wütenden antijüdischen Aufschrei in der Presse hatte man davon nichts mehr gehört. Obwohl Augusta auch ihm gegenüber nicht zugab, daß sie diese Pressekampagne angezettelt hatte, war Micky sich dessen absolut sicher. In mancher Hinsicht erinnerte sie ihn an seinen Vater, der seine Ziele ebenfalls mit gnadenloser Entschlossenheit durchzusetzen pflegte. Allerdings war sie raffinierter als Papa. Mickys Bewunderung für Augusta Pilaster war im Laufe der Jahre immer größer geworden.
    Der einzige Mensch, der sich jemals erfolgreich gegen ihre Ranküne zur Wehr gesetzt hatte, war Hugh Pilaster. Seltsam, wie schwer es war, ihn zu bezwingen. Er verhielt sich wie ein hartnäckiges Gartenunkraut: Man konnte ihn in Grund und Boden stampfen, doch nach einer Weile blühte er wieder auf, stärker und aufrechter denn je.
    Glücklicherweise war es Hugh nicht gelungen, den Bau der Santamaria-Bahn zu verhindern. Micky und Edward hatten sich gegen ihn und Tonio durchgesetzt. »Übrigens«, sagte Micky zu Edward, während sie beide an ihren Teetassen nippten, »wann wirst du den Vertrag mit Greenbourne unterzeichnen?«
    »Morgen.«
    »Sehr gut!« Ein Stein würde ihm vom Herzen fallen, wenn das Abkommen endlich unter Dach und Fach war. Die Angelegenheit zog sich inzwischen schon über sechs Monate hin. Jede Woche kabelte Papa aus Cordoba, und von Mal zu Mal klangen die Forderungen nach dem in Aussicht gestellten Geld barscher und ungeduldiger.
    Am Abend trafen Edward und Micky sich zum Dinner im Cowes Club.
    Alle paar Minuten wurde ihr Gespräch von Gratulanten unterbrochen. Edward war der Mann, der eines Tages den Titel seines Vaters erben würde. Micky war hoch zufrieden. Seine enge Verbindung zu Edward und den Pilasters war inzwischen zu einem Schlüsselfaktor für all seine Unternehmungen und Erfolge geworden. Mehr Prestige für die Pilasters bedeutete auch mehr Macht für Micky Miranda.
    Nach dem Essen zogen sie sich ins Raucherzimmer zurück. Da sie schon sehr früh gespeist hatten, waren sie dort zunächst unter sich.
    »Ich bin mittlerweile fest davon überzeugt, daß die Engländer furchtbare Angst vor ihren Ehefrauen haben«, sagte Micky, als sie sich die Zigarren ansteckten. »Anders ist das Phänomen der Londoner Clubs nicht zu erklären.«
    »Was für'n Quatsch redest du da?« fragte Edward. »So schau dich doch um!« sagte Micky. »Hier sieht es genauso aus wie bei mir oder bei dir zu Hause: teure Möbel, überall Diener, langweiliges Essen, unbegrenzte Mengen Alkohol. Wenn wir wollen, können wir jede Mahlzeit hier einnehmen, unsere Post hierher bestellen und unsere Zeitungen hier lesen. Wir können hier unser Nachmittagsschläfchen halten, und wenn wir abends zu betrunken sind, um in die Droschke zu finden, können wir hier sogar übernachten. Der einzige Unterschied zwischen dem Club eines Engländers und seinem Zuhause besteht darin, daß es im Club keine Frauen gibt.«
    »Dann habt ihr also in Cordoba keine Clubs, oder?«
    »Nein, bestimmt nicht. Die würden ja gar keine Mitglieder finden. Wenn ein Cordobaner sich betrinken, Karten spielen, politisieren und über seine Huren reden, wenn er in aller Bequemlichkeit

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