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Die Pfeiler der Macht

Die Pfeiler der Macht

Titel: Die Pfeiler der Macht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ken Follett
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erklärte, alle unverkäuflichen Anleihen selbst zu erwerben, und damit dem Kreditnehmer garantierte, daß er auch tatsächlich die ganze Million erhielt. Als Gegenleistung für diese Garantie kassierte die Bank hohe Prozente. Die Alternative bestand darin, die Anleihen ohne Garantie zum Verkauf anzubieten. Die Bank ging kein Risiko ein, erhielt aber dafür auch wesentlich weniger Prozente. Wurden also zum Beispiel nur Anleihen im Wert von zehntausend Pfund verkauft, so erhielt der Kreditnehmer eben auch nur diese zehntausend Pfund. Das Risiko blieb beim Kunden.
     

Doch wie die Dinge standen, war Micky Miranda nicht im geringsten an der Übernahme von Risiken interessiert. »Hmmm«, brummte William, »das ist eine Idee.«
    Raffinierter Hund, dieser Hugh, dachte Micky, den allmählich der Mut verließ. Hätte Hugh rigoros auf der Ablehnung des Gesamtprojekts beharrt, wäre er überstimmt worden. Sein Vorschlag lief jedoch auf eine Senkung des Risikos hinaus, und das würde allen Bankiers, konservativ, wie sie nun einmal waren, gefallen. »Wenn wir alle Anleihen verkaufen, verdienen wir selbst bei der niedrigeren Kommission an die sechzigtausend Pfund«, meinte Sir Harry.
    »Verkaufen wir dagegen nicht alle, so bleiben uns auf jeden Fall gravierende Verluste erspart.«
    Nun sag doch endlich etwas, Edward! dachte Micky. Edward entglitt die Kontrolle über die Sitzung, und er schien keine Ahnung zu haben, wie er sie wieder an sich reißen könnte. »Außerdem könnten wir dann eine einstimmige Entscheidung der Teilhaber zu Protokoll geben, und das ist immer ein erfreuliches Ergebnis«, ergänzte Samuel. Zustimmendes Gemurmel erfüllte den Raum. In seiner Verzweiflung versuchte Micky zu retten, was zu retten war:
    »Ich kann Ihnen nicht versprechen, daß meine Auftraggeber diesem Vorschlag zustimmen werden. In der Vergangenheit hat die Bank für die Cordoba-Anleihen stets gebürgt. Wenn Sie sich zu einer Änderung Ihrer Geschäftspolitik entschließen ...«- er zögerte-,
    »...dann werde ich mich möglicherweise gezwungen sehen, eine andere Bank anzusprechen.« Das war eine leere Drohung - die Frage war nur, ob die anderen sie als solche erkannten.
    William gab sich indigniert. »Das steht Ihnen selbstredend frei. Allerdings könnten andere Banken auch zu einer anderen Bewertung des Risikos gelangen.«
    Micky erkannte, daß seine Drohung lediglich die Opposition gestärkt hatte. Hastig fügte er hinzu: »Die politische Führung meines Landes weiß die Beziehungen zum Bankhaus Pilaster sehr zu schätzen und möchte sie keineswegs aufs Spiel setzen.«
    »Dasselbe kann ich auch von unserer Seite bestätigen«, gab Edward zurück.
    »Danke.« Micky spürte, daß nun alles gesagt war, und machte sich daran, den Hafenplan, der auf dem Tisch lag, zusammenzurollen. Er hatte eine Niederlage erlitten, war aber noch nicht zur Kapitulation bereit. Seine künftige Präsidentschaft stand und fiel mit den zwei Millionen Pfund, also mußte er sie bekommen. Er würde sich etwas einfallen lassen.
     
    Edward und Micky waren zum gemeinsamen Mittagessen im Cowes Club verabredet. Ursprünglich hatten sie damit ihren Erfolg feiern wollen, doch davon konnte nun nicht mehr die Rede sein; es gab nichts zu feiern.
    Als Edward eintraf, hatte Micky sich bereits eine Strategie zurechtgelegt. Seine letzte Chance bestand darin, Edward dazu zu bringen, sich heimlich über die Entscheidung der Teilhaber hinwegzusetzen und die Anleihen ohne deren Wissen doch noch zu garantieren. Ein solches Vorgehen wäre ebenso unerhört wie dumm und wahrscheinlich sogar kriminell - aber es gab keine Alternative.
    Als Edward das Clubrestaurant betrat, saß Micky bereits am Tisch.
    »Ich bin sehr enttäuscht über den Verlauf der Verhandlungen heute vormittag«, sagte er ohne Umschweife. »Daran ist nur mein verdammter Vetter Hugh schuld«, entgegnete Edward, als er sich niederließ. Er winkte dem Ober und rief ihm entgegen: »Madeira! Zwei große Gläser, wenn ich bitten darf!«
    »Wenn die Bank nicht für die Anleihen bürgt, wird der Hafen vermutlich nie gebaut. Das ist der Punkt.«
    »Ich hab' getan, was ich konnte«, sagte Edward zerknirscht. »Du hast es doch erlebt, du warst ja schließlich dabei.« Micky nickte. Es stimmte leider. Verstünde Edward es, Menschen so brillant zu manipulieren wie seine Mutter, hätte er Hugh vielleicht bezwingen können. Andererseits wäre er mit der Fähigkeit nie zur Marionette Micky Mirandas geworden. Doch Marionette hin oder

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